Positionen – Wider das Gerichtesterben in Hessen
Marburg 8.3.2011 (red) Das Marburger. veröffentlicht eine Auseinandersetzung mit dem Thema Gerichtsterben in Hessen. Der Text beinhaltet zugleich einen Bericht von einer Informationsveranstaltung in Schlüchtern. Amtsrichter i.R. Hannes Kleinhenz engagiert sich für den Erhalt des Arbeitsgerichtes Marburg und im Bündnis gegen ein Gerichtesterben in Hessen.
Geplante Gerichtsschließungen und Standortverlagerungen in Hessen
Seit der ersten Jahreshälfte 2010 plant der Hessische Minister der Justiz, für Integration und Europa, Jörg-Uwe Hahn (FDP) die Schließung von 10 weiteren erstinstanzlichen sogenannten kleinen Gerichten. Es sind die fünf Arbeitsgerichte in Bad Hersfeld, Hanau, Marburg, Limburg und Wetzlar und fünf Amtsgerichte in Bad Arolsen, Nidda, Rotenburg a.d.Fulda, Schlüchtern und Usingen. In der Zeit von 1961 bis 2003 sind bereits insgesamt 25 Amtsgerichte (laut Hess.Rechnungshofbericht 2003) geschlossen worden. Seit 2004 sind bereits 9 Amtsgerichte geschlossen worden, nämlich Bad Vilbel, Bad Wildungen, Butzbach, Eltville, Hochheim, Homberg a.d. Efze, Witzenhausen und Wolfhagen. Die Amtsgerichte in Eltville, Hadamar, Herborn, Hofgeismar und Lauterbach blieben als Zweigstellen anderer Gerichte erhalten.
Die Begründung des Justizministers waren damals wie heute gleichlautend:
- mangelnde wirtschaftliche Effizienz kleiner Gerichte auf Grund von Rechnungshofberichten
- generelle Personal- und Sachkosteneinsparungen
- Einsparen von Mieten für Gerichtsgebäude
- Gute Verwertungsmöglichkeiten leer werdender Gebäude auf Grund von Einschätzungen des landeseigenen Spezialisten des Hessischen Immobilienmanagements (HI).
Das Ergebnis bei Realisierung dieser Planungen um die Dimension zu verdeutlichen:
- seit 2004 wären dann weitere 19 erstinstanzliche Gerichte geschlossen worden
- seit 1961 mindestens 44 erstinstanzliche Gerichte
Der Vollzug der aktuellen Pläne bedeutet de facto
- einen riesigen rechtsstaatlichen Kahlschlag in der flächendeckenden erstinstanzlichen Justiz
- der Rechtsgewährungsanspruch der Bürger/innen rückt in weite und teuere Ferne
- strukturpolitische Argumente bleiben völlig außen vor, vor allem ländliche Bereiche bluten im wahrsten Sinne des Wortes aus
- es ergeben sich zu allem Überfluss keine wesentlichen Sachkosteneinsparungen
- im Gegenteil die Verkaufschätzungen und -erfolge des HI bei den meist denkmalgeschützten Amtsgerichten, wie in Wolfhagen, Homberg a.d.Efze und vor allem Butzbach erweisen sich als grob falsch
- das Endergebnis wäre ein einziger riesiger Flopp
In Schlüchtern offenbar – Pläne des Justizministeriums auf töneren Füßen
Einen beispielhaften Beweis dafür lieferte die in Schlüchtern von einer zur Erhaltung des dortigen Amtsgerichtes ( www.proamtsgericht.de ) bestens organisiert öffentlichen Diskussionsveranstaltung mit Justizstaatssekretär Dr. Rudolf Kriszeleit 10. Februar 2011, als der Vertreter von Justizminister Hahn den Schließungsbeschluß mit den bekannten obigen Argumenten begründet und sich anschließend den Argumenten und Fragen der Bevölkerung gestellt hat.
Es wurde eine denkwürdige Veranstaltung, weil Dank der einfach, klar und sachkundig vorgebrachten Fragen und Nachfragen der Schlüchterner Bürger/innen zu den ebenso erfreulich unmissverständlichen Darlegungen von Staatssekretär Kriszeleit jedem klar wurde, dass die gesamte Argumentation des Justizministers auf höchst tönernen Füßen steht und so nicht akzeptiert werden kann.
