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Wenn der Kämmerer zum Kümmerer wird

Marburg 3.8.2010 (yb) Bei Verabschiedung des Haushalts 2010/2011 hat die Stadtverordnetenversammlung gegen die Stimmen der rot-grünen Mehrheit beschlossen, für die Ortsbeiräte einen Pauschalbetrag 50.000 Euro zur Verfügung zustellen. An diesen Beschluss resp. an die Verteilung der Mittel möchte Oberbürgermeister und Kämmerer Egon Vaupel Hand anlegen. Zu Gunsten der Stadtteilgemeinden, findet sich in diesbezüglicher Pressemitteilung zu lesen. So wird der Kämmerer zum Kümmerer in der Sommerpause und ein Thema vom Rande gerät in den Fokus.

Sommerlochthema oder Profilierungschance

Doch vielleicht ist das genau die Absicht des amtierenden Oberbürgermeisters, dem seine Wiederwahl angelegen ist. Offenbar wittert Egon Vaupel bei diesen „Verfügungsmitteln“ Punkte und Popularität – und gar ein Profil als Kümmerer im Amt. Dabei geht es um einen vergleichsweise marginalen Betrag. Gerade mal 50 Tausend Euro. Als Vergleich, im laufenden Haushaltsjahr belaufen sich die Investitionen der Stadt Marburg auf 55 Millionen Euro. Doch die Debatte ist bereits losgetreten.

Staddteilgemeinden „in politische Arbeit einzubeziehen“

Zunächst Motiv und Begründung von Egon Vaupel.  „Die Stadtteilgemeinden, die in der Kernstadt wichtige Ansprechpartner … sind und viel tun für das Gemeinwesen in ihrem Stadtteil, bleiben bei dieser Entscheidung außen vor“, sagt der OB. Das sei nicht angebracht, nicht zu verstehen und ganz leicht zu ändern.  Und Vaupel holt noch weiter aus „zumal die Politik  immer wieder betont, wie wichtig die Stadtteilgemeinden sind und dass sie in die politische Arbeit einzubeziehen sind.“
Schließlich schlägt der OB vor, bei der „Verteilung“ der beschlossenen 50.000 Euro einfach nur auch die Stadtteilgemeinden berücksichtigen. Dann hätten sowohl die Ortsbeiräte als auch die Stadtteilgemeinden ein Budget, das sie in die Lage versetze, flexibel zu agieren und kleinere Anschaffungen in Eigenverantwortung zu tätigen.

Hintergrundinformation

Auf Antrag der Fraktion der Marburger Linken hat die Stadtverordnetenversammlung am 25. Juni die Einstellung von 54.700 Euro als Verfügungsmittel für die Ortsbeiräte beschlossen. Für diesen Antrag stimmten die Marburger Linke, CDU, FDP , MBL und der Stadtverordnete Reinhold Becker, SPD, bis 2009 der Vorsitzender der SPD-Fraktion.  Dagegen stimmten die Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen. Das Abstimmungsverhalten des früheren SPD-Fraktionsvorsitzenden gemeinsam mit Abgeordneten der Oppositionsfraktionen hat somit den Verfügungsmitteln im Haushalt 2010 und 2011 zur Mehrheit verholfen.

Protest von Marburger Linke

Es kann nicht überraschen, dass von Seiten der Marburger Linken gegen den Vorschlag und die Argumentation von OB Vaupel energisch protestiert wird. Zu der Beschlußlage der Stadtverordnetenversammlung kann sich die Marburger Linke zuallererst auf die Hessische Gemeindeordnung beziehen. Dass darin Ortsbeiräte einen in Hauptsatzung definierten Status und daraus abzuleitende Rechte haben, muss Marburgs Oberbürgermeister nicht erläutert werden.

So wird die Kritik an der Inititative des OB stichhaltig und kann ins Feld führen, dass Stadtteilgemeinden private Vereine seien. Diese könnten nicht mit den Ortsbeiräten gleichgesetzt werden. Zumal die Ortsbeiräte sich aus den Ergebnissen demokratischer Wahlen konstituieren, läßt sich hinzufügen. Weshalb die Marburger Linke dem OB sogar vorwerfen kann, er handele mit seinem Vorschlag undemokratisch. Die Kritik der Marburger Linken gipfelt in der Forderung in allen Stadtteilen Ortsbeiräte einzurichten.

So wird abzuwarten sein, wie es mit der Initiative von OB Vaupel weitergeht. Die Kritik am Auftreten als Kümmerer ist nicht von der Hand zu weisen, die Sommerpause ist bald zu Ende und die Kommunalwahl kommt immer näher.

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