Vom 900 Meter Tunnel und der ungewissen Zukunft der A 49
Marburg 24.1.2013 (yb) Mitglieder des Wirtschaftsausschusses der CDU-Landtagsfraktion waren zu einem Informationsgespräch zum Stand der Planungen für den Weiterbau der A 49 nach Hessen Mobil in Marburg gekommen. Dazu wurden von den zuständigen Dezernenten für die drei Abschnitte zwischen Neuental (Schwalm-Eder-Kreis) und dem geplanten Anschluss an die A 5 bei Gemünden/Felda eine Vielzahl von Informationen vorgetragen. Fragen zum weiteren Ablauf, der Finanzierung und einer zeitlichen Perspektive konnten die Autobahnplaner von Hessen Mobil freilich nicht beantworten. Derzeit steht lediglich eine Teilbausumme von 50 Millionen Euro zur Verfügung. Damit soll ein 900 Meter langer Tunnel bei Schwalmstadt-Frankenhain gebaut und 2015 fertig gestellt werden. Zudem sind zu den beiden folgenden Abschnitten zwischen Schwalmstadt – Stadtallendorf und Stadtallendorf – Gemünden/Felda jeweils Klagen anhängig. Damit gibt es zwar umfangreiche planerische Vorarbeiten für dieses seit Jahrzehnten abschnittsweise im Bau befindliche Autobahnprojekt, doch durchgehendes Baurecht und die Finanzierung durch das Bundesverkehrsministerium stehen gleichermaßen aus.
Bei der Begrüßung brachte Hausherr Willi Kunze von Hessen Mobil Marburg die schwierige Lage gleich auf den Punkt. „Wir haben gut geplant“ sagte er, und weiter „wenn Geld kommen sollte, kann gebaut werden“. Damit wollte Kunze als regionaler Bevollmächtigter für Westhessen auf die große Diskrepanz zwischen dem Arbeiten seiner Behörde mit relativ weit fertiggestellten Plänen und den übrigen Faktoren verweisen. Auf 569 Millionen Euro beläuft sich die Kostenschätzung für die 43 Kilometer lange Streckenführung zwischen Neuental und dem Anschluss an die Autobahn 5. Davon sind gerade einmal 60 Millionen Euro bewilligt. 10 Millionen wurden bereits verbaut und die restlichen 50 Millionen verschlingt der Bau eines 900 Meter langen Tunnels zur Teilumgehung von Schwalmstadt. In Kunzes Aussage war nicht enthalten – ist jedoch derzeit als ebenso gewichtiges Hindernis zu betrachten – der Hinweis auf anhängende Klageverfahren in den Folgeabschnitten.
Es fehlt also die Finanzierung und das Baurecht in Gestalt rechtsgültiger Planfeststellungsbeschlüsse, um über Schwalmstadt hinaus weiter bauen zu können. Bei den von Naturschutzverbänden betriebenen Klagen zu den Folgeabschnitten geht es um Anliegen des Naturschutzes. Derzeit ist Hessen Mobil noch mit der Erwiderung auf eine Klageschrift beschäftigt. Und für Herbst 2013 erhofft man sich den ersten Verhandlungstermin vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig, wo zunächst eine der beiden Klagen verhandelt werden soll.
Stückwerkproblem Verkehrsaufkommen in Richtung Süden
Neben den Landtagsabgeordneten aus Wiesbaden interessierten sich auch einige anwesende Vertreter der CDU aus Kreistag und Kreisausschuss für die Hintergrundinformationen zu dem Autobahnprojekt mit noch vielen ungelösten Hindernissen. Sie verwiesen auf Befürchtungen aus Neustadt und Stadtallendorf, wo man nach der Fertigstellung des Abschnitts bis Schwalmstadt-Treysa ein deutlich höheres Verkehrsaufkommen in Richtung Süden und damit durch die jeweiligen Ortslagen der beiden Städte befürchte.
Doch auch das steht zumindest noch in einiger zeitlicher Ferne. Die Zeiten für Ausschreibungen und Bauausführung zusammen belaufen sich für einen Teilbauabschnitt auf etwa fünf Jahre, wurde mitgeteilt. So lange wird es also allemal dauern, bis der Abschnitt nach Schwalmstadt fertig gestellt sein kann. Doch selbst dafür fehlen noch 145 Millionen Euro. Deshalb wurde von Kritikern des Autobahnprojekts, darunter die GRÜNEN in Hessen, der vom damaligen Hessischen Verkehrsminister Posch (FDP) unterzeichnete Planungsfestellungsbeschluss und Baubeginn ohne abgesicherte Finanzierung heftig kritisiert.
Konkrete Ablaufinformationen konnten von Hessen Mobil somit lediglich für den derzeitigen Teilbauabschnitt bei Schwalmstadt-Treysa gegeben werden. Und selbst dort gibt es lediglich Stückwerk. Es finden seit 7. Januar dieses Jahres vom südlichen Ende des 12 Kilometer langen Teilabschnitts nach Neuental Arbeiten für den gewollten Vortrieb des ‚Frankenhainer Tunnels‘ statt. Gebaut werden soll das einzige Tunnelbauwerk der A 49 deswegen zuerst, weil es das zeitaufwendigste Projekt ist. Wie Planer Rehbein sagte, werde es in seinen Augen schon nicht dazu kommen, „dass der Bund einen Tunnel baut, um ihn am Ende nicht zu nutzen.“
Zwischen Handeln und Wunschvorstellungen
Genau darin artikulierten sich Widersprüche und Gegebenheiten von Deutschlands ältestem immer noch unvollendetem Autobahnprojekt. Zwischen Handeln und Wunschvorstellungen und der harten Wirklichkeit liegt eine Menge. Anliegen des Naturschutzes und fehlende Geldmittel sind Ausdruck bestensfalls von Stückwerk. Ob der gegenwärtige Abschnitt, ja selbst der Tunnelbau, fertiggestellt werden wird, entscheiden am Ende andere. Zu den Richtern in Leipzig, den Ministerialen im Berliner Vekehrsminsterium gesellen sich im September noch die Wähler in Hessen und in der gesamten Republik.
Was wird, wenn Hessen eine Rot-Grüne Mehrheit bekommt und der Bund ebenso? Diese Frage wurde so nicht gestellt, gestern bei Hessen Mobil in Marburg. Bei allen von den Planern mitgeteilten Informationen über Tunnel, geplante Brückenbauwerke und gewollten Trassenverlauf mag eine kommende politische Infragestellung der A 49 manch einem der Teilnehmer durch den Kopf gegangen sein.
Die Zukunft der Fertigstellung A 49 bis zur A 5 ist alles andere als gesichert und gewiß.
Abgebildete Grafiken von Hessen Mobil