Schlimmer als Stuttgart 21 ?
Ein junger Mann um die dreißig hinterfragt die Vorgehensweise des Justizministers faktisch vollendete Tatsachen zu schaffen, wie beim Amtsgericht Gelnhausen, wo für die Aufnahme des AGs Schlüchtern schon gebaut wird, bevor der Hessische Landtag über das erforderliche Gesetz überhaupt nur beraten, geschweige denn beschlossen hat.
Aussage Staatssekretär Kriszeleit (sinngemäß/fast O-Ton): „Junger Mann, ich muss Sie hier wohl erst mal über parlamentarische Gepflogenheiten informieren/belehren. Erst berät das Justizministerium intern, dann berät die Koaliton intern und erst wenn wir sicher sind, dass wir die Mehrheit haben, dann bringen wir den erforderlichen Gesetzesentwurf ins Parlament.“
Reaktion im Publikum lautes Raunen, höhnisches Gelächter und die Frage wozu dann ein Parlament gebraucht wird ?
Frage: Ist nicht seit Stuttgart 21 und der Geißler Schlichtung offensichtlich und unstreitiger Konsens aufrechter Demokraten, dass selbst bereits vom Parlament beschlossene Entscheidungen (was nun unstreitig bei den hessischen Plänen für die nun diskutierten Gerichteschließungen gerade nicht der Fall ist, und wozu von allen Berufsverbänden bis heute fehlende Transparenz heftig und anhaltend beklagt wird) hinterfragt werden dürfen und vor allem der Öffentlichkeit in jeder Beziehung transparent erläutert werden müssen, vor allem wenn es um bedeutende Großprojekte geht?
Wie passen dazu die Aussagen von Staatssekretär Kriszeleit? Ist es etwa ein unbedeutendes Kleinprojekt,in der Dritten Gewalt, der Rechtsprechung, binnen weniger Jahre flächendeckend weitere 19 erstinstanzliche Gerichtsstandorte zu schließen? Wo soll das noch hinführen, fragen sich Laien, wie der oben genannte junge Mann und besorgte Experten in allen Fachverbänden?
Die Antwort im Vergleich zu Stuttgart 21 fällt leider positiv aus. Ja, die Pläne und die Vorgehensweise der Koaliton sind in jeder Beziehung eindeutig schlimmer als Stuttgart 21.
Bedeutung ortsnahes Amtsgericht und Arbeitsgericht für Rechtssuchende
Zu diesem Themenkomplex legten in Schlüchtern
- die Chefärztin Frau Dr. Markwort von der großen Tagesklinik für Psychiatrie und Psychotherapie („Neue Psychiatrie genannt, 2009 mit Kosten von 11,7 Millionen Euro vom Land und 2 Millionen Euro vom Kreis fertig gestellt. Nach dem Geschäftsbericht für 2009 mit 1200 stationären, 220 teilstationären und 980 ambulanten Patienten)
- Frau Brand von einem großen Altenwohnheim, 125 Bewohner inklusive betreutes Wohnen
- Herr Merx vom Behindertenwerk
- sowie der langjährig ortsansässige Rechtsanwalt und Notar Neuroth
dar, in welch großem Umfang zeit- und ortsnahe und qualitativ gute richterliche Anhörungen von Betroffenen sowie sonstige Kontakte zum Amtsgericht erforderlich sind, dass die Zusammenarbeit mit dem AG Schlüchtern bisher wirklich hervorragend funktioniert, welche Bedeutung sie für die Menschenwürde der Betroffenen haben, selbstverständlich auch für das gesamte betreuende Personal, und wie negativ sich zeit- und kostenmäßig die weiten Wege nach dem 36 km entfernten, nach den neuen Plänen zuständigen Amtsgericht Gelnhausen auswirken.
Anhand von überreichten Fahrplänen wurde deutlich nachgewiesen, dass die Wege mit öffentlichen Verkehrsmitteln von einzelnen Gemeinden nach Gelnhausen eine Tagesreise ausmachen. Ausführungen zu den Rechten Behinderter nach Europäischem Recht folgen. Rechtsanwalt Neuroth beschließt seinen Vortrag mit einer kleinen, offensichtlich witzig gemeinten Anektode, dass schon sein Vater befürchtet habe, dass dereinst das Amtsgericht Schlüchtern verschwinde und das Justizministerium statt dessen nur noch einen Automaten aufstellen werde, aus dem man gegen Einwurf von ein paar Mark ein Urteil erhalten werde.
