Stadtentwicklung findet auch im Waldtal statt
Soziale Stadt zum Ausbau des Lebensumfeldes
Marburg 25.2./10.3. 2011 (yb) In der Nordstadt, der Bahnhofstrasse wird umfassend gebaut und umstrukturiert. Auf den Lahnbergen entsteht ein neuer Campus. Das hat Folgen für die Gesamtstadt. Doch dazwischen und von der Verbindungsstraße zu den Lahnbergen umfahren liegt das Waldtal als besonderer Stadtteil von Marburg. Städtebauliche Veränderungen und Massnahmen in der Stadt erreichen die dort lebenden Marburger. Zudem gibt es eigene Anliegen und Entwicklungsziele. Dies war Thema einer mehr als zweistündigen spannenden Bürgerversammlung, bei der zugleich Interessen und Probleme im Waldtal von Anwohnern angesprochen werden konnten.
So gab es neben Vorträgen von Stadtplanern und Oberbürgermeister viele Fragen und Anliegen zu erörtern, bis dahin, dass ein Antragsverfahren zur Aufnahme des Stadtteils Waldtal in das Programm Soziale Stadt auf den Weg gebracht worden ist.
In zahlreichen Fotos, Plänen und Grafiken mit Statistiken gab es für die Besucher des Abends vieles wahr zu nehmen und nach zu vollziehen. Das Thema Stadt(teil)entwicklung ist nun einmal kein reines Honigschlecken, erfordert vielmehr Einlassung auf viele Aspekte und Aufgabenstellungen.
So ist diese Bürgerversammlung angelegt und gut vorbereitet worden, was sich alleine in den zahlreichen Mitarbeitern aus der Stadtverwaltung, Bauamt und seitens der Stadtwerke Marburg verkörpert hat. Neben Stadtverordnetenvorsteher und Oberbürgermeister waren fünf mit Themen und Problemstellungen des Waldtals vertraute Fachleute erschienen. In zwei Vorträgen wurden den Anwesenden erst einmal viele Rahmenbdingungen und Ausgangsvoraussetzungen zur Kenntnis gebracht. Dies fand sich auf der Leinwand visualisiert und hat damit zu einer großen Anschaulichkeit beigetragen.
Um es vorweg zu sagen. Dank kompetenter und komprimierter Informationen wurde den Waldtalbewohnern vieles aufgezeigt und als Grundzusammenhänge veranschaulicht. Dabei wurde zugleich nachvollziehbar, dass es der Stadt Marburg ein Anliegen ist, mit dem Waldtal, als Stadtteil in nicht alleine geografischer Randlage, einen zukunftsorientierten Entwicklungsprozess fort zu führen. Viele Anfänge sind gemacht.
Dieser Ansatz wird, wie sich an dem Abend gezeigt hat, dialogisch verstanden. Stadtteilentwicklung soll nicht verordnet werden, wird vielmehr begriffen als Entwicklungsarbeit, die als gemeinsamer Prozess von Politik,
Fachverwaltung, Planern und Bürgern zu leisten sein wird. Das macht die Einbeziehung der Betroffenen von Anfang an notwendig. Zugleich sind die Betroffenen im Waldtal alles andere als unmündige Subjekte über deren Köpfe hinweg gehandelt werden könnte. Das drückte sich in der Bürgerversammlung von Anfang an durch viele Fragen von anwesenden Bewohnerinnen und Bewohnern aus. Viele im Waldtal machen sich Gedanken über ihr Leben im Stadtteil, haben dazu präzise Vorstellungen und wollen wissen, wie es weitergeht.
Seit Jahrzehnten gibt es im Waldtal verschiedene soziale Initiativen, wie den AKSB, Arbeitskreis Sozialer Brennpunkt. In deren Arbeit liegt qua Selbstverständnis die Befähigung, anders gesprochen die Emanzipation, der Menschen in Waldtal zu eigenständiger Interessenwahrnehmung und auch Artikulation und Vertretung der Interessen. Das hat sich gerade im Monat Februar höchst anschaulich gezeigt. Nach Veränderungen, besser gesagt Verschlechterungen, der Busanbindung rührte sich Protest. Dabei hat eine Bewohnerin Unterschriften gesammelt – und sie hatte Erfolg.
Das Waldtal ist in Marburg kein fremdes Gebiet. So zeigte sich OB Vaupel nicht weniger gut informiert als Stadtplaner Kintscher, der im ersten Vortrag die Rahmenbedingungen und Entwicklungen in der Nordstadt und insbesondere auf den Lahnbergen bei Uniklinik und im Ausbau begriffenen Campus Lahnberge dargestellt hatte.
Danach war es an Jürgen Kaiser in einem zweiten Vortrag mit vielen Visualisierungen die Grundlagen für den Antrag zur Förderung im Programm Soziale Stadt zu erläutern. Nach dem Stadtteil Richtsberg sollen die beiden deutlich kleineren Stadteile Stadtwald und Waldtal in dieses Förderprogramm des Bundes aufgenommen werden. Der Antrag seitens der Stadt Marburg ist gestellt.
Wie Jürgen Kaiser, der sich bei Terminen vor Ort ein Bild der Lage des Stadtteils und von Vorstellungen der Bewohner gemacht hat, erläuterte, gibt es nicht wenig Handlungsbedarf. Dafür lassen sich in einer Übersicht Gesamtmaßnahmen beschreiben. Im Waldtal sind zudem eine ganze Reihe von Baulichkeiten benannt und identifiziert, wo dringender Sanierungsbedarf besteht.
So benannte Stadt- und Sozialplaner Kaiser einige Orte der Angst. Damit wollte er Örtlichkeiten beschreiben, etwa auf Wegeverbindungen, wie ein schlecht bis gar nicht beleuchtetes Wegstück vom Bus zum Studentendorf, aber auch direkt im Waldtal, deren Benutzung wintertags und bei Dunkelheit mit ungutem Gefühl verbunden ist.
Sanierung von Gebäuden
Neben solchen öffentlichen Räumen wurden Gebäude benannt, die baulicher Maßnahmen und Sanierung bedürfen. Dabei soll es nicht alleine um Fassadengestaltung gehen. Die Versorgung mit Wohnraum ist (auch) im Waldtal Anliegen. Energetische Gebäudesanierungen könnten und müssten dazu beitragen die Aufwendungen für Miete und Nebenkosten erträglich und bezahlbar zu halten. Zeitgemässer Zuschnitt von Wohnungen ist dabei Aufgabe.
Dazu kommen viele Einrichtungen des Gemeinbedarfs. Neben der Verkehrsanbindung steht eine Verbesserung der Versorgung mit Gütern des täglichen Bedarfs, Lebensmitteln, genauso an wie Schulversorgung, Kindergarten und Hortgruppen und soziale Dienste.
Bürgerversammlung als Auftakt
Die Bürgerversammlung im St.Martin-Haus am 24. Februar erwies sich als fachlich vorbereitete und informative Veranstaltung, als Ermunterung für kommende, gewollte und gesteuerte Entwicklung des Waldtals. Der Kuchen wird freilich nicht in kurzer Zeit gebacken. Vielmehr sind jetzt erst einmal Zutaten und Backvorschriften benannt und diskutiert werden. Damit ist ein Anfang gemacht. Akteure haben einen konstruktiven Dialog aufgenommen. Viele Waldtaler werden interessiert beobachten wie es weitergeht und konkret zur Sache kommt. Es gibt viel zu tun in diesem nördlichen Teil der Stadt Marburg.