Impulse für die Universitätshistoriografie
Marburg 17.11.2010 (pm/red) Vom 11. bis 13. November 2010 ist in Marburg das Thema „Universitätsgeschichte“ als dynamisches und perspektivenreiches Forschungsgebiet auf einer Tagung präsentiert worden, zu der der Arbeitskreis Universitätsgeschichte des Fachbereichs Geschichte und Kulturwissenschaften eingeladen hatte. Ganz ohne Anlass bevorstehenden Jubiläums widmete sich die Tagung unter Teilnahme international renommierter WissenschaftlerInnen den Perspektiven einer modernen Universitätsgeschichte. Es ging nicht alleine um die Geschichte der Marburger Universität, „wenngleich man zweifellos am Beispiel der Marburger Universität allgemeine universitätshistorische Themen und Fragen untersuchen könnte“, wie Professor Eckart Conze, Sprecher des universitätshistorischen Arbeitskreises betonte.
Professor Rüdiger vom Bruch aus Berlin, führender deutscher Universitäts- und Wissenschaftshistoriker, eröffnete die Tagung und hob die „Trias von Verfassungsgestalt, Sozialgestalt und Ideengestalt der Universität“ als Kernaufgabe moderner universitätshistorischen Forschung hervor. Positiv bewertete er die zu beobachtende Professionalisierung der Universitätsgeschichte in Verbindung mit einer Annäherung von Universitätsgeschichte und allgemeiner Geschichte, die er im Tagungsprogramm widergespiegelt sah: „Ihre Tagung setzt wichtige Themen auf die Agenda, sie wird Impuls gebend wirken.“
Dynamisch statt provinziell
In den Sektionen „Universitätsverfassung, -verwaltung und -finanzierung“, „akademische Migration“, „Vernetzung und Internationalität“, „Universitätskultur“ sowie „Universität und Gesellschaft“ entwickelten die Referenten Thesen und berichteten aus laufenden Forschungsprojekten. Der Bogen reichte dabei von der frühen Neuzeit bis an die Schwelle der Gegenwart. Immer wieder wurden dabei traditionelle Zäsurensetzungen in Frage gestellt und relativiert. Nicht zuletzt der Problemkomplex Universitätsreform rückte in von Vorträgen in die Betrachtung.
Historiker fordern stärkere Verknüpfung mit allgemeiner Geschichte
Eine Podiumsdiskussion mit Prof. Willem Frijhoff, Amsterdam, Dr. Notker Hammerstein, Frankfurt am Main und Dr. Ulrich Sieg, Marburg, teilnahmen, bündelte Ergebnisse der Tagung. Während Frijhoff für eine stärkere Internationalisierung der universitätshistorischen Forschung plädierte, verwies Hammerstein auf die Besonderheiten der deutschen Entwicklung, die in einer internationalen Perspektive nicht untergehen dürften. Sieg kritisierte die deutsche Universitätsgeschichte als zu provinziell und mahnte eine noch stärkere Verknüpfung mit der allgemeinen Geschichte an. Die Marburger Tagung hatte sich diese Verknüpfung geradezu programmatisch zu Eigen gemacht. „Nur deshalb war sie in der Lage, Akzente zu setzen, die weit über Marburg hinaus in der universitätsgeschichtlichen Landschaft wahrgenommen werden dürften“, erklärt Veranstalter Conze. Es sei ein hoher Anspruch entwickelt worden: „Auch für den Marburger Arbeitskreis Universitätsgeschichte und seine Aktivitäten in den kommenden Jahren liegt die Messlatte sehr hoch.“