Ein Vertreter der Neuen Richtervereinigung, zugleich für den Hessischen Richterbund, legt die unverändert bestehenden grundsätzlichen Bedenken aller Berufsverbände gegen die weiter geplanten Gerichte Schließungen aus überörtlicher Sicht dar
- fehlende Transparenz im Detail
- keine echten Kostenersparnisse
- schwere Schädigung des Justizgewährungsanspruchs für die Bürger/innen
- Beeinträchtigung von Qualität und Ansehen der Dritten Gewalt/der Rechtsprechung gegen über der Öffentlichkeit.
Wirtschaftliche Nachteile in Folge von Gerichtsschließung
Ein Vertreter des örtlichen WITO e.V. (Verein für Wirtschaft & Tourismus, www.wito-schluechtern.de) verweist auf Widersprüche der Gerichts-Schließungsplanungen zu den Zielsetzungen der Landesentwicklungsplanung für Hessen und des Regional Plans Südhessen. Hier wird für Schlüchtern als Mittelzentrum für die Region ein Amtsgericht empfohlen. Gleichzeitig forderten die beiden Planwerke des Landes eine Erreichbarkeit z.B. eines Gerichtes binnen einer Stunde mit dem ÖPNV. Er verwies den Staatssekretär auf die konkreten Schwierigkeiten, mit öffentlichen Verkehrsmitteln eben dieser Zeit z.B. von Züntersbach zum vorgesehenen AG Gelnhausen zu gelangen (einfache Fahrt – bis zu zwei Stunden bei drei bis viermaligem Umsteigen).
Er verweist weiter auf nicht zu vernachlässigende negative wirtschaftliche Auswirkungen für Schlüchtern durch den Wegfall von über 50.000 Gerichtsbesuchern: Bedienstete mit Tageseinkäufen, Tagesgäste mit Verbindungseinkäufen und Imbiss und Verpflegung am Verhandlungstag. Hier kämen als Wirtschaftsfaktor, geschätzte Umsatzeinbußen von jährlich 600.000 Euro schnell zusammen, entsprechender Wegfall von Gewerbesteuer, lautet die Zusammenfassung.
Ein im Jahr 2010 neu erstelltes Einzelhandelskonzept für Schlüchtern könne(n)dem Justizminister genaue Anhaltspunkte bieten. Gerade auch, was das Einzugsgebiet von Schlüchtern und die Wirtschaftktraft pro Kopf beträfe. Der WITO-Vertreter empfahl dem Justizminister, das Konzept doch bei der Stadt Schlüchtern anzufordern um hier mit richtigen Zahlen zu rechnen.
Ein CDU Schulrat bestreitet, dass es konkrete Anfragen von Schulen zur Nutzung des AG Gebäudes gibt. Ein örtlicher Makler fragt, ob jemand vom Justizministerium oder vom Hessischen Immobilienmanagement schon einmal das Gebäude des Amtsgerichts von innen angesehen habe? Ob man wisse dass es unter Denkmalschutz stehe? Er als Makler könne sich eine wirtschaftliche Verwertbarkeit nicht vorstellen. Insbesondere bezweifele er, dass es einen Privatinvestor geben werde, der dort ein Altenheim errichten wolle („Den möchte ich mal sehen“).
Die Reaktion des Staatssekretärs zur letzten Frage war hilfloses Axelzucken. Im Übrigen müsse angesichts des gewaltigen Defizits im Staatshaushalt auch die Justiz -im wesentlichen allerdings nur bei den Sachkosten- sparen, andernfalls seien, auch von ihm nicht gewünschte und nicht für sinnvoll gehaltene, Personaleinsparungen unvermeidlich.
