Rentables Geschäftsmodell Social Business in Deutschland
Wiesbaden, Marburg 12.4.2011 (pm/red) Dass die Gründung und der Betrieb einer privaten Hochschule in Wiesbaden, namens EBS Universität für Wirtschaft und Recht, vom Land Hessen mit großzügigen Millionen in Zeiten klammer Kassen und mit gleichzeitigen Kürzungen in der Hochschulförderung finanziert wurde, ist die eine Sache. Dass dagegen seitens Oppositionsparteien im Landtag Bedenken und Proteste geltend gemacht wurden, ist eine andere Seite dazu. Über einen Themen- und Forschungsbereich eben dieser EBS Universität für Wirtschaft und Recht informiert die Privathochschule aktuell in einer Fachinformation. Diese Ankündigung und Berichterstattung aus Wiesbaden verdient unbedingt genaue Betrachtung. Es geht um sogenanntes Social Business. Gemeint sind damit – frei übersetzt – Geschäftsfelder im Sozialbereich. Alles weitere jetzt mit und entlang der „Pressemitteilung Zukunftsstudie“.
Sciencia in Terra incognita
Im Vergleich zu klassischen betriebswirtschaftlichen Themen sei Social Business bislang kaum erforscht, ist darin zu lesen. Mit der nun vorliegenden Studie der EBS Business School in Wiesbaden Social Business in Deutschland 2030 werde erstmalig mit Zukunftsperspektive untersucht, inwieweit Social Business hierzulande als unternehmerisches Werkzeug zur sozialen Problemlösung dienen könne. Einst für Bangladesh entwickelt, verspreche Social Business, soziales Engagement und nachhaltiges Wirtschaften miteinander zu verbinden.
Was birgt die soziale Zukunft? Fruchtbare Zeiten, in denen jeder für jeden sorgt und damit jeder versorgt ist? Oder soziales Brachland, den Zusammenbruch des Wohlfahrtsstaates, Altersarmut und Vereinsamung? Mit diesen rhetorischen Fragestellungen und Lösungsansätzen soll sich die erste Zukunftsstudie zum Thema Social Business in Deutschland 2030 – Soziale Vision oder rentables Geschäftsmodell? beschäftigen. Die Studie, die am Center für Zukunftsforschung und Wissensmanagement (CEFU) der EBS Business School erstellt wurde, beschreibe die notwendigen Rahmenbedingungen für die Gründung und nachhaltige Existenz von Social Businesses, wird in der Presseinformation weiter ausgeführt. Sie zeige zudem das ungeheure Potenzial von Social Business für eine hoch entwickelte und stark industrialisierte Wirtschaft wie Deutschland.
Wertewandel – Sozial wird zur Tagesordnung
Die Studie soll vielfältige und wegweisende Expertenmeinungen zu den Erfolgsfaktoren für das soziale Wirtschaften bieten. Sie würde mit einem weit verbreiteten Mythos aufräumen, wird dargelegt. Sozialunternehmer seien keine Sozialromantiker oder realitätsferne Weltverbesserer, sondern dem Menschen verbundene, und gerade deshalb scharf kalkulierende Entrepreneure, die ökonomischen und sozialen Erfolg miteinander verbinden wollten.
Social Business als Wachstumsfeld
„Die Studie leistet einen wertvollen Beitrag dazu, das Wachstumsfeld Social Business speziell im deutschen Kontext zu verstehen“, erläutert Inga-Lena Darkow, die Erstellung der Studie an der EBS Business School geleitet hat. „Social Business steht ganz im Zeichen der Zeit – Unternehmen und Kunden sind für das Thema bereits sensibilisiert. Social Business muss sich jedoch noch weiter standardisieren, spezialisieren und professionalisieren, um sich als Geschäftsmodell für Deutschland etablieren zu können“, erklärt Darkow.
Kurzum Geschäftsmodelle müssen dafür her, wie im Sozialbereich profitabel agiert, gewirtschaftet werden kann.
