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Wie Bienen lernen, welchen Düften es zu folgen lohnt

Honigbiene, die den Rüssel ausstreckt, um einen Tropfen Zuckerlösung von einer Pipette aufzusaugen. (Foto Martin Strube-Bloss)

Berlin, Marburg 1.3.2011 (wm/red) Wissenschaftler der Freien Universität und des Bernstein-Zentrums Berlin haben die Spuren des Duftgedächtnisses in einer bestimmten Region des Bienengehirns lokalisieren können. Wie erfolgreich Bienen bei der Nahrungssuche sind, hängt maßgeblich davon ab, wie gut sie nektarreiche Blüten schon von weitem anhand ihres Duftes erkennen und von weniger ertragreichen Blüten unterscheiden können. Die Forscher um Prof. Randolf Menzel, Neurobiologe am Fachbereich Biologie, Chemie und Pharmazie der Freien Universität, gingen der Frage nach, ob und wie sich die Biene den Zusammenhang zwischen Duft und Nektar einer Blüte merken kann. Die Forscher interessierte, ob sich diese Assoziation im Gehirn der Biene nachweisen lässt. Die Arbeiten wurden vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Rahmen der Projekte Bernstein-Zentrum Berlin und Bernstein-Fokus Lernen: Gedächtnis und Entscheidungsfindung finanziert.

Forschungsmethode mit schwärmenden Bienen

Honigbiene auf einer Löwenzahnblüte. (Foto Steffen Banhardt cc)

Die Forscher passten hierfür Nektar-Sammlerinnen beim Ausschwärmen aus ihrem Stock ab, fingen sie ein und ließen sie in ihrem Labor gewissermaßen die Schulbank drücken. Auf dem Stundenplan standen fünf verschiedene künstliche Duftstoffe. Nachdem alle fünf vorgestellt worden waren, wurde in einer Lernphase ein Duft nach jeder Präsentation mit einem Tropfen Zuckerlösung belohnt, während ein anderer unbelohnt blieb.

Diese Art der klassischen Konditionierung nach Pawlow basiert auf dem sogenannten Rüssel-Streckreflex. Dieser wird ausgelöst, wenn die Antennen der Insekten in Kontakt mit süßen Flüssigkeiten kommen. Die Bienen lernten schnell, beim belohnten Duft ihren Rüssel auszustrecken, um die Zuckerlösung aufzulecken, und zeigten diese Reaktion noch drei Stunden nach der Lernphase.

Reaktionen der Neuronen führen zum Ort des Langzeit-Duftgedächtnis

Um die neuronale Grundlage dieses Gedächtnis-Prozesses zu untersuchen, maß der Biologe Martin Strube-Bloss im Rahmen seiner Dissertation, die elektrischen Reaktionen von bestimmten Nervenzellen, nämlich den Ausgangsneuronen im Pilzkörper des Gehirns von Bienen, die bereits als Kandidaten für Lernprozesse im Raum standen. Das Ergebnis überraschte die Forscher. Während der Lernphase änderten sich die Aktivitäten in den untersuchten Neuronen nicht. Aber drei Stunden nach der Lernphase fand sich eine Veränderung. Mehr Neurone reagierten auf den mit Lohn verknüpften Reiz, und die Antworten auf diesen fielen stärker aus. Die Forscher hatten also tatsächlich eine Gedächtnisspur gefunden. Wegen der zeitlichen Verzögerung konnten sie sogar darauf schließen, dass diese nichts mit dem Lernprozess selbst oder mit dem Kurzzeitgedächtnis zu tun hatte, sondern dass sie offenbar den Ort des Langzeit-Duftgedächtnis identifiziert hatten.

Eine mathematische Analyse des Neuroinformatikers Martin Nawrot von der Freien Universität Berlin zeigte, dass die Gedächtnis-Spur im Pilzkörper sehr verlässlich ist. Schon 150 Millisekunden nach Präsentation eines Duftes konnten die Forscher aufgrund der Nervenzell-Aktivitäten sagen, ob es der mit zuckerbelohnte Duft war oder nicht. Die Biene könnte sich also getrost auf ihre Ausgangs-Neuronen des Pilzkörpers verlassen, um zu entscheiden, welcher Duft vielversprechend ist, oder – in freier Wildbahn – zu einer nektartragenden Blüte gehört und zu verfolgen lohnt.

Ergebnisse als Computermodell des Bienengehirns

Auf der Basis ihrer Ergebnisse erstellen die Forscher nun ein Computermodell des Bienengehirns, das virtuelle Düfte mit einer Belohnung assoziieren und auf der Basis des Erlernten Entscheidungen treffen können soll. Solche künstlichen Gehirne sollen dann in naher Zukunft in von Lebewesen inspirierten Robotern zum Einsatz kommen.

Hintergrundinformation Bernstein-Zentrum
Das Bernstein-Zentrum Berlin ist Teil des nationalen Bernstein Netzwerks Computational Neuroscience (NNCN). Das NNCN wurde vom BMBF mit dem Ziel gegründet, die Kapazitäten im Bereich der neuen Forschungsdisziplin Computational Neuroscience zu bündeln, zu vernetzen und weiterzuentwickeln. Das Netzwerk ist benannt nach dem deutschen Physiologen Julius Bernstein (1835-1917).

Originalveröffentlichung
Strube-Bloss MF*, Nawrot MP*, Menzel R (2011): Mushroom Body Output Neurons Encode Odor-Reward Associations, J. Neurosci. 31: 3129-3140, * equal contribution

 

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