Soweit das HI in der Vergangenheit bei den Amtsgerichten Wolfhagen, Homberg a.d. Efze und und Butzbach beim Verkaufserlös Fehleinschätzungen unterlegen sei, gehe er „vorsichtig optimistisch“ davon aus,dass die Spezialisten des HI das nun besser machen würden. Man müsse ja doch seinen eigenen Spezialisten vertrauen. Im übrigen habe das bereits jetzt für den Wochenenddienst zuständige Amtsgericht Gelnhausen bewiesen, dass es zufriedenstellend die Anhörungsanforderungen erfüllen könne und dass schließlich weder er, noch der Justizminister geplant hätten, die erwähnten Automaten aufzustellen. Schließlich könnten die Zahlen des WITO Vertreters auf keinen Fall stimmen. All diese Ausführungen des Staatssekretärs wurden im voll gefüllten Saal mit lautem Gelächter, Buhrufen und Protest beantwortet.
Ernüchterndes Ergebnis des Informationsabends in Schlüchtern
Wer je als Richter im Unterbringungs-, bzw. Betreuungsrecht tätig war, ganz und gar erst recht der in den Kliniken damit beruflich befasste Personenkreis, weiß wie schwierig und zeitaufwändig bei derartigen Entfernungen, hier 36 km einfacher Weg zum Amtsgericht Gelnhausen, die vorgeschriebenen zeitnahen Anhörungen durchzuführen sind. Von den zusätzlichen Reisekosten der Richter, die der Staatskasse zur Last fallen, kam kein Satz vom Vertreter des Justizminsteriums. Weshalb der Staatssekretär glaubt, angesichts der vergangenen Fehleinschätzungen des HI weiter „vorsichtig optimistisch“ bezüglich eventueller Verkaufserlöse oder anderweitiger wirtschaftlicher Verwertung frei werdender Gebäude sein zu dürfen, wird nicht weiter erläutert.
Dies belegt beeindruckend, dass alle darauf beruhenden Einsparungsberechnungen lediglich „optimistische Schätzungen“ mit wenig Gehalt sind. Den Gerichte-Urteil-Automaten Witz versteht der Staatssekretär bis zum Schluss, trotz Erläuterungen von Rechtsanwalt Neuroth, nicht. Auf die Erwiderung des WITO Vertreters, dass seine Zahlen durch eine ausführliche und gründliche Studie belegt seien und er diese dem Justizministerium gerne zur Verfügung stelle, weiß der Staatssekretär nichts mehr zu sagen.
Es wird jedem im Saal unübersehbar, dass der Protest der Schlüchterner allzu berechtigt ist. Indem Staatssekretär Kriszeleit sich in die Höhle des Löwen begeben und offen alle kritischen Fragen beantwortet hat, ist viel mehr Klarheit als erwartet geschaffen worden. Dies mag durchaus Respekt verdienen, ändert nichts daran, dass das Justizministerium und auch der Rechnungshof wesentliche Gesichtspunkte bei den geplanten Gerichte-Schließungen überhaupt nicht, oder, wie bei den Gebäudekosten offensichtlich, nur mit vagen, höchst zweifelhaften Einschätzungen begründet.
Im Anschluss an diese Veranstaltung drängen sich für denkenden Bürger eine Fülle von Fragen auf. Diese müssten sich auch jedem Abgeordneten aufdrängen, wenn ihm die Funktionsfähigkeit einer unabhängigen Justiz/Rechtsprechung wichtig ist.
Da die Probleme bei fast allen betroffenen Gerichten und Gemeinden ähnlich sind, drohen sich Fehleinschätzungen im rechtsstaatlichen und kostenmäßigen Bereich zu einem gewaltigen und fatalen Flopp in Form einer „Justizwüste in der Fläche ohne echte Kosteneinsparung“ zu potenzieren.
Vor Verabschiedung der geplanten Gesetzesänderungen sind Fragen zu beantworten
- Wie transparent, realistisch und nachvollziehbar sind die Sach-Personal-Kosten-Sparargumente des Justizministeriums tatsächlich?
- Sind die Verkaufs-/Vermietungskosten leer werdender Gebäude in allen Fällen wirklich realistisch?
- Wie kann man Einschätzungen des Immobilienmanagements trauen, wenn sie in der Vergangenheit mehrfach falsch waren?
- Wie sehen die konkreten Baukosten in Schlüchtern-Gelnhausen, in Usingen, in Gießen und andernorts wirklich und aktuell aus?
- Sind die Kosten-Nutzen-Darlegungen des Justiz Ministeriums ausreichend und überzeugend nachgewiesen?
