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22.12.2024 (yb) Viele, sehr viele 50 x 50 cm große gestrickte oder gehäkelte Decken sollen den Friedrichsplatz am 8. und 9. März bedecken und werden anschließend zu Gunsten des Autonomen Frauenhauses Kassel versteigert.

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Vitos-Gelände: Filetstück für Wohnungsbau – Verfahren für Bebauungsplan wirft Fragen auf

Das Luftbild des Vitos-Geländes zeigt, dass dort durchaus ein Wald vorhanden ist. (Foto Denkmaltopographie Marburg II)

Das Luftbild des Vitos-Geländes zeigt, dass dort durchaus ein Wald vorhanden ist. (Foto Denkmaltopographie Marburg II)

22.4.2014 (yb) Kein Mensch kann vernünftigerweise in Marburg Bestrebungen kritisieren, die als ernsthaftes Ziel die Schaffung von neuem zusätzlichen Wohnraum haben. Wohnraum, dabei besonders bezahlbare Wohnungen, sind seit Jahren ein sehr knappes Gut in der Universitätsstadt. Das führt zur Abwanderung bei der Wohnbevölkerung und trifft längst nicht alleine auf Studierende zu, deren Zahl jedoch in den zwei, drei letzten Jahren um einige Tausend auf rund 25.000 angewachsen ist. Studierende haben zumindest über das Semesterticket eine kostengünstige größere Mobilität mit öffentlichem Personennahverkehr. Dazu gibt es in Marburg neben dem Mangel an Wohnraum außerdem einen Mangel an bebaubaren Flächen im Innenstadtbereich zwischen Wehrda und Cappel zu beklagen. Angesichts von atypischen Bevölkerungsverlusten in Marburg, wider verbreitete Trends zurück in die (Groß-)Stadt und im Kontext des demographischen Wandels, sieht sich die Kommunalpolitik inzwischen gefordert. Maßnahmen für eine bessere Wohnraumversorgung sind eingeleitet und werden angegangen.

Vor diesem Hintergrund beinhaltet das Verfahren zur Schaffung eines Bebauungsplans (B-Plan) für ein Baum bestandenes Gelände zwischen Cappeler-Straße und Beltershäuser Straße – derzeit noch dem ‚Zentrum für Soziale Psychiatrie‘ der Vitos Gießen-Marburg gGmbH zugehörig –  eine positive Option für eine Wohnbebauung. Auf dort 28.700 Quadratmetern könnte qualifizierter Wohnraum für gut und gerne 250 BewohnerInnen geschaffen werden. Insofern lässt sich das an der südwestlichen Ecke des Vitos-Klinik-Bereiches gelegene Gelände zweifellos als Filetstück bezeichnen.

Umso wichtiger wäre dafür ein ausgewogenes und umsichtiges Vorgehen der Stadt als Planungsbehörde. Doch daran scheint es zu mangeln. Zahlreich vorgelegte Einwendungen im derzeitigen Verfahren zur Abstimmung des Entwurfes für den ‚B-Plan Nr. 10/1 3. Änderung Cappeler Straße/Friedrich-Ebert-Straße‘ müssen nachdenklich stimmen. Die von verschiedenen Akteuren vorgetragenen Bedenken und Hinweise werfen deutliche Fragen zur Vorgehensweise der Marburger Bauverwaltung auf.

 

Dabei handelt es sich beim dem städtischen Vorhaben für dieses Gelände gültiges Baurecht zu schaffen keinesfalls um eine kurzfristige Angelegenheit. Mehr als 10 Jahren gibt es diesbezüglich eine Meinungsbildung. Dazu liegen seit langem Stellungnahmen etwa von der IG MARSS und Lokalen Agendagruppen vor. Auch die Oberhessch Presse hat vor langem dazu berichtet.  Die Marburger Stadtverordneten-versammlung hat sich im Jahr 2003 mit Entwicklungsmöglichkeiten für diesen Bereich des Vitos-Geländes beschäftigt. Dazu wurde eine Beschlussfassung verabschiedet. Darin ist festgelegt: „Für die Zukunft der unbebauten Flächen ist ein Ideenwettbewerb durchzuführen… Der Ideenwettbewerb muss vor der Aufstellung eine Bebauungsplanes durchgeführt werden.

