Neustadt Standort des Hessischen Staatsarchiv Marburg
Grundbuch- und Personenstandsarchiv in neuem Archiv mit Benutzersaal
Marburg 30.12.2010 (yb) In Neustadt wird am 3. Januar 2011 in einem vormaligen Hallengebäude der Standortverwaltung der Bundeswehr nicht alleine die Konversion offiziell und nutzungsorientiert abgeschlossen sein. Zugleich wird die Kleinstadt an der nördlichen Grenze des Landkreises Marburg-Biedenkopf, die gerne und zu Recht auf den größten Fachwerk-Rundturm in Europa in ihrem historischen Baubestand verweist, ein neuer Behördenstandort. Eine Landkreisgrenze spielt dabei freilich keine Rolle. Die neue Behörde resp. Abteilung ist in ihrem Einzugs- und Aufgabengebiet auf das gesamte Bundesland Hessen bezogen und definiert. Damit erfährt Neustadt einschlägig einen Bedeutungszuwachs. Es bedarf keiner Prophetie um einzuschätzen, dass zukünftig mancher Forscher sich auf den Weg nach Neustadt machen wird, um vor Ort zu recherchieren, zu überprüfen und im weiten Feld der Genealogie Studien in Originalakten zu betreiben. Doch vorher, im Februar, ist erst einmal Ministerbesuch aus Wiesbaden angesagt. Staatsministerin Eva Kühne-Hörmann wird dann das Grundbuch- und Personenstandsarchiv Hessen höchst offiziell einweihen.
Neue Aufgaben für das Staatsarchiv und freie Regale im Archivgebäude am Marburger Friedrichsplatz
Von außen wirkt das hallenartige Gebäude in der Leipziger Straße in Neustadt unscheinbar. Bereits das Foyer offenbart ein gründlich modernisiertes Gebäude mit der Anmutung zwischen einer Schule und einer Verwaltung. Andreas Hedwig, leitender Archivdirektor des Hessischen Staatsarchivs Marburg, begrüßt und bittet in den nagelneuen Lesesaal, wo er zusammen mit den Archivrätinnen Katrin Marx-Jaskulski und Nicola Wurthmann zur Sache kommt. Es gehe hier in Neustandt nicht alleine um einen neuen Archivstandort. Den habe man hier gefunden, um- und ausgebaut und für die Bedürfnisse des Staatsarchives nutzungsgerecht ausgestattet.
Das alleine wäre hinreichender Grund für diesen Pressetermin, hatte doch das Marburger Staatsarchiv viele Jahre lang mit Raum- und Platzproblemen zu kämpfen und wusste nicht, wo der ständige Zustrom an Akten und Archivgut noch gelagert werden sollte. Diese Sorgen und Zeiten würden jetzt der Vergangenheit angehören, sagt Andreas Hedwig. Doch das wäre es nicht alleine, weshalb das Land Hessen hier in Neustadt einiges Geld in die Hand genommen habe und diese Dependance geschaffen habe.
Zentrale gesamthessische Archivaufgaben für Marburg/Neustadt geschaffen
Probleme mit sachgerechter Verwahrung und Lagerung von Akten und Unterlagen hatte nicht das alleine das Staatsarchiv Marburg. In so manchem Rathaus sind Regale in Kellern und auf Dachböden übergequollen. Von den klimatischen Bedingungen für altes Papier und Urkunden soll hier gar nicht berichtet werden. Nicht viel anders sah und sieht es in vielen Amtsgerichten aus, denen die Grundbuchämter zugeordnet sind. Diese verbreitete Problematik hat zur Überlegung geführt ein neues landesweites hessisches Archiv zu schaffen, wo zentral wichtige Akten gelagert und verwaltet werden können. Das Grundbuch- und Personenstandsarchiv in Neustadt ist also eine neue Einrichtung und zugleich neue Aufgabe für das Staatsarchiv in Marburg. In Hessen gibt es in Darmstadt und in Wiesbaden zwei weitere Staatsarchive. Das Staatsarchiv Marburg leistet damit Aufgaben einer Zentralverwaltung, besser eines Zentralarchives, wobei das Hauptstaatsarchiv für Hessen weiterhin in Wiesbaden arbeitet.
Grundbuch- und Personenstandsarchiv mit ganz verschiedenen Aufgaben
Die Grundbuchunterlagen und die abgeschlossenen Grundbücher aller hessischen Grundbuchämter werden also zukünftig in Neutstadt archiviert und administriert. Das bedeutet, dass bei Anfragen jeweils angefragte Unterlagen aus Neustadt an die anfragende staatliche Stelle, in der Regel ein Grundbuchamt, versendet werden. Es handelt sich hierbei also um einen staatlich-administrativen Aufgabenbereich, der unter Ausschluß der Öffentlichkeit und jenseits historischer Forschungen geleistet wird.
Ganz anders verhält es sich mit dem
Personenstandsarchiv. Dieses wurde in den
hessischen Teilstaaten nach Anschluß an Preußen 1866 konstituiert, ging aus kirchlichem Regiment in die Aufgabe und Kompetenz des Staates über. Im Personenstandsarchiv verbergen sich Geburtsbeurkundungen, Sterbebeurkundungen und andere personen- und familienbezogene amtliche Unterlagen. Diese sind neben amtlicher Bedeutung und allgemeiner Archivwürdigkeit von besonderem Interesse für alle familiengeschichtlich Forschenden, wie die Genealogen. Zukünftig ist und wird Neustadt also Fundstelle und Forschungsort für tätige Historiker, seien sie es vom Beruf oder seien es Hobbyforscher, die den Lebensweg von Vorfahren ergründen wollen.
Neustadt wird ein Ort für die Familienforschung
Gestützt auf die nicht gerade geringe Zahl von genealogisch und familiengeschichtlich Forschenden, die bisher im Staatsarchiv in Marburg unmittelbar angefragt oder vor Ort selbst recherchiert haben, wird der Neustädter Standort dieses Personenstandsarchives bald einen mehr oder weniger starken Zustrom von einschlägig Interessierten und Tätigen erfahren.
Für diesen Zweck gibt es im Personenstands-archiv einen eigenen kleinen Lesesaal, wo ohne weiteres acht Personen an geräumigen Tischen gleichzeitig Platz finden können und in den Akten, Urkunden und Konvoluten blättern, suchen und finden können. Auch moderne Hilfsmittel, bis hin zum Internetanschluss, werden dort geboten.
Demnächst wird die Wissenschaftsministerin Kühne-Hörmann die neue Archiveinrichtung einweihen. Wer will, kann freilich ab 3. Januar schon nach Neustadt fahren und loslegen. 14 laufende Regalkilometer sind dort schon belegt und eingeräumt. Der Benutzersaal ist am Mittwoch und Donnerstag von 9.00-16.00 Uhr sowie nach Vereinbarung geöffnet. Doch vorher empfiehlt sich eine Recherche auf den Webseiten des Staatsarchives. Es lohnt unbedingt dazu vorher einiges in Erfahrung zu bringen, auch wenn Neustadt mit seinem Junker-Hansen-Turm etwa 25 Kilometer nördlich von Marburg mit der Bahn gut zu erreichen ist.