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Grüne nominieren Kahle einstimmig als OB-Kandidaten

Eine Betrachtung zum Vorwahlgeschehen in Marburg

von Hartwig Bambey

Marburg 12.12.2010 Bekannt geworden war es längst und letztlich hat auch die einstimmige Nominierung von Bürgermeister Franz Kahle durch die Marburger Grünen keinesfalls überrascht (das Marburger hat berichtet).

Dann mag es manch Einen eher überrascht haben, dass die Marburger Bürgerliste Reinhold Becker als OB-Kandidaten nominieren will, wie vorab bereits gemeldet wurde. Doch hier soll es um die Grünen gehen, freilich nicht ohne die anderen Parteien zu bedenken.

Dass die Marburger Ökopartei, in Regierungsverantwortung mit der SPD handelnd, das Datum einer Oberbürger-meisterwahl nicht verstreichen lassen will und kann, ohne selbst einen Kandidaten mit in das Rennen zu schicken, ist plausibel. Nicht einmal die beiden kleineren Parteien oder die Bürgerliste lassen diese Chance zur Profilierung und Teilhabe im diesbezüglichen Wahlkampfgeschehen aus.

Eine solch große Sympathie für den erneut kandidierenden Egon Vaupel von der SPD werden und müssen die Grünen nicht hegen, um sich selbst dergestalt zurück zu halten. Das brächte sie in eine taktisch und strategisch nachteilige Position.

Stategisch, taktisch und personenbezogen

Strategisch oder langfristig wäre dies nachteilig deswegen, weil es längst andere (Universitäts-)Städte wie Freiburg oder Tübingen gibt, wo ein Grüner Oberbürgermeister geworden ist. Dies für Marburg als nicht möglich zu betrachten, wäre letztlich weltfremd.

Das taktische Moment liegt, wie schon erwähnt, im Wahlkampfgeschehen. OB-Kandidaten werden vorgestellt, werden eingeladen, können Interviews geben und ihre (Partei-)Positionen äußern und zu popularisieren trachten. Das sind allemal hinreichende Motive.

Doch für die Marburger Grünen mag ein Drittes hinzu kommen. Sie sehen sich oder wähnen sich ihres Koalitiospartner SPD nicht sicher. Da gab es die gravierende Panne mit der Ablehung der Windkraftanlage auf den Lahnbergen durch den Koalitionspartner SPD. Das hat geschmerzt und Grenzen aufgezeigt. In anderem weniger gravierendem Thema, dem Ansinnen einer Prüfung einer Seilbahnverbindung hinauf auf die Lahnberge, gab es ebenfalls eine „große Koalition“ im Abstimmungsverhalten von SPD mit der CDU gegen die Marburger Grünen.

Das geht nicht vergessen und es wäre zudem politisch naiv, dies allein als „kurzfristige Panne“ seitens der Grünen zu verbuchen. So gibt es in deren Reihen Mitlgieder und Mandatsträger, die ein „Fremdgehen“ der Marburger Sozialdemokraten für nicht denkunmöglich halten. Umgekehrt gibt es zumindest aus der Partei oder seitens der SPD-Stadtverordneten keine vernehmbaren Signale, gar Äußerungen, dass man in jedem Fall weiter machen will mit Rot-Grün.

Kann Rot-Grün umschlagen in Grün-Rot?

Rot-Grün – das Problem liegt oder könnte liegen in der Reihenfolge. Derzeit ist die SPD stärkere Fraktion. Doch was, wenn nach dem 27. März 2011 die Grünen die stärkere Fraktion per Wählervotum geworden ist. Von Grün-Rot hat man bisher in Marburg oder dem Rest der Republik wenig oder gar nichts gehört. Dann würde die SPD womöglich Rot-Scwarz bevorzugen. Zumal sich in solcher Konstellation das ’sozialdemokratische Moment‘ deutlicher herausarbeiten ließe. So ungefähr die Gedanken in manchen Köpfen von Marburger Grünen.

Den Fraktionsvorsitzenden der Grünen, Dietmar Göttling, mag dies bewegt haben, als er in seiner Begründung für die Kandidatur von Franz Kahle selbstbewußt und fordernd sagte, dass „die Grünen zu stärksten politschen Kraft in Marburg werden. So stark, dass keine Regierung gegen die Grünen möglich ist.“ Das sind klare Worte, wohinter sich durchaus keine Kraftmeierei verbirgt. Den Grünen fehlt es weder an Willen und  Inhalten noch an Personen, um zukünftig die Politik in Marburg maßgeblich zu gestalten. Doch davor kommt zunächst einmal des Wählers Votum am 27. März 2011.

Oberbürgermeister wird eine Person nicht eine Partei

Amtsinhaber Egon Vaupel hat sich nicht schwer getan mit der Aussage, dass er Rot-Grün im Marburger Rathaus und Stadtparlament gerne fortsetzen möchte. Doch sagte auch Vaupel Rot-Grün – und meinte wohl kaum Grün-Rot. Nunmehr hat der erfahrene und beliebte Inhaber des Chefsessels im Rathaus gegen fünf Konkurrenten anzutreten. Das macht einen Kantersieg im ersten Wahlgang nicht gerade wahrscheinlicher.

Überhaupt, kommt es immer darauf an. Nicht alleine Personen entscheiden. Mitunter kommt es zugleich auf Konstellationen an. Ob diese derzeit vollständig überblickt werden können, erscheint zweifelhaft.

Am Ende wird es zu einer Frage von erst noch zu denkenden veränderten Konstellationen, wenn die Grünen in Marburg zur stärksten parteipolitischen Kraft geworden sind. Mancher Sieg hat sich später dann als Pyrrhus-Sieg erwiesen. Nach den ‚Iden des März‘ in 2011 wird es sich zeigen.

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