Informationsabend zum Bau einer Moschee in Marburg
Marburg 21.9.2010, 19.30 Uhr Live aus dem Stadtverordneten-sitzungssaal (yb) Eingeladen haben Oberbürgermeister, Stadtverordneten-vorsteher und die Islamische Gemeinde. Der Saal ist gut gefüllt, annähernd 100 Besucher. Das Interesse insbesondere von Mitbürgern Islamischer Glaubenszugehörigkeit ist groß.
Der Stadtverordnetenvorsteher begrüßt. Der Oberbürgermeister erläutert die Vorgeschichte, verweist auf die Konstituierung eines Rundes Tisches. Egon Vaupel konstatiert, dass es bereits eine Moschee in Marburg gibt. Diese, in Marbach gelegen, sei allerdings mittlerweile längst zu klein geworden.
Muslime gehören in Marburg dazu – inzwischen
Für die Islamische Gemeinde begrüßt Dr. Bilal El-Zayat. Er verweist auf eine Fotoausstellung von Moscheen in Frankfurt- eine Dokumentation zu „Bauwerken“ mit bemerkenswerter Schlichtheit. Dann stellt er die jetzige Moschee vor. Schlicht ist dafür eine ebenfalls zutreffende Beschreibung. Bilal El-Zayat skizziert kurz die Entwicklung muslimischen Lebens in Marburg in den letzten 40 Jahren in Marburg.
„Wir sind nicht so recht zufrieden mit der Fabrikhalle, der Garage, der leeren Wohnung für eine Moschee“ sagt der Sprecher. Muslime seien hier längst seßhaft geworden, verbringen ihr Leben in Marburg. „Wir sind Bürger und gehören dazu.“ So seien die Überlegungen zum Bau einer Moschee in Gang gekommen. Dialog wurde gesucht und mit Christen, Juden und Vertretern der Politik aufgenommen. Inzwischen gibt es ein Grundstück für eine Moschee. Ideal geeignet, weil nach Mekka ausgerichtet und von geeigneter Größe. Standort liegt in der Straße „Bei St. Jost“.
Er übergibt das Wort an den Architekten Shakil Ahmed aus Offenbach, der das inzwischen geplante Bauwerk mit zahlreichen Bildern auf der Großleinwand beginnt vorzustellen. Zunächst erläutert der Architekt die Lage des Grundstückes. Seit Jahresanfang gibt es den Planungsauftrag. Inzwischen ist nach einer Bauvoranfrage ein Bauantrag gestellt geworden.
Gemeindezentrum, Moschee für viele Nutzungen
Geplant ist ein Gemeindezentrum mit Moschee. Es wird ein unterkellertes Bauwerk. Dazu gehört ein kleiner Lebensmittelladen, im Keller Räume für sportliche Betätigung, ein Bistro. Der Gebetssaal soll mit flexiblen Trennwänden vergrößert und verkleinert werden können. So entsteht ein multifunktionaler Raum, der für andere Nutzungen geeinget ist. Es wird ein zweigeschossig hoher Raum mit einer Galerie.
Im dritten Obergeschoß entstehen Räume für Verwaltung und eine Bibliothek. In der Etage darüber entstehen Studentenwohnungen. Nicht zuletzt müssen Einnahmen entstehen, um das Bauvorhaben finanzieren zu können. Der erste Entwurf des Architekten wurde kritisiert, weil zu wenige islamische Elemente enthalten seien, berichtet der Architekt. „Orientalisches Flair“ wurde vermisst.
Gelungener Entwurf als Synthese von Moderne und Tradition
Es folgte eine Überarbeitung, in der Bögen statt geradliniger Fensteröffnungen vorgesehen sind. Auf der Rückseite, der Bahn und Autobahn zugewendet, ist eine großflächige Ornamentik mit orientalischen Motiven vorgesehen. Die vorgestellten Darstellungen des nunmehr fertiggestellten Entwurfes zeigen ein schlankes und kompaktes Gebäude von eine seitlich integrierten Turm mit Signifikanz ausformuliert. Es gibt Applaus zum Abschluß der Ausführungen des Architekten.
Genutzt wird die Moschee von Gläubigen aus etwa 50 Nationalitäten. In der Diskussion wurde das Fehlen eines >Minaretts kritisiert, von Gläubigen aus dem Umland. Es wird bei den Gottesdiensten deutsch gesprochen, dazu kommen Abschnitte in arabisch. Bilal El-Zayat erläutert den Entwurf. In seinen Augen spielt die Transparanz in dessen Architektur eine wesentliche Rolle. 43 Parkplätze für Autos müssen vorgehalten werden, dazu 23 Fahrradparkplätze. Die Moschee biete Platz für 250 bis 300 Personen unter Einbeziehung der verschiedenen Etagen.
Nach 35 Minuten kommt der Teil des Abends für Fragen und Redebeiträge. Zum Bauzeitenplan kommt die Aussage, dass in etwa 12 Monaten gebaut sein kann, die Fertigstellung braucht dann weitere Zeit. OB Vaupel informiert, dass die Bauvoranfrage eine positive, zustimmende Aussage der Baugenehmigungsbehörde erbracht habe. Inzwischen seien alle im Vorfeld zu klärenden Fragen positiv abgearbeitet worden. Für das Baugenhemigungsverfahren sieht der OB drei Monate Zeitbedarf.
Finanzierung erfolgt über Spenden
Zu den Kosten waren ursprünglich 700.000 Euro die Ausgangslange. Inzwischen werden die Kosten auf 1,2 Millionen Euro geschätzt. Ein Viertel der Kosten sollen aus Marburg und Umgebung aufgebracht werden. In Marburg gibt es viele muslimische Stundenten mit wenig Geld. Eine Spendentour durch Deutschland soll ein weiteres Viertel erbringen. Dazu sollen weitere Spender, bis hin nach Kuweit, angefragt werden. Bei der Abwicklung der Finanzierung wird ein transparentes Verfahren verwirklicht, möglicherweise unter Einbeziehung der Stadt Marburg. Zur energetischen Planung gefragt, wird erläutert, dass die Fachplanungen noch bevorstehen. In Teilbereichen soll es Solarnutzung geben.
Angesichts der Heterogenität der Gläubigen wird nach der Finanzierung des Imams gefragt, auch nach dessen Sprachkompetenz in deutsch. Bilal El-Zayat greift die Frage auf und teilt mit, dass seine Wunschvorstellung ein „deutscher“ Imam sei, jedenfalls einer, der auf jeden Fall gut der deutschen Sprache mächtig ist. Eine Notwendigkeit, wenn Deutsch als Sprache bei den Gottesdiensten vorherrschen soll. Gesucht wird ein qualifizierter Iman. An monatlichen Kosten werden 4.000 Euro aufzubringen sein.
OB Vaupel stellt fest, dass ein begonnener kommunkativer Prozeß weiter zu führen sei. Das bisher erreichte an Verständigung und gegenseitiger Wahrnehmung soll in Marburg unbedingt weitergeführt werden. Das Publikum applaudiert. Der Sprecher El-Zayat verweist auf die in Marburg verwirklichte Einheit unter den Muslimen, die in der Zukunft unbedingt weiter entwickelt werden soll.
Die Fotografien von der Informationsveranstaltung wurden am 22.9.2010 um 7.00 Uhr zur Illustration des Live-Berichtes vom Vorabend eingestelt. Alle Fotos Hartwig Bambey.