OB-Kandidaten in gemeinsamer Antwort: Ehemals Sicherungsverwahrte kein Thema für Wahlkampf
Marburg 12.2.2011 (pm/red) Von der Tannenberggemeinschaft ist ein offener Brief an die Kandidaten zur Wahl des Oberbürgermeisters veröffentlicht worden. Darin wird die Position der Kandidaten zur Frage des Umgangs mit Situation und Problematik eines ehemals Sicherungsverwahrten als derzeitiger Bewohner im Marburger Stadtteil Stadtwald erfragt. Inzwischen liegt der Redaktion eine Antwort vor. Fünf Oberbürgermeister-Kandidaten haben sich auf einen gemeinsamen Antwortbrief verständigt. Dessen Kernaussage besteht darin, dieses Thema nicht Teil des Wahlkampfes werden lassen zu wollen.
Der Antwortbrief an den Vorsitzenden der Tannenberggmeinschaft wird nachfolgend wörtlich wiedergegeben:
Marburg, 7. Februar 2011
Offener Brief an die Kandidaten zur
Oberbürgermeisterwahl der Universitätsstadt Marburg
Sehr geehrter Herr Nitsch,
vielen Dank für Ihr Schreiben vom 30. Januar 2011, dass Sie an die Kandidaten für die Oberbürgermeisterwahlen gerichtet haben.
Wir können einerseits nachvollziehen, dass Sie die Diskussionen im und um den Wahlkampf herum nutzen wollen, um das Thema zu erörtern. Andererseits stimmen wir, die Unterzeichner, darin überein, dass dieses Thema nicht in einen Wahlkampf gehört – schon gar nicht in einen Kommunalwahlkampf.
Haben Sie daher bitte Verständnis dafür, dass wir Ihnen diese gemeinsame Stellungnahme zukommen lassen.
Personen, die ihre Strafe verbüßt haben und aus der Haft entlassen werden, sind freie Menschen. Das trifft auch für ehemalige Sicherungsverwahrte zu. Zu den Rechten freier Menschen gehört das Recht der freien Wohnsitzwahl. Jede kommunale Verwaltung, jede Ordnungsbehörde, jede Polizeidienstelle und jede/r Oberbürgermeister/in hat dieses grundlegende Menschenrecht zu respektieren. Die von Ihnen aufgestellten Forderungen können daher von einem Oberbürgermeister nicht erfüllt werden.
Wir stellen damit keineswegs in Abrede, dass sich Bürgerinnen und Bürger im Stadtwald gefährdet fühlen. Unser aller Sorge ist daher darauf gerichtet und wird auch in Zukunft darauf gerichtet sein, durch städtisches Handeln und durch die Zusammenarbeit mit anderen Behörden und Institutionen alles das zu tun, was uns möglich ist, um eine größtmögliche Sicherheit zu gewährleisten. Die Einflussmöglichkeiten einer Kommune und eines Oberbürgermeisters sind im konkreten Fall aber äußerst begrenzt. Dies gilt unabhängig davon, wer zum Oberbürgermeister gewählt wird.
Mit freundlichen Grüßen
Jörg Behlen, Dr. Franz Kahle, Henning Köster, Wieland Stötzel, Egon Vaupel
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