Marburger Solarsatzung – ein Modell zukunftsorientierter Kommunalpolitik?
Marburg 1.11.2010 (yb) Mit den Stimmen der Koalitionsparteien SPD und DIE GRÜNEN und denen der Fraktion Marburger Linke ist die Solarsatzung von der Stadtverordnetenversammlung mit deutlicher Mehrheit verabschiedet worden. Die Bürgerlichen Kräfte votierten dagegen, die Marburger Bürgerliste, die FDP Marburg und die Marburger CDU. Klare Verhältnisse im Abstimmungsergebnis, welches erwartungsgemäß und ansagemäß zustande gekommen ist. Nicht so ganz klar, waren die Versuche der Begründung der Ablehnung; sie reichen von Zwangssatzung, über Eingriff in Freiheits- und Eigentumsrecht bis falscher Weg des Zwangs. Der Hessische Rundfunk sendete live aus Marburg und dpa berichtete überregional. Auch das ist bei diesem Thema keine neue Erfahrung.
Wer dann zwölf Stunden später, am Samstagmorgen, im Norden des Landkreises Marburg-Biedenkopf, sagen wir in Neustadt, beim Tanken in die Zeitungsauslage geblickt hat, den mag etwas nachdenklich gestimmt haben. „12.000 Jobs in nur drei Jahren“ steht in fetten Lettern als Überschrift des Aufmachers in der Hessisch-Niedersächsisch-Allgemeinen (HNA) zu lesen. 12.000 Arbeitsplätze mit Erneuerbaren Energien. Das ist eine Menge. Es fragt sich wo? In Deutschland? – nein. In Hessen? – nein.
In Nordhessen – ja!
Im Marburger Stadtparlament spielten neben umweltbezogenen Argumenten und dem Recht der Kommunen gestalterische Satzungshoheit auszuüben, wirtschaftliche Erwägungen eine gewichtige Rolle. Die wirtschaftliche Entwicklung in Nordhessen, wohin in historischer Betrachtung und als IHK-Bezirk Marburg zugehörig ist, profitiert bezogen auf Arbeitsplätze nachhaltig von Solarnutzung und den anderen Regenerativen Energieträgern.
Dies stellt die Marburger Solarsatzung, deren Befürworter und Kritiker, perspektivisch in ein anderes Licht. Solar (solarthermisch und photovoltaisch) macht Arbeit, massenhaft, und zwar in der Region. Wem fiele für Marburg nicht Wagner & Co ein, dazu die vielen Handwerksbetriebe, von denen die blauen Platten auf den Dächern installiert werden, außerdem Pelletheizung, Kraftwärmekopplung, Biogasanlage, Viessmann in Allendorf/Eder oder Buderus in Lollar.
So wird es interessant sein die wirtschaftliche Entwicklung der nächsten Jahre zu beobachten. Wieviel Flurschaden wird das Atom-Moratorium von Berlin anrichten können? Wie stark bleibt der Trend zur Regenerativen Energieerzeugung, insbesonders zum solaren Anteil? Und wie werden sich die traditionell sich als wirtschaftsnah gerne gebenden Bürgerlichen Parteien zukünftig positionieren müssen, wenn der Zug weiter in Richtung Regenerative Energiegewinnung fährt?
In Marburg sind dafür Weichen gestellt worden. Die Politik des Landes Hessen ist diesbezüglich reaktionär. In gutes Deutsch übersetzt bedeutet dieses Wort rückwärtsgewand.
Interessant wird sein einen möglichen Vollzug der Satzung in seinen Auswirkungen zu beobachten. Ob Ausnahmetatbestände, mögliche Ersatzmaßnahmen, finanzielle Förderung und der Trend der Zeit Marburg vielleicht weitergehend zu einer Solar-City machen werden.
Das hängt nicht wenig von Besitzenden ab, von den Besitzern der Altbauten in der Lahnstadt.
Im Falle ihrer positiven Umsetzung und Wirkungskraft wird die jetzt verabschiedete Solarsatzung einmal als Modell zukunftorientierter Kommunalpolitik in die Annalen eingehen. Das wird dann auch in Marburg in der Zeitung zu lesen sein.