Es kann also niemand behaupten kurzfristig beauftragt und unter Zeitdruck geraten zu sein. Gleichwohl gibt es für die Art und Weise des Verfahrens für den B-Plan gleich zwei Auffälligkeiten mitzuteilen. Zunächst einmal sieht sich offensichtlich die federführende Bauverwaltung nicht an den Beschluss der Stadtverordnetenversammlung gebunden. Einen vorhergehenden Ideenwettbewerb hat es nicht gegeben. Er wurde nicht ausgelobt. Kein Wort darüber, die Bauverwaltung will sich ganz unübersehbar über den Beschluss des Stadtparlamentes hinwegsetzen.

Warum ein beschleunigtes Verfahren?

Eine zweite Auffälligkeit ist, dass die Bauverwaltung den B-Plan im so genannten „beschleunigten Verfahren“ gemäß §13a BauGB als Bebauungsplan zur Innenentwicklung durchziehen möchte. Obwohl die beplante Fläche unstrittig 28.700 Quadratmeter umschließt, findet sich in den Texterläuterungen des Entwurfes folgende Feststellung: „Die geplante Baufläche liegt mit ca. 15.478 m² unterhalb der Obergrenze von  20.000 m² nach Abs. 1 Nr. 1 BauGB. Von diesem Oberwert werden für die Neubauplanung ca. 13.925 m² in Anspruch genommen. Die restliche Fläche resultiert aus dem Bestand.“ Eine solche Interpretation erscheint juristisch gewagt. Es geht in der Grenzziehung des BauGB bei 20.000 Quadratmetern nicht um die zu überbauende Fläche sondern um die Grundfläche. Die Gesamtgröße einer Planfläche findet sich in der Vorschrift festgelegt. Die Marburger Bauverwaltung will diese offenbar kleinrechnen.

Hintergrund dafür ist, dass für einen B-Plan im beschleunigten Verfahren „auf eine Umweltprüfung verzichtet werden“ kann. Damit ist mitzuteilen – und findet sich als Bedenken und Einwendungen an die Bauverwaltung übermittelt – dass im Verfahren eine unübersehbare Eile an den Tage gelegt und dazu das beschleunigte Verfahren Anwendung finden soll. Damit wird die vorgeschriebene Möglichkeit der Bürgerbeteiligung nicht alleine in zeitlicher Hinsicht eingeschränkt. So stellt sich die Frage, welche Gründe es für die Bauverwaltung gibt bei diesem B-Planverfahren in dieser Weise zu verfahren?

Es mögen Zeit- und Kostengründe sein. Eine Umweltprüfung würde Aufwendungen verursachen, die offenbar vermieden werden sollen. Doch dies ist noch nicht alles.

Baurecht im Konflikt mit Hessischen Waldgesetz ?

Es liegen der Marburger Bauverwaltung als Entwurfsverfasserin von gleich zwei fachkundigen Stellen Einwende gegen die Klassifizierung des Geländes vor. Unübersehbar ist nun einmal, dass nahezu die gesamte Fläche mit Baumbewuchs bestanden ist. Die beiden Fachkundigen weisen darauf hin, dass es sich dabei um Wald handelt. Dessen Abholzung würde eine behördliche Genehmigung notwendig machen und eine Ersatzpflanzung an anderer Stelle als Auflage nach sich ziehen.

dbau0418_0006 Baumbewuch Vitos-GelaendeAufgrund der Größe, der aktuellen Bewirtschaftung und der Möglichkeit der Freizeitnutzung handelt es sich um Wald im Sinne des Hessischen Forstgesetzes (§1 HForstG)„, findet sich als eindeutiger schriftlicher Hinweis gegeben. Auch über diesen deutlichen Hinweis, zudem von einem zweiten Sachverständigen ebenfalls erläutert, meint man sich seitens der Planverfasserin hinwegsetzen zu können.

