Planen und Bauen mit LebensArt im Stadtwald
Marburg 10.4.2011 (yb) Dass in Marburg viel neu gebaut wird, darunter zahlreiche Wohnungen, ist kaum zu übersehen. Dass es für solche Bautätigkeiten viel vorhergehender Planungsarbeiten bedarf, lässt sich denken. In der großen Mehrzahl der Fälle beschäftigt dies Planer, ob Architekten, von Amts wegen damit Befasste und die sogenannte Bauherrschaft. Letzteres beschreibt Gesellschaften, Investoren oder die öffentliche Hand, also recht anonyme Bauwillige. Das Gegenteil von anonym und abgetrennter Planungstätigkeit der Professionellen lässt sich seit rund einem Jahr im Stadtwald, Marburgs höchstgelegenem Stadtteil, beobachten. Eine große Gruppe Bauwilliger und Bauinteressierter mit eigenem Wohninteresse hat sich gefunden, kennengelernt und formiert. Inzwischen formuliert diese Gruppe namens LebensArt individuelle und gemeinsame Ideen zu mittlerweile handfesten Plänen für eine besondere Kleinsiedlung mit 18 verknüpften und aufeinander bezogenen Häusern – anders beschrieben als anspruchsvolle benachbarte und konstuktiv verknüpfte Behausungen.
Ein krasses Gegenteil davon vollzieht sich in langweiligen Reihenhaussiedlungen, etwa in Cappel, oder in sogenannten Wohnanlagen, wie am Erlenring, am Schwanhof oder in der Uferstraße. Planer, Kräne, Bauleute – fertig ist die Laube, meistens in der Bauzeit bereits verkauft. Um Mieter muss sich in Marburg niemand auch nur Gedanken machen. Das recht große Baugebiet im Stadtwald ist seitens der Stadt als Projekt anders angelegt und angegangen worden. Nach einem eröffnendem Forum vor Jahr und Tag hat sich aus ursprünglich zwei Gruppen Bauinteressierter die Wohngenossenschaft i.Gr. LebensArt entwickelt. Sie planen und beschreiben „eine lebendige Wohnanlage für lebendige Nachbarschaften, in der der Vereinsamung in den Städten bewusst entgegengetreten wird“ in ihrem gedruckten Informationsblatt. Damit wollen sie weitere Interessierte informieren, anregen und ins Boot holen.
LebensArt steht für neues Bauen und Wohnen mit viel sozialem Mehrwert
Wenn sich also inzwischen eine stabile Gruppe Bauwilliger unter dem positiv mehrdeutigen Namen LebensArt gefunden und formiert hat, bedeutet dies nicht, dass die darin wirkenden etwa 20 Beteiligten sich als abgeschlossene Community begreifen. Schon der Vorstellungsrunde am Samstagmorgen im Stadtwald wurde anschaulich, dass es zunächst um gemeinsame Anliegen geht, die über reine Nachbarschaft in einer langweiligen und isolierenden Einfamilienhaussiedlung deutlich hinausgehen. So soll die zweizeilige Hausgruppe in paralleler Anordnung zueinander einen Innenhof ausbilden, der für soziale Beziehungen nicht nur förderlich ist, sondern gerade dafür angelegt wird. Der Eingangsbereich soll mit einem großen Innenraum gestaltet werden und erhält dazu einen Veranstaltungsraum. Gemeinsamer Kamin, Waschraum und eine große Küche sollen weitere Bereiche kommunitären Wohnens und Lebens erschließen.
Das ist weitgehend und weitsichtig gedacht und formuliert. Nicht wenige der Projektbeteiligten sind in fortgeschrittenem Lebensalter, was sie gerade nicht abhält sich in diese genossenschaftliche Unternehmung einzubringen. Kommendes späteres Alter bedeutet oft genug Vereinsamung und Verlust sozialer Beziehungen bis hin zum Pflegeschicksal in einer Betreuungseinrichtung. LebensArt setzt dem etwas positiv entgegen und freut sich zugleich über junge Familien mit Kindern. Für diese ist nicht alleine Platz in Gestalt des Zuschnitts der Wohneinheiten (= verbundene Hauskörper). Sie sind willkommen und veranschauliche damit den Denkansatz von LebensArt für ein Mehrgenerationen-Ensemble.
Es hat sich gezeigt, dass die Begleitung der Bauwilligen von der beruflichen Projektberaterin Lisa Huggerr (Huggerr-Projektentwicklung) nützlich und prozessbegünstigend, wahrscheinlich notwendig, gewesen ist. Nach einer Findungsphase konnte dann das Architekturbüro plus-bauplanung von Peter Hübener und Christian Remes angefragt und einbezogen werden. So existieren inzwischen Zeichnungen und Pläne, derzeit noch als Varianten, wie in einem üblichen Bauverfahren mit privaten oder öffentlichen Bauherrschaften. Unterstützend wirkt zusätzlich die GeWoBau Marburg mit. Von dieser werden Anteile für zwei Wohn-Haus-Bereiche fianziell übernommen. Damit soll insbesondere für zwei weitere junge Familien mit Kindern kommende Teilhabe in der LebensArt eröffnet werden.
So wurde dann an den anwesenden Reinhold Kulle von der Stadtplanung Marburg die Frage gestellt, wie lange denn wohl ein Bauantrag dauert, gemeint die Zeit bis zu dessen Genehmigung. In drei Monaten könnte es mit dem Bauantrag stellen soweit sein, meinte Architekt Hübener. Der lebhafte Beifall aus der Runde Bauwilliger in der LebensArt bestätigte die Einschätzung, dass man dabei ist in die Zielgerade einzubiegen. Dafür werden jetzt noch die Entscheidungen für Variante 3 oder eben eine andere Variante zu treffen sein.
Dann geht in der an Baustellen derzeit nicht gerade armen Stadt Marburg ein innovatives erstes Projekt im Bauforum Stadtwald in die Verwirklichung. Ökologisches Bauen mit bester thermischer Außenisolierung, vielleicht Gräsdächer, möglicher Nutzung von Solarthermie und menschlich-sozialen Einbringungen und Angeboten. Es könnte spannend werden – oben im Stadtwald.