Quo vadis Richtsberg – Fragen zur zukünftigen Ausstattung
Marburg 13.4. 2011 (yb) Es gab zwei Pressetermine zum Richtsberg in den letzten beiden Wochen, zu denen die Stadt Marburg eingeladen hatte. Zugleich läuft die Förderung im Rahmen des Programms Soziale Stadt dort oben aus. Noch tut sich was, wird zum Beispiel eine fußläufige stadträumliche Anbindung des Richtsberg bis hinunter zum Südbahnhof verbessert und ausgebaut. Das ist notwendig und zeigt bereits gelungene Seiten. Sogar einen Sonderpreis der Deutschen Umweltstiftung konnte die Stadt Marburg mit Projekten zur Wohnumfeldgestaltung für den Richtsberg holen. Die zugehörigen 5.000 Euro Preisgeld werden für den Ausbau der Interkulturellen Gärten ausgegeben. Zugleich ist bekannt und zeitigt bereits Folgen, dass es bald vorbei ist mit den Fördermillionen vom Bund.
Ein ordentliche Bilanz ist Rückschau, trägt nicht in der Zukunft
Ungefähr 15 Millionen Euro können es sein, die in den letzten 10 Jahren am Richtsberg investiert und verbaut worden sind. 5 Millionen Euro war der Förderanteil im Rahmen des Programms Soziale Stadt. Ungefähr 10 Millionen Euro könnten zusätzlich und kombiniert von den Wohnungsbaugesellschaften und Privaten investiert worden sein. Das ist kein Pappenstiel. Vor allem jedoch sind das nunmehr abgewickelte Geldströme und Maßnahmen. Deren Ergebnisse mögen Verbesserungen und Sanierungen erbracht haben. Die Zukunft lebt freilich wesentlich vom kommenden laufenden Betrieb und von weiteren Investitionen. Danach befragt, sagte Bürgermeister Kahle, dass die Stadt weiter in den Schulstandort Richtsberg investieren werde. Das ist etwas und einiges. Zur Rückschau und Bewertung gehört neben der Hardware, gemeint sind bauliche Investitionen, auch die Software als Ausdruck für Sozial- und Gemeinwesenarbeit, die am Richtsberg zugleich kulturelle Integration beinhaltet. Dazu gab und gibt es noch eine Menge.
Vereine und Initiativen mit vielen bezahlten Fachkräften, stellvertretend die Bürgerinitiative für Soziale Fragen oder das Netzwerk Richtsberg, haben Entscheidendes geleistet. Damit ist viel sozialer Kitt in die Fugen des Gesamtgebildes Richtsberg eingebracht und zur Wirkung gebracht werden. Eng eingebunden darin war die Stadt Marburg, etwa in Person von Stadtplaner Jürgen Kaiser. Doch dieser Stadtplaner und zugleich Gemeinwesenarbeiter steht dafür nicht weiter zur Verfügung. Er wird zudem zukünftig für den Stadtwald und das Waldtal gebraucht. Auch zukünftig werden jedoch zum Beispiel die Interkulturellen Gärten nicht alleine botanisch zu pflegen und betreuen sein. Es wird darum gehen müssen „die Integration auf Graswurzelebene“ wie Heinrich Scherer vom Stadtplanungsamt es anschaulich in Worte gefasst hat, weiter zu hegen und zu pflegen. Doch wer betreut und begleitet die Anliegen und Aufgaben auf dem Richtsberg zukünftig?
Wer führt die Arbeit weiter und finanziert es?
Mit dieser Frage, in konkreter Betrachtung der personellen Ausstattung, beschäftigt sich auch Karin Ackermann-Feulner als Geschäftsführerin der Bürgerinitiative für Soziale Fragen. Diese ist längst zum professionell arbeitenden Verein mit dreißig, vierzig Beschäftigten geworden. Klar sei im Moment alleine, dass es um Nachhaltigkeit zu gehen habe, sagt die Geschäftsführerin. „Ich glaube bei der Stadt Marburg weiß man sehr genau, was und wieviel hier geleistet wird. Darüber sind sich sicher auch die politischen Gremien und Mandatsträger im Klaren“ meint Ackermann-Feulner. In die Zukunft könne sie jedoch nicht schauen. Klar würde Jürgen Kaiser bereits jetzt fehlen. Das Büro oben am Christa-Czempiel-Platz ist verwaist. Tür verschlossen, niemand mehr da, der Fragen beantwortet oder Gelbe Säcke ausgibt.
In jedem Fall wird sich die Stadt, werden sich die neugewählten Stadtverordneten und Ortsbeiratsmitglieder, Gedanken zu machen haben und Geld bereitstellen müssen. Damit es weitergehen kann mit der Stabilisierung und Stärkung des Sozialen. Dafür braucht es weiterhin gut ausgebildete Fachfrauen und Fachmänner. Mit Freizeitaktionen wie sauberer Richtsberg wird es nicht getan sein. Und jedem Ehrenamt sind Grenzen gesetzt, da hilft die Ehrenamtscard nicht drüber weg. Man wird sehen, wie ernst es Marburg mit der Nachhaltigkeit ist – für die Menschen dort, deren stadträumliche Einbindung und ihre bleibenden Bedürfnisse und sicher auch Nöte.