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Verwirrung um ‚Fusionierungspläne‘ der Verkehrsverbünde RMV – NVV

Marburg 30.10.2012 (mm/pm/red) In Hessen sind die Nahverkehre überregional in den zwei Verkehrsverbünden RMV und NVV organisiert. Dabei steht RMV für Rhein-Main-Verkehrsverbund und NVV bedeutet Nordhessischer Verkehrsverbund. Den RMV mit Sitz in Hofheim am Taunus haben im Jahr 2011 rund 703 Millionen Fahrgäste gentutzt. Zu dessen Gebiet gehören 389 Bahnhaltestellen und 11.900 Bushaltestellen in Südhessen/Rhein-Main-Gebiet und in Mittelhessen. Das Gebiet macht zwei Drittel der Fläche Hessens aus und versorgt etwa fünf Millionen Menschen. Der NVV mit Sitz in Kassel kann pro Jahr rund 70 Millionen Fahrgäste vorweisen. Zum NVV-Gebiet zählen 84 Bahnhöfe und 5.608 Haltestellen für Busse. Das Verbundgebiet deckt etwa ein Drittel Hessens ab, wo etwa eine Million Einwohner leben. Die beiden Verkehrsverbünde haben also deutlich unterschiedliche Gebiete, Gewichte und Versorgungsdimensionen. Dies drückt sich in den Zuschusszahlungen von Land Hessen und vom Bund aus.
Der NVV erhält jährlich etwa 120 Millionen Euro, dem RMV fließt der deutlich höhere Betrag von 500 Millionen Euro zu. Vor einigen Monaten war bekannt geworden, dass das Land Hessen seine jährliche Förderung der Regionalverkehre um 20 Millionen im Jahr absenken will. In der Folge eines entsprechenden Bericht in der FAZ ist jetzt eine Debatte um angebliche Pläne zur Fusion dieser beiden Verkehrsverbünde entbrannt.

Deutliche Kritik und Ablehnung von Seiten der SPD
„Der SPD-Bezirk Hessen-Nord lehnt die von der Landesregierung geplante Fusion der beiden hessischen Verkehrsverbünde mit aller Entschiedenheit ab“, unterstreicht der nordhessische SPD-Bezirksvorsitzende Manfred Schaub zu den Plänen für einen „Hessen-Verbund“. „Im Interesse der Region und der hier lebenden Bürgerinnen und Bürger können und werden wir dies nicht hinnehmen“, betont Schaub. Auch werte er diese neuen Pläne der Zentralisierung von derzeit noch regional wahrgenommenen Aufgaben als weiteren Schritt der Landesregierung langfristig Entscheidungskompetenz, Arbeitsplätze und Infrastrukturleistungen zum Nachteil der Region von Nordhessen in den südlichen Landesteil zu verlagern. „Es darf nicht sein, dass Zukunftsprojekte im Ballungsraum Rhein-Main demnächst durch Verlagerungen von Finanzmitteln und damit der Schwächung des öffentlichen Personennahverkehrs in Nordhessen finanziert werden. Das ist aber genau die Erfahrung, die Nordhessen mit allen bisherigen Zentralisierungsmaßnahmen von CDU und FDP gemacht hat“, begründet Schaub die Haltung seiner Partei.

Gleisanlagen der Main-Weser-Bahn am Marburger Südbahnhof. Foto Hartwig Bambey

Schon jetzt, gebe es eine weitgehende und gut funktionierende Kooperation der beiden hessischen Verkehrsverbünde, da wo sich richtig und sinnvoll sei. Die beiden Verbünde würden unterschiedliche Gebiete abdecken. Dort gebe es teilweise sehr unterschiedlichen Anforderungen an den öffentlichen Personennahverkehr. Diese Organisation sei sinnvoll. Die Planung, Vermarktung und Betreuung von Bus- und Bahnverkehren aus einer Hand mit profunden Kenntnissen über örtliche Bedürfnisse und mit guter Rückkopplung mit den Beteiligten vor Ort habe sich in der Vergangenheit erfolgreich bewährt, führt der SPD-Politiker an. Dabei verteile der NVV negative und positive Risiken über die nordhessischen Landkreise. Diese Akzeptanz der finanziellen Lasten durch Landkreise, Städte und Gemeinden sei nur aufgrund der Gewissheit eines Nutzens für die Menschen in der Region gesichert. Für die Finanzierung von Infrastrukturprojekten im Ballungsraum Rhein-Main bei gleichzeitiger Verschlechterung im ländlich geprägten Nordhessen gelte das nicht.

