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Tafelbilder als Medien der Wissenschaftsgeschichte

Philipp Goldbach vor einem seiner Tafelbilder im Marburger Museum für Kunst und Kulturgeschichte in der Biegenstraße. (Foto Hartwig Bambey)

Marburg 9.5.2011 (pm/red) Seit Ende April zeigt das Museum für Kunst und Kulturgeschichte in seinen Ausstellungsräumen 28 Fotografien von Philipp Goldbach. Gegenstand sind historische Kreidetafeln aus 16 deutschen Universitäten – fotografiert von 2009 bis 2011 mit einer analogen Kamera.
Den Titel dieser bis Anfang Juli dauernden Ausstellung, erläuterte bei der Vernissage Museumsdirektorin Agnes Tieze. Tafelbilder spiele mit einer Doppelbedeutung. Ist die in der Schulpraxis und der Lehre mit dem Tafelbild gleichgesetzte Tafelanschrift gemeint? Oder handelt es sich um Gemälde auf Holz, in der bildenden Kunst als Tafelbilder bezeichnet?

Philipp Goldbachs historische Kreidetafeln im Ernst-von-Hülsen-Haus

Vier Tafelbilder in der aktuellen Ausstellung im Ernst-von-Hülsen-Haus. (Foto Hartwig Bambey)

Goldbachs Interesse am Thema entstand durch die malerischen Anmutung von Kreide- und Schwammspuren auf Kreidetafeln. Der mehrteilige Aufbau von Kreidetafeln mit klappbaren Flügeln kann selbst an Triptychen erinnern. Uni-Vizepräsident Joachim Schachtner identifizierte in seiner Eröffnungsrede dagegen eine mobile, aufklappbare Koffertafel als sein Lieblingsstück: „Eine Art früher Laptop“, meinte er. Kreidetafeln als Orte der einstigen Wissensvermittlung seien auch im Zeitalter von Beamern und interaktiven Whiteboards als gängige Instrumente moderner Hochschullehre in ihrer Funktion als identifikationsstiftendes Element einer Universität durchaus noch erhaltenswert. Sie regten zum Sinnieren an über die Geistesgrößen und Denkerpersönlichkeiten, die einst vor und an Kreidetafeln ihr Wissen vermittelt hatten. Der besondere Reiz bestünde darin, dass offen bliebe, welche Ideen auf den fotografierten Tafeln kurzfristig sichtbar waren. „Die minimalistische Reduktion bei Goldbachs Tafelbildern auf Stätten der Wissenschaftsgeschichte lädt dazu ein, die künstlerische Beschäftigung als eine Methode zu begreifen, sich mit historischen Gegenständen sinnstiftend auseinanderzusetzen“, fasste Schachtner zusammen.

Ausstellung an einem der Orte des Werdens

Hörsaal mit drei Tafeln – ein Motiv von Philipp goldbach in der Ausstellung.

Zum ersten Mal stelle er an dem Ort aus, wo er zuvor fotografiert habe, erklärte Goldbach in seiner Begrüßung. Die Marburger Ausstellung zeigt neben Tafeln aus dem Landgrafenhaus und der ehemaligen Frauenklinik eine Tafel aus einem Seminarraum des Ernst-von-Hülsen-Hauses, in dem sich bekanntlich das Museum befindet. „Dass in diesem Gebäude auch noch das Bildarchiv Foto Marburg seinen Sitz hat, das neben dem Universitätsarchiv zur Ausstellung historisches Material beisteuerte, gibt dem Ganzen zusätzlich eine besondere Note“, hob Goldbach hervor. Darunter ist auch eine Fotografie von Barbara Klemm, die zwei Philosophen der Frankfurter Schule, Theodor W. Adorno und Max Horkheimer vor einer nicht-akademischen Tafelanschrift mit dem Hinweis Bitte rauchen unterlassen zeigt.

Der Fotograf und Künstler Philipp Goldbach

Philipp Goldbach (*1978) studierte an der Universität zu Köln Kunstgeschichte, Soziologie und Philosophie. Er lehrte 2008 Fotografie an der Kunsthochschule für Medien Köln, wo er ebenfalls den Diplomstudiengang absolvierte. Der mit mehreren Stipendien und Preisen ausgezeichnete Künstler zeigte bisher Werke aus seiner künstlerischen Auseinandersetzung mit Schrift und Bild in verschiedenen Medien unter anderem in London, New York, Washington, Köln, München, Berlin und Düsseldorf. Ein Teil der mittlerweile  an 20 Universitäten aufgenommenen Kreidetafeln war bereits Gegenstand der Ausstellung „Blackboards and Micrographs“, die 2010 in London (Annely Juda Fine Art) gezeigt wurde.

Am 26. Mai um 18 Uhr wird ein Künstlergespräch mit Philipp Goldbach und Prof. Hubert Locher, Direktor des Deutschen Dokumentationszentrum für Kunstgeschichte, Bildarchiv Foto Marburg stattfinden.

Ausstellung Philipp Goldbach Tafelbilder
Ort Museum für Kunst und Kulturgeschichte im Ernst-von Hülsen-Haus
Öffnungszeiten Dienstag bis Sonntag 11 – 13 und 14 – 17 Uhr

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