Ausländer tragen die Kosten der Migration
Nürnberg, Marburg 27.12.2010 (pm/red) Migration und Integration sind Stichworte aktueller und kontrovers geführter Debatten. Dabei fehlt es oft an Wissen und Kenntnis von Zusammenhängen. Wirtschaftliche Betrachtungen bleiben oft ganz außen vor. Eine neue Studie des Instituts der Bundesagentur für Arbeit bringt hier einiges Licht in dunkle Bereiche, die allzu gerne spekulativ in Diskussionen verzeichnet werden. Auf längere Sicht gewinnen nämlich die einheimischen Arbeitskräfte durch Zuwanderung, geht aus dieser Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) hervor. Die Verlierer seien dagegen die bereits im Land lebenden Ausländer. Deren Löhne sinken und die Arbeitslosigkeitsrisiken nehmen für sie zu, ist Befund der Untersuchung. Simulationen des IAB auf Grundlage eines neu entwickelten Schätzmodells zeigen.
Gewinner ist die einheimische Bevölkerung
Bei einer Nettozuwanderung von insgesamt rund 450.000 Erwerbspersonen wäre der Lohnrückgang für die einheimische Bevölkerung mit 0,1 Prozent nur sehr gering. Auch der Anstieg der Arbeitslosenquote um 0,1 Prozentpunkte wäre moderat. Langfristig würden die Löhne der einheimischen Bevölkerung sogar um 0,1 Prozent steigen und die Arbeitslosenquote um 0,06 Prozent sinken. Die bereits in Deutschland lebenden Ausländer verlieren dagegen durch die Zuwanderung. Ihre Arbeitslosenquote würde den Simulationsrechnungen zufolge langfristig um 1,2 Prozentpunkte steigen und ihre Löhne würden um 1,1 Prozent fallen.
Neuzuwanderer konkurrieren mit hier lebenden Ausländern um Arbeitsplätze
Ursache dafür sei, dass die Neuzuwanderer stärker mit den bereits in Deutschland lebenden Ausländern als mit den einheimischen Arbeitskräften konkurrieren. Dadurch fallen die Verdrängungseffekte für Ausländer auch sehr viel stärker als für Einheimische aus. „Die Ausländer tragen damit die Kosten der Migration“, schreiben die IAB-Arbeitsmarktforscher Herbert Brücker und Elke Jahn in ihrer Studie.
Zuwanderung bringt gesamtwirtschaftlichen Gewinn
Gesamtwirtschaftlich betrachtet profitiere Deutschland von Zuwanderung. Die Bilanz falle umso günstiger aus, je höher die Qualifikation der Zuwanderer sei und je besser die Zuwanderer in den Arbeitsmarkt integriert seien. Brücker und Jahn empfehlen daher die verbesserte Anerkennung von ausländischen Abschlüssen, den Abbau von Diskriminierungen am Arbeitsmarkt und die verstärkte Förderung der Sprachkompetenz von Migranten.
Zu den Begriffen „Ausländer“ und „Einheimische“
Um die Arbeitsmarktwirkung von Migration umfassend zu analysieren, werden Ausländer in dieser Studie weiter definiert als sonst üblich. Dazu zählen ausländische Staatsbürger, in Deutschland eingebürgerte Ausländer sowie Spätaussiedler. Als Einheimische gelten entsprechend alle anderen Personen.
Einheimische haben von Zuwanderung profitiert
„In der Vergangenheit haben die einheimischen Erwerbspersonen von der Zuwanderung profitiert“, beginnt das Fazit dieser Studie. Die Studie wird hier weiter wörtlich wiedergegeben. „Ihre Löhne sind gestiegen und die Arbeitslosigkeit ging zurück. Hingegen hat die bereits im Land lebende ausländische Bevölkerung deutlich verloren. Anders als in der Öffentlichkeit häufig vermutet wird, sind die gesamtwirtschaftlichen Wirkungen jedoch nahezu neutral. Dies liegt vor allem daran, dass sich der Kapitalstock an das gestiegene Arbeitskräfteangebot anpasst. Das kann möglicherweise darauf zurückgeführt werden, dass die Unternehmen bei ihren Investitionsentscheidungen schon Erwartungen über den Umfang des Arbeitsangebots bilden. Auch stehen Zuwanderer und einheimische Arbeitskräfte nur eingeschränkt im Wettbewerb um Arbeitsplätze, selbst wenn sie über die gleiche Ausbildung und Berufserfahrung verfügen.
Unsere Simulationsergebnisse zeigen auch, dass die gesamtwirtschaftlichen Effekte der Zuwanderung umso günstiger sind, je höher das Qualifikationsniveau der Zuwanderer und je geringer ihre
Berufserfahrung ist. Zwar profitieren geringer qualifizierte einheimische Arbeitskräfte auch dann, wenn die Qualifikations- und Altersstruktur der ausländischen Bevölkerung in Deutschland unverändert bleibt. Allerdings ergeben sich erhebliche negative Wirkungen für die bereits im Land lebende ausländische Bevölkerung.
Die Ausländer tragen damit die Kosten der Migration. Wesentliche Ursache hierfür ist, dass Ausländer nur unvollkommen mit Einheimischen um die Arbeitsplätze konkurrieren. Hier gibt es Ansatzpunkte für eine konsequente Integrationspolitik. Dazu gehören die Erhöhung der Sprachkompetenz, der Abbau von Diskriminierungen am Arbeitsmarkt, aber vor allem die Anerkennung von beruflichen Abschlüssen.
Von letzterer Maßnahme würden insbesondere hoch qualifizierte Migranten profitieren. Je besser die Arbeitsmarktintegration, umso gleichmäßiger verteilen sich die Effekte der Migration auf Einheimische und Ausländer. Da Ausländer überproportional von Arbeitslosigkeit betroffen sind, könnte eine verbesserte Arbeitsmarktintegration sogar die gesamtwirtschaftliche Arbeitslosenquote noch weiter senken. Allerdings würden die einheimischen Arbeitskräfte dann etwas weniger stark profitieren und die ausländischen Arbeitskräfte könnten durch eine Zuwanderung von Hochqualifizierten unter Umständen sogar gewinnen.“
Die IAB-Studie kann aus dem Internet runter geladen werden.