EBS forscht und formuliert wohin es gehen und profitabel werden soll
Wenn das keine klaren Worte sind. Nach der Rentenversicherung (mit Riester) und dem Gesundheitswesen (mit Rhönklinikum et alt.) wird nunmehr der Sozialbereich weitergehend für eine Kommodifizierung (gleich in Ware- und in Wertsetzung) marktwirtschaftlich erforscht und aufbereitet. So präsentiert die EBS eindeutige Ergebnisse in einer gesellschaftlichen Sphäre, dem Sozialbereich, die bisher wenig oder gar nicht kapitalistischer Ökonomie unterworfen ist. Bekanntlich sind dies Felder für Diakonie, Caritas und viele Träger freier Wohlfahrtspflege und unmittelbares staatliches Handeln. Dort wird sehr wohl auch ökonomisch gearbeitet, aber eben nicht profitorientiert in grundlegender Weise.
Perspektiven für die Zukunft in 2030
In der Studie wurde über eine Delphi-Befragung von 68 Experten sowie Interviews ein wahrscheinliches Szenario zum Thema Social Business entwickelt. Darüber hinaus werden vier Extremszenarien mit bewusst überspitzt gezeichneten Zukunftsbildern beschrieben. Diese firmieren unter den Überschriften
- Sozialer Kümmerer
- Soziales Paradies
- Soziales Brachland
- Sozialer Kapitalismus
Die Studie wurde im Rahmen der EBS-Initiative Center of Responsible Economy (CORE) gefördert, das als interdisziplinäres, universitätsübergreifendes Zentrum zum Thema Verantwortung und Nachhaltigkeit arbeitet. Unterstützt wurde die EBS von Danone Deutschland, einem Unternehmen, das mit Grameen Danone Foods bereits über mehrjährige praktische Erfahrungen im Bereich Social Business verfügt und an der EBS Business School den ersten Lehrstuhl zu diesem Thema in Deutschland gegründet hat. Zumindest wird solche Verflechtung mit der Wirtschaft nicht verschwiegen, sei angefügt.
Danone Deutschland will Social Business als unternehmerische Realität
„Es ist unser Anspruch, neue kreative Lösungsansätze für soziale und ökologischen Problemstellungen anzustoßen und auch hierzulande die Erforschung neuer unternehmerischer Ansätze zu fördern“, sagte Ramin Khabirpour, General Manager Fresh Dairy Products Central Europe. „Denn Grundlage für die Umsetzung erfolgreicher Social Business-Modelle ist die Kenntnis landesspezifischer Probleme. Ein Social Business Projekt, das etwa die Fehlernährung in Bangladesch bekämpft, kann nicht ohne weiteres auf Deutschland übertragen werden. Hier begegnet man anderen Herausforderungen, auf die die entsprechenden Ideen zugeschnitten werden müssen,“ sagte Khabirpour, „Die nun vorliegende Studie soll mit dazu beitragen, dass Social Business auch in Deutschland zur unternehmerischen Realität wird.“
Es fehlt nicht an Offenheit und bedarf kritischer Öffentlichkeit
Es kann jedenfalls niemand behaupten die Privatforscher aus Wiesbaden würden verschweigen, worum es ihnen und ihrem privaten Geldgeber geht. Offenbar sind sie noch einige Zeit damit beschäftigt Unterschiede zwischen Bangladesch und Deutschland zu bearbeiten. Die von dort nach Eigenverlautbarung nutzbar zu machenden Erfahrungen (?) lassen sich nicht „ohne weiteres auf Deutschland übertragen“. Wen könnte das überraschen. Interessant und möglicherweise folgenreich, was die EBS derzeit beforscht und publiziert. Wichtiger jedoch erscheint es, dies wahrzunehmen, einzuordnen und die keineswegs sozialen Konsequenzen solcher Business-Modelle zu übersehen.
Ein Schelm freilich, der Zusammenhänge unterstellen wollte zwischen derartigen Forschungsergebnissen und -zielstellungen und den zig Millionen Euro Förderungen durch die Schwarz-Gelbe Landesregierung in Wiesbaden.