Was bringt die neue Stellplatzsatzung für Marburg?
Marburg 21.2.2014 (yb) Während die Diskussionen um die Versorgung mit öffentlichen Parkplätzen in Marburg weiter kontrovers geführt werden und die Straßen der Stadt den hohen motorisierten Individualverkehr mühsam bewältigen, ist seitens Magistrat und Stadtverwaltung eine weitere Stellschraube in Bewegung gesetzt worden. Im August 2013 hat die Stadtverordnetenversammlung dem Beteiligungsverfahren zur Verabschiedung einer neuen und veränderten Stellpatzsatzung zugestimmt. Jetzt wird es ernst. Das Verfahren erreicht die allgemeine Öffentlichkeit. Für Mittwoch, 26. Februar, wird in den Rathaussaal eingeladen, wo Interessierten eine von der Stadt gewollte neue Stellplatzsatzung vorgestellt werden soll.
Worum geht es und warum überhaupt eine neue Stellplatzsatzung?
Eine verkürzte Antwort könnte lauten, dass die Stadt Marburg Bauherren entgegenkommen will. Die neue Satzung würde reduzierte Auflagen und die Bereitstellung oder Ablösung von einer oftmals abgesenkten Zahl von Parkplätzen bei Bauvorhaben mit sich bringen. Kurzum ist also eine investorenfreundliche „Reform“ beabsichtigt, die zudem den Ablösebetrag für einen Parkplatz in der Innenstadt von rund 15.000 auf 8.000 Euro herabsetzen würde. Das ist viel Geld und würde bei unveränderter Verabschiedung des gegenwärtigen Entwurfes die Stadt Marburg viele Millionen Euro kosten bzw. weniger an Ablösebeträgen nach sich ziehen. Diese zunächst nur sehr grobe Zusammenfassung zeigt, dass es um sehr viel geht.
Gleichzeitig ist in der Parkraumdebatte sichtbar geworden, dass es in jedem Fall knapp bestellt ist um Parkplätze. Trotz umfangreichen Bauinvestitionen und damit verbundenen massiven verkehrsbezogenen Veränderungen in der Stadt – etwa in Gestalt der neuen Universitätsbibliothek oder der erweiterten Stadthalle – unterbleibt ein gemäßer Ausbau von Parkflächen. Wenn dazu jetzt auch noch die Stellplatzsatzung in bauherrenfreundlicher Weise verändert wird, wird zukünftigen Verkehrsproblemem Tür und Tor geöffnet. Nicht genug damit. Die Stadt Marburg würde sich der neuen Stellplatzsatzung wichtiger Möglichkeiten zur Steuerung selbst beschneiden. Das wirft einiges an Fragen auf, darunter die Kernfrage, warum die Stellplatzsatzung überhaupt und in dieser Weise verändert werden soll?
Was ist das treibende Motive für eine neue Stellplatzsatzung?
Ist es Investorenfreundlichkeit oder gar der Wille zum Verzicht auf Einnahmemöglichkeiten? Letzteres ist kaum vorstellbar, wo der Oberbürgermeister aktuell ein Szenario für zusätzlichen Parkraum gerade schriftlich umrissen hat. Soll dies Wirklichkeit werden, müsste von der Stadt ein zweistelliger Millionenbetrag investiert werden. Wo soll das Geld herkommen, wenn in der Zukunft alleine in der Innenstadt jeder nicht von Bauherren geschaffene Parkplatz mit nur noch 8.000 Euro statt bisher 15.000 Euro abgelöst werden kann.
Es ist also wichtig die gewollten Veränderungen und Neufestsetzungen genau ins Auge zu nehmen. Dies bietet zunächst die Stadt selbst den BürgerInnen am 26. Februar an. —>Zudem besteht die Möglichkeit alle wesentlichen Vorlagen per Internet über das Stadtportal einzusehen.
Eine geplante wesentliche Veränderung soll darin liegen, dass zukünftig das Stadtgebiet in drei Zonen eingeteilt wird: Außenbezirke sind die Gebietszone 3 in der Farbe rot, die Innenstadt als Kernbereich Gebietszone 1 hat die Frabe grün. Dazwischen gibt es die Gebietszone 2 in der Farbe gelb, wozu beispielsweise Cappel und Wehrda gehören. Mit dieser Zonierung soll unterschiedlichen Gegebenheiten, wie sie im Stadtgebiet tatsächlich vorhanden sind, entsprochen werden. Siehe Karte oben.
Eine weitere wesentliche Änderung würde gegenüber der Universität vollzogen. Zukünftig soll anstelle von 1 Stellplatz je 2 Studierende nur noch 1 Stellplatz je 9 Studierende (Innenstadt) und 1 Stellplatz je 7 Studierende (Lahnberge) gefordert werden. Das ist eine gravierende Verschiebung, begründet mit einer Veränderung im Mobilitätsverhalten. Die Zahl der Beschäftigen der Philipps-Universität spielt im Satzungsentwurf gar keine Rolle, auch wenn es davon mehrere Tausend in Marburg gibt. Die Universität würde mithin zuallermeist profitieren, ja wäre der eigentliche Gewinner. Dies kommt genau in der Zeit, wo die Campusplanungen gravierende Veränderungen mit sich bringen, damit auch neue Verkehrsströme und veränderten Bedarf an Parkraum generieren.
Warum sich die Stadt gegnüber dem Land hier so klein macht, sich geradezu zum billigen Erfüllungensgehilfen herabstuft, soll hier als Frage aufgeworfen werden.
So liegt bei allen Beteiligten in Sachen Stellplatzsatzung eine große Verantwortung. Der im Entwurf zum Ausdruck kommende Wille es zukünftig Bauherren leichter und preiswerter zu machen, sollte kritisch gesichtet und gewürdigt werden. Es geht um viele Millionen Euro, die damit der Stadt als zu investierende Einnahmen genommen werden. Doch gleichzeit sollen viele Millionen Euro in neue Parkflächen investiert werden. Wie soll das zusammengehen? Dieser Zusammenhang muss als Problem erkannt werden und sollten den Verantwortlichen bei allen kommenden Terminen zur Beantwortung vorgelegt werden.
Am Mittwoch, 26. Februar, ab 19 Uhr im Rathaussaal ist der öffentliche Auftakt.