Angesichts der geringen Größe, der teilweisen Einzäunung, des sehr geringen Aufenthaltswerts und insbesondere der isolierten Lage in Mitte der Siedlung muss die Einordnung als Wald in Frage gestellt werden. Bedenkt man weiterhin das geringe Alter des Baumbestandes (25-30 Jahre; er ist somit jünger als die ihn umgebende Bebauung) kann die Teilfläche nicht als Wald angesprochen werden„, lautet die geradezu beratungsresistente Entgegnung im Planentwurf.

Auch an diesem Punkt ist festzustellen, dass die Bauverwaltung Marburg offensichtlich eine Kostenminimierung betreiben will, indem sie eine Abholzungsgenehmigung vermeiden und eine Ersatzpflanzung umgehen möchte. Dass man sich dabei auf ganz dünnes Eis begibt und meint sich über die Regelungen des Hessischen Waldgesetzes hinwegsetzen zu können, muss befremden. Dies ist wohl bereits dem Verfasser dieser Einwendungen aufgefallen. So endet sein Schreiben mit den beiden Sätzen: „Die Frage der Feststellung der Walddefinition liegt einzig in der Verantwortung der beteiligten Fachbehörde und nicht in der „Abwägungskompetenz“ des beauftragten Planungsbüros. Sollte es daher zu Baumfällungsarbeiten ohne vorliegende Rodungsgenehmigung kommen, werde ich Anzeige erstatten.

Ablehnung durch Ortsbeirat Richtsberg

Die Mitglieder des für dieses Gebiet zuständigen Ortsbeirats Richtsberg konnten in einer Sitzung ihres Gremiums ebenfalls ‚Eigenwilligkeiten‘ der Planverfasserin kennenlernen. Auch dort wurde die Eigenart der Fläche als Wald in Abrede gestellt, mussten sich die Versammelten anhören, dass entgegen dem Augenschein anstelle von Bäumen der Vertreter des Bauamtes von „Stangen“ redete, die es schadlos abzuholzen gelte. Der Ortsbeirat verweigerte denn auch seine Zustimmung zu dem Entwurf, besonders vor dem Hintergrund, dass im Bereich des Richtsbergs bereits an anderer Stelle neue Sozialwohnungen gebaut werden sollen. Daher kam vom Ortsbeirat Richtsberg die Forderung und zugleich der Vorschlag an die Stadt eine Gesamtplanung vorzulegen, um einen entsprechenden Überblick gewinnen zu können.

Von mehreren Verfassern von Einwendungen gegen den B-Planentwurf sind Alternativvorschläge vorgetragen bzw. angeregt worden. Anstelle der Abholzung von 500 Bäumen wird eine andere Fläche oberhalb des bebauten Vitos-Geländes vorgeschlagen. Auf einem dort gelegenen Wiesenareal, meint der Verfasser, könnten Wohnungen gebaut werden ohne ein umfangreiches Fällen von Bäumen eines gewachsenen Waldstückes in Kauf zu nehmen. Rechts und links der Beltershäuser Straße existieren zudem weitere unbebaute Flächen, die sich für eine Wohnbebauung eignen könnten.

