Hörsaalgebäude Konjunktur für Kulturdenkmal
Marburg 20.8.2010 (yb) Mehr als 11 Millionen Euro investiert die Uni in das Hörsaalgebäude. Das Kulturdenkmal erfährt die längst überfällige technische Sanierung und eine energetische Modernisierung.
Warum das mehr als 11 Millionen Euro verschlingt, wo das Geld herkommt und wofür es ausgegeben wird, ist zu berichten.
Zudem wird zu darüber aufgeklärt, warum Studierende, Unileitung, Stadt Marburg und Land Hessen froh und zufrieden sein können, dass es zu der technischen Sanierung des Hörsaalgebäudes gekommen ist. Mit Blick auf die hochschulpolitische Entwicklung in Hessen verbirgt sich darin ein seltener Vierklang in der nördlicheren Universitätsstadt an der Lahn. Als harmonischer Vierklang wird dies von Akteuren Beteiligten und Nutzern bisher nur wenig gesehen und interpretiert.
Anstelle von Archimedes wirkt John Meynard Keynes
Dies liegt nicht zuletzt daran, dass die Sanierung des Hörsaalgebäudes außerplanmässig zustande kommt. Die nunmehr begonnenen Bauarbeiten sind nicht das Ergebnis dezidierter Hochschulförderung aus dem HEUREKA-Programm. Marburg erhält aus dem Hessischen Hochschulförderprogramm Mittel in beträchtlicher Höhe. 440 Millionen Euro sind vom Land Hessen zugesagt. Die Bezeichnung HEUREKA leitet sich ab von dem genau dieses Wort ausrufenden Griechen Archimedes, nachdem dieser eine wichtige Entdeckung gemacht hatte. Übersetzt heißt Heureka „ich hab´s gefunden“.
Der Zustand des Hörsaalgebäudes war schlichtweg runtergekommen, vor allem in technischer Hinsicht. Wie Eckhard Diehl vom Dezernat Gebäudemangement und Technik erläutert, ist die komplette Haus- und Klimatechnik in dem 1962 bezogenen Bauwerk völlig veraltet. Das Gebäude ist als Kulturdenkmal von höchstem Denkmalwert. Dies gelte jedoch keinesfalls für die eingebaute Technik. Zudem fehle eine Isolierung der Außenhaut gegen Kälte und sommerliche Hitze mit der Folge enormer Heizungskosten im Winter und im Sommer hohen Kosten für Aufwendungen zur Kühlung der Innenräume.
Veraltet, keine Gebäudeisolierung, riesige Heizkosten – aber keine Sanierung
Trotz all dieser lange bekannten Umstände wurde über viele Jahre nichts unternommen.
- Zentrale Lage
- Kapazität für 3.000 Nutzer gleichzeitig
- hohe Unterhaltungskosten
- grenzwertige Raumbedingungen für Nutzer
All das reichte nicht, um dem Hörsaalgebäude überfällige Sanierung zuteil werden zu lassen. HEUREKA-Mittel wurden dafür nicht vorgesehen. Frühestens in 2012 stand das Abbild moderner Architektur in Marburgs Mitte auf der Agenda für technische Sanierung, beantwortete Eckhard Diehl die diesbezügliche Frage.
Es bedurfte also der Wirtschaftskrise und der zur konjunkturellen Gegensteuerung aufgelegten Konjunkturprogramme, um die benötigten Millionen loszueisen. 34 Millionen fließen davon nach Marburg und, wie nunmehr ermittelt, 11,3 Millionen werden für das Hörsaalgebäude aufgewendet. „Heureka“ soll der Grieche Archimedes ausgerufen haben. 440 Millionen aus dem HEUREKA-Progamm finden Verwendung für Naturwissenschaften und den Campus Firmanei mit neuer Universitätsbibliothek.
Nicht Bildungspolitik und deren Finanzierung besorgen Sanierungsmillionen
Erst drohender gesamtwirtschaftlicher Kollaps und konjunkturelles antizyklisches Gegensteuern angelehnt der Theorie des britischen Ökonomen J.M. Keynes erbrachten die notwendigen Millionen für Marburg. Jetzt sind diese verplant und werden verbaut. Profitieren werden Studierende und Lehrende als Nutzer ebenso wie der Unihaushalt mit wesentlich sinkenden Energiekosten. Entlastet wird das HEUREKA-Programm, dessen Mittel insgesamt nicht ausreichen werden. Konjunkturpolitisch gefördert, zugleich zu 75 Prozent entlastet, wird das Hessische Hochschulbudjet. Denn 75 Prozent der Konjunkturmittel finanziert Berlin. Hessen leistet lediglich 25 Prozent Gegenfinanzierung.
Das Hörsaalgebäude wird zudem deutlich früher saniert. Die knappen HEUREKA-Millionen bleiben für andere notwendige Maßnahmen.
So gesehen könnten Studierende, Lehrende, Univerwaltung und Wiesbadener Bildungspolitiker sich an die Hand nehmen, wie dereinst Archimedes durch die Stadt ziehen und Heureka skandieren.
11,3 Millionen stehen bereit, lange vor der Zeit, die Univerwaltung selbst gesetzt hatte. Der Baubeginn ist bereits erfolgt. Fertigstellung wird im Oktober 2011 sein. Bis dahin müssen die Konjunkturfördermittel ausgegeben sein.
So gesehen beschert die Wirtschaftskrise der Marburger Uni eine Win-Win-Situation, die womöglich sogar die jüngsten Kürzungen der Landesregierung in Millionenhöhe ein Stück quantitativ und qualitiativ kompensiert. Es winken deutlich niedrigere Energiekosten. Dies ist ein Faktor, der immer als Marburger Sonderbelastung genannt wurde und jetzt zumindest an wirksamer Stelle nachhaltig angegangen werden kann. Die Konjunkturkrise beschert dem Kulturdenkmal Hörsaalgebäude Sondermittel und überwindet den dieserorts von der Philipps-Universität selbst gesetzten Sanierungsstau.
Schadstoffsanierung mit Abbruch der Unterdecken August bis Oktober 2010
Neubau Dachtechnikzentrale und Dachsanierung September 2010 bis Juni 2011
Montage haustechnischer Installationen Oktober 2010 bis August 2011
Neubau Fassade Februar bis September 2011
Montage der abgehängten Decken Juli bis Oktober 2011
Gesamtkosten 11.321.000 Euro
—> Es folgt ein Bericht zu den technischen Massnahmen der Gebäudesanierung mit Fakten, Zahlen und Hintergrundinformation. Außerdem gibt es Antworten auf die Frage, warum das Hörsaalgebäude trotz energetischer Sanierung ohne Anlagen zur Nutzung der Sonnenenergie (Solarthermie, Photovoltaik) bleiben wird.