„Wir fragen uns schon, wo diese Idee nun plötzlich herkommt. Schließlich decken die beiden Verbünde unterschiedliche Gebiete ab. Und das ist auch gut so. Diese plumpe Zusammenlegungsdebatte hilft nicht, den öffentlichen Nahverkehr zu verbessern“, sagte der verkehrspolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion Uwe Frankenberger in Wiesbaden. Frankenberger warnte die Landesregierung und CDU und FDP davor, mit einer Fusion versuchen zu wollen, Bahnverkehre aus ländlichen Gebieten abzuziehen. Er betonte, dass das Land Hessen keine eigenen Landesmittel in die Finanzierung von Bus und Bahn in Hessen stecke. Es werde nur Geld vom Bund an die Verbünde weitergeleitet. „Die Verbünde müssen mit ihren innovativen Ideen weiter unterstützt werden. Synergien können, wie bisher, durch koordinierte Zusammenarbeit gehoben werden anstatt plumpe Zusammenschlüsse zu fordern“, so Frankenberger.

FDP stößt in das Horn einer ‚Kooperation‘
„Eine verstärkte Kooperation der Verkehrsverbünde ist unbestreitbar notwendig“, sagte der wirtschaftspolitische Sprecher der FDP-Landtagsfraktion, Jürgen Lenders, zur Berichterstattung der FAZ bezüglich der Bildung eines hessischen Verkehrsverbunds. „Für eine solche Kooperation bietet der vorliegende Gesetzentwurf der Landesregierung zum ÖPNV zahlreiche Hilfestellungen. Dabei setzen wir auf Freiwilligkeit und das zielorientierte Handeln aller Beteiligten“, ergänzte der Fraktionsvorsitzende der FDP-Landtagsfraktion, Wolfgang Greilich. Die Liberalen erklärten weiter, vor diesem Hintergrund bestehe nicht die Absicht, an dem vorliegenden Gesetzentwurf etwas zu ändern. Dies gelte insbesondere für die in der Öffentlichkeit diskutierte Frage einer Zusammenlegung der Verkehrsverbünde.

CDU: Gerüchte um Fusion haben keine Grundlage
„Die in Rede stehende Behauptung, dass die Landesregierung oder die sie tragenden Fraktionen eine Fusion von RMV und NVV planten, entbehrt jeder Grundlage“, sagte der wirtschaftspolitische Sprecher der CDU-Landtagsfraktion Walter Arnold. „In dem vorliegenden Gesetzentwurf der Novelle des ÖPNV-Gesetzes ist davon nachweislich nicht die Rede.“ Vielmehr wird eine stärkere Zusammenarbeit der Verkehrsverbünde angestrebt.

Fahrgäste der Bahn warten am Südbahnhof Marburg auf ihren Zug nach Frankfurt. Foto Hartwig Bambey

„Angesichts steigender Kosten im ÖPNV Bereich (z.B. Energie und Personal) und geringerer Regionalisierungsmittel des Bundes müssen alle sinnvollen Kostensenkungsmaßnahmen konstruktiv betrachtet werden. Dazu gehört ganz sicher eine viel intensivere Zusammenarbeit auf kommunaler Ebene“. Hierzu sei im Gesetzentwurf eine intensive Zusammenarbeit auf kommunaler Ebene vorgesehen. Damit könnten durch Zusammenschluss lokaler Nahverkehrsgesellschaften zu überregionalen Verkehrsorganisationen deutliche Synergieeffekte genutzt werden.

GRÜNE lehnen Zusammenschluss entschieden ab
Die Landtagsfraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht sich entschieden gegen einen möglichen Zusammenschluss der hessischen Verkehrsverbünde RMV und NVV aus. „Die Anforderung an Mobilität und den ÖPNV sind in Nordhessen vollkommen andere als im Süden Hessens“, erläutert Kordula Schulz-Asche, stellvertretende Fraktionsvorsitzende der GRÜNEN, „daher sollten die Planungen und Entscheidungen so wie bisher vor Ort getroffen werden und nicht aus einer Zentrale, die die jeweiligen Bedarfe kaum einschätzen kann.

Die GRÜNEN befürchten, dass ein zentraler Verkehrsverbund nicht in der Lage ist die notwendigen Investitionen, sei es im ländlichen Raum oder im Ballungsraum, angemessen zu planen und nachhaltig umzusetzen.“

Mit Unverständnis reagieren die GRÜNEN auf die Pläne das Vorhaben möglichweise noch in diesem Jahr mit der Novellierung des ÖPNV-Gesetzes durchzupeitschen. Offensichtlich sei Verkehrsminister Rentsch die deutliche Kritik, die an der geplanten Novellierung des ÖPNV-Gesetzes in der Anhörung geübt wurde, auf den Magen geschlagen. Aber eine Fusion der Verkehrsverbünde noch in diesem Jahr durchpeitschen zu wollen nur um gekränkten Stolz zu besänftigen, sei ein großer Fehler.

 

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