Knapp 2 Hektar ökologisch wertvoller ca. 40-jähriger Roteichenwald mit im Durchmesser 30 bis 40 cm dicken Bäumen stehen auf dem Vitos-Gelände zur Disposition. Wald, der viel Kohlendiocid speichert und einen wichtigen Beitrag gegen die Klimaerwärmung leistet. Der Luftschadstoffe und Feinstaub ausfiltert. Der vielen Tieren, vor allem unserer Vogelwelt Heimat bietet. Der ausgleichend auf das Stadtklima wirkt, Sauerstoff produziert und die Luft befeuchtet. In nicht großer Entfernung zum Vitos-Gelände finden sich unterhalb der Leiziger Straße, am Damaschkeweg, an der Raiffeisenstraße und an der Rentmeisterstraße Freiflächen ohne Baumbewuchs und Waldbestand. (Karte Google-Earth - Beschriftung H.Bambey) Der vorliegend B-Plan-Entwurf sieht vor im denkmalgeschützten Park will "Nadelbäume entfernen", einen Platz und eine Sichtachse freistellen und dazu "ggf. auch störende Laubbäume fällen". Dies findet sich auf Seite 20 der textlichen Erläuterungen zum B-Plan ausgeführt.   Es sind dicke alte Bäume mit mehreren Meter Umfang, die stadtbildprägend sind und durch Baumschutzsatzung und ein Parkpflegewerk geschützt sein sollten. Das widerspricht eklatant dem Mehrheitsbeschluss des Stadtparlaments aus dem Jahre 2003. Das hatte unter TOP 14.15 den Magistrat beauftragt, unter Einbezug der ökologischen Schutzwürdigkeit nach allen naturschutzrechtlichen Kategorien eine Rahmenkonzeption für das Gelände zu erstellen. Bis dahin gilt nach dem Willen der Stadtverordneten eine Veränderungssperre.   Hat die Natur keinen Wert mehr, wenn für die Investoren Millionen Euro Gewinn winken? Die Menschen Marburgs benötigen für ihre Lebensqualität  und Erholung Stadtgrün und nicht nur tote zugeflasterte Flächen, wie man sie in der Ketzerbach, an der Elisabethkirche und z. B. am Blochmannplatz leider zu Hauf findet. "Baum-Kastrate", so nannte ein Anwohner die geköpften und beschnittenen neu angepflanzten einzelnen Bäumchen an der E-Kirche, können da niemals Ersatz sein.

Knapp 2 Hektar ökologisch wertvoller ca. 40-jähriger Roteichenwald mit im Durchmesser 30 bis 40 cm dicken Bäumen stehen auf dem Vitos-Gelände zur Disposition. Wald, der viel Kohlendioxid speichert und einen wichtigen Beitrag gegen die Klimaerwärmung leistet. Der Luftschadstoffe und Feinstaub ausfiltert. Der vielen Tieren, vor allem der Vogelwelt, Heimat bietet. Der ausgleichend auf das Stadtklima wirkt, Sauerstoff produziert und die Luft befeuchtet. In nicht großer Entfernung zum Vitos-Gelände finden sich unterhalb der Leiziger Straße, am Damaschkeweg, an der Raiffeisenstraße und an der Rentmeisterstraße Freiflächen ohne Baumbewuchs und Waldbestand. (Karte Google-Earth – Beschriftung H.Bambey)
Der vorliegende B-Plan-Entwurf will zudem im denkmalgeschützten Park „Nadelbäume entfernen“, einen Platz und eine Sichtachse freistellen und dazu „ggf. auch störende Laubbäume fällen“. Dies findet sich auf Seite 20 der textlichen Erläuterungen zum B-Plan ausgeführt. 

Es sind dicke alte Bäume auf dem Gelände der Vitos-Klinik mit mehreren Meter Umfang, die stadtbildprägend sind und durch Baumschutzsatzung und ein Parkpflegewerk geschützt sein sollten. Eingriffe dort widersprechen eindeutig dem Mehrheitsbeschluss des Stadtparlaments aus dem Jahre 2003. Das hatte unter TOP 14.15 den Magistrat beauftragt, unter Einbezug der ökologischen Schutzwürdigkeit nach allen naturschutzrechtlichen Kategorien eine Rahmenkonzeption für das Gelände zu erstellen. Bis dahin gilt nach dem Willen der Stadtverordneten eine Veränderungssperre.

—>Artikel: Worauf es bei dem Vitos-Gelände für Wohnungsbau ankommt 

 

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