Veruntreuung, Information, Spekulation und Berichterstattung
Marburg 20.1.2011 (yb) Am Mittwoch, 12. Januar, wurde um 15.00 Uhr über eine kurzfristig anberaumte Pressekonferenz erstmals die Öffentlichkeit über den den gravierenden Fall der Veruntreuung städtischer Gelder informiert. Der Marburger Oberbürgermeister gab viele grundständige Informationen weiter, nachdem vorher die Tatsache aufgedeckt, der betreffende Beamte suspendiert, die Staatsanwaltschaft eingeschaltet und die städtischen Bediensteten informiert worden waren. In diesem Online-Magazin gab es sehr schnell, am selben Tag faktengestützte Informationen aus erster Hand zu lesen. Eine schnelle Information war geboten und im Internet nun einmal ohne Verzug zu leisten.
Seitdem wird ermittellt, hat der Betreffende ein Geständnis abgelegt und das Thema wird von vielen Menschen mit berechtigtem Interesse verfolgt. So gab es eine Zahl weiterer gedruckter Meldungen, Berichte, Kommentare, Leserbrief und vieles mehr. Parteien haben Stellungsnahmen abgeben. Spekulationen schießen ins Kraut. Seitens der Stadt wurde bekannt gemacht, dass veruntreute Gelder zurückgeholt werden sollen. Das ist selbstverständlich. Es wird berichtet, dass aufgeklärt werden soll. Das ist selbstverständlich. Es wird über die Strukturen nachgedacht, mögliche Kontrollen und deren Veränderungen. Das alles ist ebenso selbstverständlich und Pflicht der dort handelnden Personen, wie es evident ist, dass dazu Akten, Unterlagen, auch Protokolle oder Computerdateien eingesehen werden müssen. Klar, weil längst mitgeteilt, ist auch, das dies von verschiedenen Zuständigen geleistet wird.
Strafrechtliche Ermittlungen führt die Staatsanwaltschaft und in deren Auftrag die Krimnalpolizei. Zivilrechtliches, Regreßorientiertes hat (Stadt-)Verwaltung zu leisten. Dazu kommen Überlegungen, Fragen und Möglichkeiten zukünftig veränderter organisatorischer Abläufe. Lenin war es, der gesagt hat, dass Vertrauen gut, Kontrolle aber besser sei. Und dass es eigentliche Kontrolle aus Gründen des Schutzes hoher Rechtsgüter, wie Datenschutz und Vertrauensschutz persönlicher, familiärer gesundheitlicher Informationen, nicht gegeben hat, ist von Anfang an bekannt gemacht worden.
So wird es in diesem Magazin keine Parteistellungnahmen dazu zu lesen geben. Diese haben das Recht und Pflicht sich damit zu beschäftigen, können selbstverständlich Meinungen dazu veröffentlichen – auch in Zeiten vor einer Kommunalwahl. Solche Verlautbarungen von Parteien oder anderen Gruppierungen, gar Einzelpersonen werden hier nicht veröffentlicht. Bekanntlich brauchen gründliche Ermittlungen ihre Zeit. Dabei ist es für die ermittelnden Personen kaum hilfreich, wenn öffentliche Spekulationen umgehen und medial forciert werden. Eine solche Spekulation ist die um die Schadenshöhe. Angeblich, so war zu lesen, habe der veruntreuende Beamte ein vollständiges Geständnis abgelegt. Wenn dem so wäre, hätten Ermittler auch Kenntnis von der Höhe des Betrages der veruntreuten Steuergelder. Haben sie aber nicht. Sonst brauchte nicht mehr ermittelt werden. Also ist es kein vollständiges Geständnis.
So ist das mit Nachrichten, Meldungen und Spekulationen. Wäre, hätte und sollte, meinte, glaubte, teilte mit. Zur Schadenshöhe findet sich 1,5 Millionen Euro als Zahl inzwischen veröffentlicht. Na und. Exakt diese Zahl teilte eine Person des öffentlichen Lebens dem Schreiber am Wochenanfang mit. „Das dürfen Sie aber nicht schreiben“ sagte der Gesprächspartner wohlweislich. So ist das mit dieser Zahl, wie mit anderen Gerüchten. Inzwischen kann sich jeder darauf berufen, die Zahl schwarz auf weiß gelesen, ja gesehen zu haben. Stimmt. Ist eine Tatsache. Sagt aber gar nuscht. Spekulation. Diese Art Spekulation ist ebensowenig seriös wie Finanzspekulationen seriös sein können. Erlaubt ist beides.
Wenn es substantiell Neues in dieser leidigen Angelegeheit gibt (und dies auf grundständigem Weg an die Redaktion gelangt), wird es veröffentlicht.