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Verschollener Meridianstein enthüllt

Marburg 18.8.2010 (pm/red) Nicht nur für die Sternwarte der Philipps-Universität war der 13. August 2010 ein besonderer Tag. In der Kupferschmiede in Wehrda ging es um ein besonderes Schmuckstück. Nicht kupfern und auch kein anderes Metall war Gegenstand des Interesses.

Privatdozent Andreas Schrimpf hat zur Enthüllung des historischen Meridiansteines eingeladen. Nach Restaurierung ist dieser vor Ort platziert. Wer willl kann damit peilen. Man kann ihn auch einfach nur betrachten und sich einen Weg dorthin machen.

Lange vor den Sternkarten und der Ortung per Satellit

Der Marburger Meridianstein wurde 1842 von Prof. Christian Ludwig Gerling errichtet und diente der präzisen Justierung der Teleskope zur Vermessung von Sternpositionen. Bis zur Jahrhundertwende ins 20. Jahrhundert nutzte man den Stein als astronomisches Hilfswerkzeug zur Bestimmung der lokalen Zeit. Im 19. Jahrhundert existierten allerdings noch keine Sternkarten, wo Sternpositionen exakt verortet waren. Präzise Himmelsrichtungen konnten somit nur durch zeitaufwendige Messungen ermittelt werden.

Menschengruppe vor Stein mit schwarz-weißem Muster

Von links: Sponsor Reinhard Balzer, Organisator Andreas Schrimpf, Vermessungsingenieur Jörg Lipphardt, Bürgermeister Franz Kahle und Restauratorin Ulrike Höhfeld präsentieren den Meridianstein ( Foto Pressestelle Universität)

Ein-Norden mit dem Peilstein

Sobald die Richtung als korrekt bestimmt galt, wurde sie mittels eines Peilsteines markiert, der einige Kilometer entfernt aufgestellt wurde. Die Nordrichtung gilt als besondere Himmelsrichtung – sie zeigt den Drehpunkt (zum Pol) der Himmelskugel. Ein gedachter Kreisbogen durch die Nordrichtung, den Punkt über dem Beobachter (Zenit) und die Südrichtung wird als Meridianbogen bezeichnet. Daher haben Peilsteine im Süden oder im Norden von Sternwarten die Bezeichnung Meridianzeichen oder Meridianstein erhalten.

Verschollen und mit akribischen Studien wiederentdeckt

Der Meridianstein an seinem alten und neuen Standort, Foto von den Internetseiten Parallaxe und Sternzeit

Heutzutage sind die meisten Meridiansteine nicht aufzufinden oder zerstört. Auch der Marburger Meridianstein galt bis vor kurzem als verschollen. PD Dr. Andreas Schrimpf fand den Stein durch akribische Studien im Herbst 2008 und gewann den Marburger Unternehmer Reinhard Balzer für die Sanierung.  Ulrike Höhfeld  aus Gisselberg war für die Restauration verantwortlich. Sie ersetzte herausgebrochene Teile des Steines, nahm original erkennbare Markierungen auf und stellte sie mit frischer Farbe wieder her. Die Markierungen des Steines waren mit Teleskopen der Sternwarte immerhin bis auf eine Entfernung von knapp vier Kilometern sichtbar.

Zeugnis der Astronomie des 19. Jahrhunderts

Die Philipps-Universität und die Stadt Marburg verfügen nun über ein nahezu einmaliges Zeugnis der Astronomie des 19. Jahrhunderts. „Im Zeitalter von GPS sind exakte Justierungen kein Problem. Der Aufwand der Astronomen im 19. Jahrhundert war enorm. Alle Hochachtung vor der Präzision, die Gerling und seine Kollegen damals erreicht haben,“ begeistert sich Schrimpf. Das frisch restaurierte kulturhistorische Marburger Kleindenkmal soll der Bevölkerung nun zur anschaulichen Einführung in astronomische Zusammenhänge dienen. Die Marburger Astronomiegeschichte auch weiterhin lebendig zu erhalten, wird die Aufgabe eines Fördervereines werden.

Jetzt gibt es den Verschollenen wieder zu betrachten. Wer sich auf den Weg dorthin machen will, findet Orientierung mit einer Karte. Auf den Internetseiten von http://www.parallaxe-sternzeit.de gibt es überhaupt viel zu entdecken – und historisch wie astronomisch zu enthüllen.

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