- Wo und wie genau sind vor allem die Kosten für die Planung,Organisation, Umzüge, Zusammenlegungen und Baumaßnahmen für Neu- und Umbauten, Archive und Parkplätze, leerstehende Gebäude konkret und nachvollziehbar dargelegt?
- Wo sind erhöhte Reisekosten von Richtern für weitere Anhörungstermine, deren Zeitverluste und erhöhte Arbeitsbelastung hierdurch berücksichtigt?
- Wie steht es wirklich mit der Aufnahmefähigkeit der aufnehmenden Gerichte?
- Wie sieht das angeblichen Nichtsparen, der Verzicht auf betriebsbedingte Kündigungen beim Personal, z.B. am AG Schlüchtern und Arbeitsgericht Marburg und andernorts wirklich aus?
- Wie war das bei den früheren Gerichtsschließungen?
- Wieviel Personal ist tatsächlich weg gefallen und wieviel ist dadurch tatsächlich eingespart worden?
- Wo und wie sind in all den Sparüberlegungen des Justizministeriums der steigende Zeit-,Kosten- und Beratungsaufwand für den rechtssuchenden Bürger berücksichtigt?
- Welche zusätzlichen Nachteile und Kosten entstehen für Rechtssuchende wie für deren Rechts- und Firmenvertreter?
Fragen über Fragen und keine Antworten
Setzt innere Sicherheit,an der bekanntlich nicht gespart werden soll, nicht zwingend eine bürgernahe, gut funktionierende Justiz voraus? Welchen Sinn macht es, Polizei, Staatsanwaltschaften und Strafvollzug zu stärken, ohne die Justiz ebenso effektiv auszustatten ?
Sind die Bezugnahmen des Justiz-Ministeriums auf den Hessischen Rechnungshof wirklich zutreffend? Wer hat denn diese Berichte konkret gelesen und hinterfragt? Wer hat sich mit den hiergegen vorgebrachten Argumenten der Berufsverbände und Richtervertretungen/Bezirksrichterrat wirklich beschäftigt?
Wie berechnen sich ab welchem Zeitpunkt die Personaleinsparungen konkret? Wie werden z.B.Direktoren, ihre Vertreter, Geschäftsstellenleiter und deren Vertreter an den neuen Gerichtsstandorten im Vergleich zu vorher bezahlt ? Und wie viele Justizmitarbeiter/innen, vor allem bei den Halbtagsstellen von Frauen, scheiden einfach von sich aus aus dem Dienst aus, weil es rein zeitlich nicht mehr machbar ist und sich finanziell nicht mehr lohnt?
Welche Kosten-Nutzen-Einsparungen haben sich aus den vorangegangenen flächendeckenden Schließungen von kleinen Amtsgerichten ergeben?
Werden überhaupt generelle Einnahmeverbesserungen ausreichend ins Auge gefasst? Es muss gehen um Vermeidung und Verfolgung der Steuerflucht in großem Ausmaß, dafür sind ausreichend Steuerprüfer zu beschäftigen, haben ausreichend viele Steuerprüfungen großer Firmen statt zufinden.
Stillhalten verboten – es ist faul in der Sache
Es passt überhaupt nicht zu diesen Sparvorhaben, dass die Landesregierung für die Privatuniversität European Business School insgesamt 60 Millionen Euro investiert. So wurden kürzlich 15 Millionen Euro für eine Tiefgarage zugesagt.
In Übereinstimmung mit vielen Organisationen und Verbänden erscheint es mir ausgeschlossen, diese Pläne auf der Basis der vom Ministerium vorgelegten Zahlen und Argumente zu bejahen.
Vielmehr würde die Umsetzung der geplanten Maßnahmen in die Praxis kurz-, mittel- und langfristig verheerende Folgen für das grundgesetzlich garantierte Rechtsstaats-Prinzip, die Unabhängigkeit der Justiz und vor allem den Rechtsgewährungsanspruch aller Bürger und Rechtssuchender haben.
In Marburg sollte, könnte und müsste um das Arbeitsgericht gekämpft werden mit Tausenden von Unterschriften und ständigen Aktionen, wie es die Kleinstädte Schlüchtern und Usingen vorgemacht haben.
Hannes Kleinhenz, Richter.i.R. und Pressesprecher des Marburger Aktionsbündnisses gegen die Schließung des Arbeitsgerichtes Marburg und gegen das Hessische Gerichtesterben.