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Am Ende besorgt der Artenschutz Marburg Autobahnanschluß

Marburg 5.6.2010 (yb) Die Debatte um den Umgang mit der Marburger Stadtautobahn B3a kommt weiter in Fahrt. Noch vor der Veranstaltung der Lokalen Agendagruppen am 8. Juni haben sich Naturschützer zu Wort gemeldet. Sie haben die Prüfung einer Alternativtrasse für die A49 über Marburg ereneuert. Diesen Gedanken hatte bereits der Verkehrsexperte Professor Herkt bei einer Informationsveranstaltung vergegenwärtigt. Während die Universitätsstadt eine Verschlechterung der überregionalen Anbindung auf der Schiene hinnehmen muss, bleibt nicht denkunmöglich, dass eine veränderte Trassenführung die A49 mit der B3a verknüpft. Es entsteht in Marburg eine verkehrspolitische Gemengelage mit viel Humus für eine Bürgerinititative, deren Gründung offenbar bevorsteht.

NABU Hessen fordert neue Verträglichkeitsprüfung

Der Naturschutzbund Hessen (NABU) fordert in Pressemitteilung vom 1. Juni „die nach nach europäischen Naturschutzrecht notwendige Verträglichkeitsprüfung im Rahmen der Planungen für den Weiterbau der A49 zur A 5 bei Gemünden zu wiederholen“.

Kammmolchmännchen, auch Wasserdrache genannt (Foto Rainer Theuer, gemeinfrei)

Unvollständige artenschutzrechtliche Datengrundlagen und dazu unzureichende Berücksichtigung werden als Begründung angeführt. So bemängelt Wulf Hahn NABU-Verkehrsexperte , dass „die erheblichen Beeinträchtigungen des Kammmolchs … nicht erkannt worden seien“ und befürchtet höhere „Schädigung von Bechsteinfledermaus und Großem Mausohr“ in dem FFH-Schutzgebiet, das von der A49-Trasse betroffen wäre.

Schwere Verfahrensmängel und mögliche Folgen

Hartmut Mai, der Landesgeschäftsführer des NABUHessen, sieht in der vorliegenden Verträglichkeitsprüfung zur A49 „schwere Verfahrensfehler“. Sollte eine Überprüfung auf dem Klageweg (Bericht der Oberhessischen Presse von 4. Juni) kommen und dies bestätigen, könnte die vom NABU erstmals 1999 geforderte Planung einer alternativen Trassenführung über Marburg neuen Schwung und Antrieb bekommen. „Die Variante über Marburg bietet sich sowohl aus verkehrlicher und wirtschaftlicher als auch aus raumordnerischer und naturschutzfachlicher Sicht geradezu an“ führt der NABU dazu in der Pressemitteilung aus.

Derzeit nicht absehbar, aber nicht länger undenkbar ist, dass fehlerhafte Planung zu unerwarteter Wendung führt. Ein vom Ergebnis wie in zeitlicher Hinsicht unwägbarer Rechtsweg könnte Grund dafür werden, eine andere Wegeführung, eben die über Marburg, erneut ins Auge zu fassen.

Mit höheren Kosten wäre dies nicht verbunden. Eine solche Route verspräche womöglich Zeitgewinn bei der Umsetzung. Schließlich wird die B3a Marburg nach Süden in Kürze bereits vierspurig erschließen und ist nach Norden längst bis Kirchhain dreispurig ausgebaut.

Es kommt zumindest als Frage, ob Probleme mit dem Artenschutz für Kammolch und Bechsteinfledermaus die Trassenführung der A49 dergestalt grundlegend beeinflussen, ja kippen können. Oder müsste man anders fragen, ob nicht (einmal mehr) fehlerhafte Planungsprozesse und dadurch erst begründeter und ausgelöster Widerspruch die derzeitige A49-Trasse zur Imponderabilie machen? Dem Regierungspräsidium Gießen liegt jetzt die umfangreiche dem derzeitgen Planvorhaben widersprechende Stellungnahme des NABU Hessen vor.

