Kampagne der BILD-Zeitung wird von Mittelamerika-Forschern kritisiert
Bonn, Marburg 13.3.2011 (pm/red) Mit großer Sorge haben über 100 Mittelamerika-Forscher aus dem deutschsprachigen Raum eine Schatzsuche der BILD-Zeitung kritisiert. Nach Angaben der Boulevardzeitung hat eine Gruppe von BILD-Mitarbeitern zwischen dem 2. und 10. März unter der Leitung eines ehemaligen Realschulrektors in Guatemala nach versunkenen Goldtafeln der Maya gesucht. Über die Vorgehensweise der selbst ernannten Schatzsucher sind die Mesoamerikanisten überaus empört. In einer von Wissenschaftlern der Universität Bonn initiierten Stellungnahme fordern sie die Zeitung auf, ihre Unternehmung zu beenden, um die archäologischen Hinterlassenschaften der antiken Maya-Kultur nicht noch mehr zu gefährden. Gerüchte über die Existenz von Goldschätzen hätten in der Vergangenheit bereits in zahlreichen archäologischen Stätten zu Plünderung und Zerstörung wertvoller Kulturgüter geführt, warnen die Wissenschaftler.
Spekulativ-unseriöse Aktion ohne jegliche Wissenschaftlichkeit
Die Unterzeichner der Bonner Erklärung sprechen den Schatzsuchern im Zeichen der vier Buchstaben jegliche wissenschaftliche Seriosität ab. So bewegten sich Thesen und Untersuchungsmethoden des Leiters der Operation außerhalb der Regeln des guten wissenschaftlichen Arbeitens. Das Zielgebiet, der Lago de Izabal und seine Umgebung, seien in den vergangenen Jahrzehnten bereits gründlich erforscht worden. Weder archäologische Spuren noch Schriftzeugnisse aus der frühen Kolonialzeit deuteten auf die Existenz einer unbekannten Maya-Stadt hin. Der in der BILD-Zeitung genannte Name Atlan sei frei erfunden. Und Goldverarbeitung in Form von Tafeln habe es in der antiken Maya-Kultur überhaupt nicht gegeben.
„Wie die BILD-Zeitung aus diesen wirren Thesen einen – so wörtlich ‚wissenschaftlichen Durchbruch‘ ableiten kann, ist mir schleierhaft“, sagt der angesehene Bonner Maya-Experte Professor Nikolai Grube, der derzeit in Mexiko auf einer Forschungsreise ist. Schatzsucher und Plünderer machten der Mesoamerika-Forschung immer wieder zu schaffen. Aber dass eine große Tageszeitung selbst zum Spaten greifen wollte, das habe auch er noch nicht erlebt. Mit Sorge haben die Altamerikanisten von dem forschen Auftreten der selbst ernannten Schatzsucher vor Ort erfahren und sorgen sich nun um das Vertrauen, das sich die deutschen Forscher in den vergangenen Jahrzehnten mühsam erarbeitet haben. Professor Grube sagt: „Wir können nicht tatenlos zusehen, wie unwiederbringliche Kulturgüter gefährdet und vernichtet werden. Die BILD-Expedition hat alle Regeln der wissenschaftlichen Zusammenarbeit verletzt und ist ein Schlag ins Gesicht aller Kollegen in Deutschland und Guatemala, die sich an die Regeln der Zusammenarbeit halten.“
Die Stellungnahme ist auf den Internetseiten der Abteilung für Altamerikanistik der Universität Bonn abrufbar.