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Parallaxe und Sternzeit als Verein gegründet

Vereinsgründer Michael Gritz, links, 2. Vorsitzender, PD Andreas Schrimpf, Vorsitzender und Claudio Krentel, Kassierer, vor historischer Gerling-Sternwarte am Renthof

Vereinsgründer Michael Gritz, links, 2. Vorsitzender, PD Andreas Schrimpf, Vorsitzender und Claudio Krentel, Kassierer, vor historischer Gerling-Sternwarte am Renthof

Marburg 10.9.2010 (pm/red) Per aspera ad astra – mit den Steinen zu den Sternen. Unter diesem Motto sind am 6. September 2010 am Frauenberg im elf begeisterte Privatpersonen zusammengetroffen. Sie sind Mitglieder der Philipps-Universität, des Magistrats der Stadt Marburg und der Volkssternwarte Marburg. Ihr Ansinnen war Gründung des Vereins „Parallaxe und Sternzeit“. Mitgliedschaft und Mitarbeit haben auch Mitarbeiter des Amtes für Bodenmanagement und der Abteilung des Ministeriums in Wiesbaden zugesagt. Anlass war die Enthüllung des sanierten Meridiansteins der Gerling-Sternwarte der Universität Mitte August.
Zweck des Vereins soll sein, die astronomische Allgemeinbildung der Bevölkerung durch die Errichtung von öffentlich zugänglichen astronomischen und geodätischen Beobachtungs- und Informationsstätten in und um Marburg zu fördern. Dazu soll das Erbe von Christian Ludwig Gerling, der von 1817 bis 1864 als Astronom und Geodät in Marburg wirkte, bewahrt werden.

Förderverein „Parallaxe und Sternzeit“

Die Ziele des Vereins sollen durch die Errichtung eines astronomisch-geodätischen Lehrpfades aus Informationstafeln und Exponaten am Frauenberg und am Meridianstein verwirklicht werden. Eine erste Tafel am Meridianstein ist bereits in Fertigung. Für den Frauenberg ist ein Exponat zur Erklärung der „Sternzeit“ in Planung. An weiteren Stationen könnten etwa die „Sonnenzeit“, eine Dreiecksmessung (Parallaxemessung), die Bestimmung des geographischen Ortes und die Erdkrümmung verdeutlicht werden.

Grundlage für die präzise Vermessung der Sterne ist die Kenntnis der Sternbilder, die Orientierung am Sternenhimmel. Dazu soll das Planetarium der Universität mit erweiterter Technik ausgestattet werden. Zukünftig wird es in den neuen Räumen des Chemikums in der Bahnhofstraße untergebracht. Der Verein unterstützt den Ausbau der Projektoren des Planetariums.
Zudem möchte der Verein Veranstaltungen zur Astronomie und Geodäsie organisieren, wie Angebote im Rahmen des Schülerferienprogramms und der Volkshochschule. Der Verein ist hat eigene Webseiten, wo es weitere Informationen gibt.

Hintergrundinformationen

Christian Ludwig Gerling, Schüler des Mathematikers und Astronomen Carl Friedrich Gauß, wirke von 1817 bis 1864 in Marburg als Geodät und Astronom.
Bekannt ist er für die Organisation und Auswertung der Kurhessischen Triangulierung. Diese Landvermessung führte er von 1823 bis 1837 im Auftrag des Kurfürsten durch. Gerlings Wirken hinterließ deutliche Spuren in Marburg und Umgebung.
Etwas weniger bekannt ist die von ihm initiierte und vom amerikanischen Kongress finanzierte Expedition in die südliche Hemisphäre von 1849 bis 1852. Aufgabe war die Vermessung des Abstands Erde zur Sonne.

Die Vermessungssteine der Kurhessischen Triangulierung

Der Auftrag des Kurfürsten war die Vermessung Kurhessens und die Anbindung an angrenzende Landesvermessungen. Gerling nutze Berghöhen, Kirchtürme und eigene errichtete Signaltürme zum Anpeilen. Insgesamt 24 Haupt- und 17 Zwischenpunkte sind belegt. Die Amöneburg, der Dünsberg und Hasserod sind die nächstgelegenen Hauptpunkte. Der Meteorologische Turm am Schlossberg, die Wehrshäuser Höhe und der Frauenberg sind nächste Zwischenpunkte. Zum präzisen Aufstellen der Messgeräte ließ er feste, stabile Steinpfosten eingraben. Der berühmteste dieser Steine befindet sich am Frauenberg, wo Gerling 1837 eine bahnbrechende astronomische Längendifferenzbestimmung von Göttingen-Marburg-Mannheim durchführte.

Der Meridianstein an seinem alten und neuen Standort (Foto Andreas Schrimpf)

Die Gerling-Sternwarte der Universität

Die Sternwarte am Renthof 6 ist Teil des alten Dörnberger Hofes, den Gerling 1838 als Institutsgebäude erhielt. 1841 nahm er das Gebäude und die neu eingerichtete Sternwarte in Betrieb. Seine hauptsächlichen Instrumente waren ein Passageinstrument der Firma Ertel & Sohn mit etwa 60 cm Brennweite. Er und seine Mitarbeiter nutzten es für präzise Sternpositionsmessungen. Gerling beschäftigte sich sein Leben lang mit der Verbesserung der astronomischen Zeit- und Positionsbestimmung.  Damit trug er zur Erhöhung der Präzision der Sternenkataloge bei.

In Zusammenhang mit den Präzisionsmessungen an der Sternwarte errichtete Gerling Peilsteine zur genauen Justierung des Teleskops. Der nördliche  Meriadianstein befindet sich von der Sternwarte exakt im Norden in Wehrda in einem Wäldchen in der Nähe der Kupferschmiede. Der Stein wurde 1842 aufgestellt und 2010 saniert.
Der Oststein befindet sich exakt im Osten in 1,22617 km Entfernung von der Sternwarte am Ortenberg, in der Nähe des Aufstiegs zum Spiegelslustturm. Der Stein wurde 1863 errichtet. Er ist noch original erhalten! Der gleichzeitig mit dem Oststein errichtete Weststein befand sich im Westen der Sternwarte in 1,43132 km Entfernung in Marbach. Er wurde wohl im Zuge der dortigen Bebauung entfernt und ist verschollen.

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