Museum Schloss Biedenkopf zeigt Stereoskop
Marburg 30.8.2010 (pm/red) Stereoskop meint eine Art dreidimensionaler Brille. Esin solches Stereoskop ist das Exponat des Monats September im Hinterlandmuseum Schloss Biedenkopf. Das betagte Ausstellungsstück stammt aus den Anfangsjahren des 20. Jahrhunderts. Das Gerät dient der räumlichen, also dreidimensionalen Betrachtung von Bildern. Zu dem gezeigten Stereoskop gehören 96 Karten mit Personenbildern und Landschaftsmotiven aus dem In- und Ausland. Die Karten zeigen Fotografien von Städten und Landschaften aus Deutschland, der Schweiz, Italien, Griechenland und Norwegen. Außerdem gibt es Motive aus Übersee.
Das Stereoskop mit den Bildkarten wurde von Irmgard Widdra-Spieß dem Hinterlandmuseum gestiftet. Die Exponate stammen aus dem Besitz ihres Großvaters Karl Spieß (gestorben 1921). Karl Spieß war Pfarrer in Bottenhorn und Hatzfeld. Er hat sich durch seine Arbeit große Verdienste um die Regionalgeschichte mit zahlreichen Veröffentlichungen erworben. Er war unter anderem Schriftleiter der Hinterländer Geschichtsblätter und Mitbegründer des Geschichtsvereines und des Museums. Zudem dokumentierte er das Hinterland fotografisch.
Das Stereoskop besteht aus einem schmalen, dunkel lasierten Sperrholzbrett, auf das im rechten Winkel eine Brillenkonstruktion gesetzt wurde. Seitlich einfallendes Licht wird durch eine Schutzvorrichtung abgeschirmt. Vor der Brillenkonstruktion brachte man eine Trennwand zwischen den Gläsern an. Unabhängig von der Brille wurde ein Haltebrettchen für Stereoskopkarten gefertigt, das sich locker über dem länglichen Sperrholzbrett bewegen lässt. Mittels eines Messinggriffes lässt sich der Abstand zum Bild individuell einstellen.
Charles Wheatstone hat das Stereoskop erfunden
Mit dem Problem des räumlichen Sehens von Bildwerken beschäftigte sich der englische Physiker Sir Charles Wheatstone in den 1830er Jahren. Im Jahre 1838 veröffentlichte er seine Forschungsergebnisse über ein Betrachtungsgerät, das er Stereoskop nannte. Über eine Spiegelkonstruktion konnte man bei seinem Aufbau stereoskopische Bilder betrachten.
Sir David Brewster, ebenfalls Engländer, entwickelte im Jahre 1849 einen Apparat, bei dem man durch zwei Linsen auf zwei gegenüberliegende Fotografien schaute. Jedes Auge sah dabei nur ein Bild. Relativ preisgünstig wurde der Apparat zusammen mit einer kleinen Serie von Landschafts- und Städteaufnahmen, mit Blumenserien und Skulpturen angeboten. Eine Präsentation auf der Weltausstellung im Jahre 1851 in London förderten Nachfrage und Weiterentwicklung stereoskopischer Betrachtungsgeräte aber auch von Kameras, welche die Aufnahme stereoskopischer Bildpaare ermöglichten.
Der amerikanische Autor Oliver Wendell Holmes konstruierte 1861 einen Betrachter, der die Augen gegen Fremdlicht abschirmte. Der Abstand zum Bild konnte individuell über eine bewegliche Haltevorrichtung eingestellt werden. Dieses Stereoskop wurde zum Standard bei der Betrachtung stereoskopischer Aufnahmen.
Mit Stereoskopkarten, auf denen Motive aus dem In- und Ausland abgebildet waren, stillte man Wissensdurst und Fernweh mittels realistischer Aufnahmen. Wegen der großen Beliebtheit des Gerätes kamen Kartenserien und Betrachter in zahlreichen Variationen auf den Markt. Um 1900 besaßen viele Haushalte ein Stereoskop mit den dazugehörigen Karten.
Die Öffnungszeiten des Hinterlandmuseums gehen vom 1. April bis 15. November dienstags bis sonntags 10 bis 18 Uhr.