10 Jahre Kamerapreis – Empfang und Ehrung, Preisverleihung und diskursive Eörterungen
Marburg 13./15. März (yb) Zu einem prallen Parcours mit Machern, Laudatoren und Gästen geriet das Wochenende des Marburger Kamerapreises. Zum 10jährigen hatten Stadt und Universität ein dickes Programmpaket geschnürt. Dabeisein kostete Kondition und hatte viel mehr zu bieten als eine kleine cineastische Hafenrundfahrt. Jost Vacano und „Das Boot“ gaben den Stoff, Projektionen füllten Leinwände und Besucher gingen allenthalben mit.
Das Jubiläum des Kamerapreises war Anlaß für die Universitätsstadt Marburg zusammen mit dem Bundesverband Kamera zu einem Empfang als Auftakt einzuladen. Im Historischen Rathaussaal galt es das Wirken eines langjährigen Machers und Medienwissenschaftlers zu würdigen. Aus der Hand von Oberbürgermeister Egon Vaupel wechselte das Historische Stadtsiegel an Prof. Karl Prümm als den Spiritus Rector des Marburger Kamerapreis. So war es am Oberbürgermeister die Vita des 1994 nach Marburg Berufenen zu skizzieren. Die Initiative und Leistungen von Karl Prümm für die zunächst begründeten Marburger Kameragespräche, denen im Jahr 2001 der Kamerapreis folgte, würdigte als Laudator Prof. Rolf Coulanges von der Hochschule der Medien Stuttgart.
Für Jost Vacano als diesjährigen Preisträger geriet der Film „Das Boot“ in 1981 zum Film seines Lebens und brachte ihm 1983 eine Oscarnominierung. Eine von Studierenden zusammengetragene Ausstellung in der Universitätsbibliothek widmet sich diesem Film. Die Ausstellung kann bis Mitte Mai besucht werden. Bereits Anfang Februar gab es unter dem Titel „Urheber ohne Rechte“ eine Podiumsdiskussion zur Problematik der Rechte und Honorierung der Arbeit bildgestaltender Kameraleute. Vier von Jost Vacano fotografierte Filme wurden im Rahmenprogramm gezeigt. „Mord in Frankfurt“, „Die verlorene Ehre der Katharina Blum“, „Die unendliche Geschichte“ und „Stasrship Troopers“ markierten einen Querschnitt aus dem Werk des Kameramannes. Seine Filmografie zählt 76 Filme, beginnt mit „Moskau“ 1957, ein Dokumentarfim zusammen mit Peter Schamoni, und endet im Jahr 2000 mit „Hollow Man – Unsichtbare Gefahr“, Regie Paul Verhoeven.
Nach Rathaus und Universitätsbibliothek wurde das Filmkunsttheater in der Oberstadt zum Ort des Geschehens. Die Marburger Kameragespräche stellten am Samstagnachmittag Vacanos ersten Kinofilm „Schonzeit für Füchse“ aus 1966 in den Focus. Nach einem einführenden filmanalytischen Essay von Prof. Karl Prümm saßen anschließend Jost Vacano und Regisseur Peter Schamoni mit auf dem Podium vor der Leinwand. Der Regisseur zeigt sich geradezu erstaunt von der Vielschichtigkeit der filmwissenschaftlichen Deutung in dem Einleitungsvortrag. Vacano brachte die Unterscheidung zwischen Bauchmenschen, meint Filmmacher, und Kopfmenschen, meint Filmwissenschaftler als Theoretiker. Damit war ein Spannungsverhältnis markiert, das von Seiten des eloquenten Kameramannes Jost Vacano in besonderer Weise mit Anschaulichkeit gefüllt wurde.
Der Große Bahnhof in der Alten Aula zur Preisverleihung war zugleich als multimediale Veranstaltung angelegt. Klaus Doldinger als Schöpfer der Filmmusik von „Das Boot“ eröffnete musikalisch mit seinem Saxophon, am Flügel begleitet von Kristian Schultze. Auf der Leinwand gab es zu dem Kinotrailer ein filmische Hommage an den Preisträger, in der ausführlich der Produzent Günter Rohrbach zu Worte kam. So kam es Peter Schamoni zu in der Laudatio Anschauliches einzubringen über den Freund und Weggegefährten Jost Vacano, in dessen ersten Kinofilm er Regisseur war. Der Preisträger verzichtete nach seinen Dankesworten nicht darauf dem Publikum die schwierige Lage der Kamerleute als Miturheber der Filmkunst anschaulich zu machen. Für annähernd 70 Sendungen des Filmes „Das Boot“ erreichte ihn als maßgeblich Beteiligten kein weiteres Honorar, wogegen der Regisseur die Ursprungsgage 30fach erhalten habe.
Der zweite Tag der Kameragespräche vereinte wieder im Filmkunsttheater ausgemachte Cineasten mit Kameraleuten und Filmwissenschaftlern. „Das Boot“ und „RoboCop“ waren nach Vorführung Gegenstand der Erörterung. Ein Vortrag des Filmkritikers Georg Seeßlen und erneut leidenschaftliche Einbringungen von Jost Vacaono zu seinem Selbstverständnis und Arbeitsweise als Kameramann ließen unterschiedliche Sichtweisen deutlich werden. Dann geriet es zum Ende noch zu einer Überraschung als der Preisträger sich als Sponsor für den nächsten Marburger Kamerapreis einbrachte und sein Preisgeld von 5000 Euro stiftete.