A 49-Trasse – Begutachtung einer „Marburg-Variante“

Kartenskizze möglicher Linienführung der Marburgvariante von RegioConsult

Trotz der vorhandenen politischen Weichenstellung für die Trassen der A 49 von Stadtallendorf zur A 5 bei Gemünden eröffnet ein derzeit laufendes Planänderungsverfahren Möglichkeiten für Intervention und rechtswirksamen Widerspruch. Dafür sind Anlieger aus Homberg engagiert, ebenso wie Diplom Geograf Wulf Hahn von RegioConsult Marburg. In einer vom Naturschutzbund Hessen (NABU) beauftragten fachlichen Stellungnahme zur gegenwärtigen Trassenführung hat Gutachter Wulf Hahn Argumente für eine „Marburgvariante“ dargestellt.

Die gutachterliche Stellungnahme datiert vom Mai 2007. Sie liegt der Redaktion als Vorabzug im Umfang von 29 Seiten vor. Im Rahmen einer kleinräumigen Alternativenprüfung wird festgestellt, dass „die Trasse M 4 neu in erheblicher Weise in das Schutz-Regime eingreift“. Die Begutachtung von RegioConsult aus 2007 entwickelt eine „großräumige Alternativenprüfung“ als Marburgvariante. Beschrieben findet sich diese wie folgt:

Linienführung der Marburgveriante
Die Linienführung der A 49-Planung der VKE 30 wird aufgenommen, soweit sie artenschutzrechtlich vertretbar ist. Das bedeutet, dass entlang der Hochspannungsleitung auf dem Neustädter Sattel die A49 bis nach Langenstein geführt werden kann. Dort trifft die A 49 auf die B 454, die von zwei auf vier Spuren ausgebvaut werden muss. Ab Kirchhain-Mitte besteht eine dreispurig ausgebaute Kraftfahrstraße, deren Regelquerschnitt 15,5 m lediglich auf auf den Regelquerschnitt 26 ausgebaut werden muss.
Ab Cölbe-Bürgeln verläuft die A 49 über die autobahnähnlich ausgebaute Kraftfahrstraße B 3A nach Süden und trifft am Giessener Nordkreuz auf die A 480. Diese dient als Zubringer auf die A 5.

Daten und Zahlen zur Marburgveriante

  • zur heutigen Belastung von 35.000 bis 40.000 Kfz täglich
  • wäre zu erwarten zusätzliche Belastung von 30.000 Kfz täglich
  • Kosten 371 Millionen Euro
  • Kosten 100 Millionen Euro Tieferlegung / Einhausung im Bereich Bahnhof
  • Marburgvariante 30 bis 70 Millionen kostengünstiger

NABU Geschäftsführer Hartmut Mai „plädierte dafür, dies als Chance für Marburg zu sehen“ findet sich im Bericht der Oberhessischen Presse (OP) von 4. Juni zu lesen. „Dadurch könnten zugleich die derzeit wieder stark diskutierten Probleme der Lärm- und Schadstoffbelastung durch die sogenannte Stadtautobahn gelöst werden“ wird der Naturschutzfunktionär dazu wiedergegeben.

Es wird in Marburg zukünftig von Vielen noch Vieles zu vergegenwärtigen und diskutieren sein – ob engagierte Bürger, Mandatsträger oder Gremien der Stadt. Die heutige B 3A hat bereits eine Auslegung mit je zwei Fahrspuren und Standspur. Das reicht technisch betrachtet für 65.ooo Fahrzeugbewegungen in 24 Stunden. Die mit Autobahnanschluss (auch) von Norden erheblich ansteigenden Kraftfahrzeugbewegungen und damit verbundenen Belastungen dürften ganz neue Debatten anstoßen. Dann käme wohl nicht alleine eine zusätzliche Blechlawine auf die Universitätsstadt zu.

Der Informationsabend der Lokalen Agendgruppen am Dienstag, 8. Juni, findet statt im Stadtverordnetensitzungssaal. Beginn ist 18 Uhr.

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