Mehrheit der Thüringer gegen Laufzeitverlängerung von Atomkraftwerken
Ilmenau, Marburg 27.9.2010 (pm/red) Das Energiekonzept der Bundesregierung stößt in Thüringen auf Ablehnung. In der aktuellen Debatte um die Verlängerung der Laufzeit der Atomkraftwerke haben sich die Thüringer entschieden. In einer vom Institut für Medien und Kommunikationswissenschaft der Technischen Universität Ilmenau durchgeführten repräsentativen Befragung sprachen sich 57 Prozent gegen eine Laufzeitverlängerung aus. Weitgehend einig waren sich die Befragten, dass hinter der geplanten Verlängerung insbesondere die Interessen der großen Energiekonzerne stehen. Nur 12 Prozent der Befragten waren nicht dieser Ansicht.
Risiko wird als zu hoch bewertet
Die Frage, wer von der Verlängerung profitiert, ist aber nicht das zentrale Argument, das Gegner und Befürworter unterscheidet. Es sind vielmehr die wahrgenommenen Risiken, die mit der Atomkraft in Verbindung gebracht werden: 75 Prozent derjenigen, die das Risiko der Nutzung für zu hoch halten, sind gegen eine Verlängerung. Bei denjenigen, die das Risiko für überschaubar halten, ist das Verhältnis genau andersherum: Dort sind 77 Prozent für eine Verlängerung der Laufzeiten. Als besonders problematisch bewerten die Bürger die ungelöste Frage der Endlagerung von Atommülll. 85 Prozent halten eine Verlängerung der Laufzeiten für verantwortungslos, solange diese Frage nicht geklärt ist.
Sorge um Versorgungssicherheit spielt eine Rolle
In der aktuellen politischen Debatte wird von den Befürwortern argumentiert, dass die Atomkraft als Brückentechnologie benötigt wird, um die Energieversorgung sicherzustellen, bis die erneuerbaren Energien genügend ausgebaut sind. Die Angst vor unzureichender Versorgung mit Energie ist zentrale Ursache, warum sich Bürger für eine Verlängerung der Laufzeiten aussprechen. Von denen, die glauben, ohne Atomkraft könne die Versorgung nicht sichergestellt werden, sind 66 Prozent für eine Verlängerung. Von denen, die der Ansicht sind, auch ohne Atomkraft könne genügend Energie bereitgestellt werden, sind hingegen nur 20 Prozent für eine Laufzeitverlängerung. Die Erwartung, dass erneuerbare Energien in der Zukunft in der Lage seien werden die Atomkraft vollständig zu ersetzen, ist ein wichtiges Argument gegen die Laufzeitverlängerung. Bürger, die davon überzeugt sind, dass die erneuerbaren Energien die Atomkraft ersetzen können, sind zu 69 Prozent gegen eine Laufzeitverlängerung. Bei denen, die daran zweifeln, gibt es hingegen eine Mehrheit von 59 Prozent für eine Verlängerung.
Umweltverträglichkeit wichtigstes energiepolitisches Ziel
Dass Angst der Bürger vor hohen Energiepreisen und Versorgungsengpässen von Bedeutung für die Unterstützung der Verlängerungspläne der Bundesregierung ist, zeigt sich an den energiepolitischen Präferenzen der Bürger. Für die meisten Bürger (58 Prozent) ist zwar Umweltverträglichkeit das wichtigste energiepolitische Ziel. Doch bei denen, die Versorgungsicherheit und Wirtschaftlichkeit für wichtiger halten, stoßen die Pläne der Bundesregierung auf größere Zustimmung. 54 Prozent der Befragten, denen günstige Strompreise am wichtigsten sind, und 50 Prozent derjenigen, bei denen die sichere Versorgung an erster Stelle steht, sind für eine Laufzeitverlängerung. Die Personen, die Umweltverträglichkeit als wichtigstes Ziel bezeichnen, sind hingegen klar gegen die Verlängerung (66 Prozent). Das Argument von der klimafreundlichen Atomenergie scheint bei den meisten Befragten nicht zu wirken.