Hinter „Bürgerarbeit“ verbirgt sich eine Mogelpackung
Marburg 9.6.2011 (pm/red) Die sogenannte Bürgerarbeit nehme im Landkreis Marburg-Biedenkopf langsam Formen an, schreibt Kreistagsabgeordneter Bernd Hannemann (Die Linke) in einer Pressemitteilung und bezieht dazu Stellung. Dies wird von der Redaktion nachstehend veröffentlicht:
Nach einer Kalkulation des KJC sollen im Landkreis 200 „Bürgerarbeitsplätze“ eingerichtet werden, die nachbesetzt werden können.
Mindestens 25 Bürgerarbeitsplätze sollen für schwerbehinderte Menschen entstehen. Bisher wurden lediglich 14 von 38 bewilligten Bürgerarbeitsstellen vergeben, wie im Gebrauchtwarenkaufhaus der Praxis GmbH einem hiesigen Beschäftigungsträger.
„Bürgerarbeiter_innen“ sollen nach Auskunft des KJC z.B. in Museen, kulturellen Vereinen, in Kleiderkammern, bei sozialen Institutionen oder ähnlichen Stellen beschäftigt werden.
Es kann als sicher gelten, dass „Bürgerarbeit“ alleine nicht ausreicht, die Existenz zu sichern, so dass ergänzende Leistungen beantragt werden müssen. Die hohe Anzahl von arbeitenden Menschen im Landkreis, die zusätzliche Leistungen in Anspruch nehmen müssen, erklärt sich dadurch, dass das KreisJobCenter zunehmend Menschen in nicht existenzsichernde Beschäftigung vermittelt. Diese Form subventionierter Arbeitsplätze ist ein anderes Modell des Kombilohns. Damit befördert „Bürgerarbeit“ ebenfalls die Ausdehnung des Niedriglohnbereiches.
Insofern lassen sich auch die „Erfolgsmeldungen“ des Ersten Kreisbeigeordneten Dr. Karsten McGovern erklären, dass der Landkreis in Sachen Vermittlung Spitze sei.
Wenn erwerbslose Menschen in Midi- und Mini Jobs gedrängt werden, wenn sie nur Monate beschäftigt sind, als Aufstocker arbeiten müssen, oder in unsinnigen Maßnahmen ihre Zeit verbringen, von Leih – bzw. Zeitarbeitsfirmen vermittelt werden, wenn sie der Beratung Dritter überwiesen wurden, älter als 58 Jahre sind, sich krank gemeldet haben, immer dann fallen sie aus der Arbeitslosenstatistik heraus und deshalb ist das KreisJobCenter Marburg-Biedenkopf in der Glättung der Statistik und der Vermittlung in nicht existenzsichernde Beschäftigung einfach SPITZE!
Die in „Bürgerarbeit“ beschäftigten Menschen arbeiten für 900 Euro Brutto und 30 Stunden in der Woche, was etwa 730 Euro Netto entspricht. D.h., dass die Beschäftigten weiterhin auf Hartz IV angewiesen sind (Aufstocker). „Bürgerarbeit“ ist nur die Fortsetzung der Ein-Euro-Jobs mit anderen Mitteln. Anstelle von „Bürgerarbeit“, sind feste Stellen mit einem Mindestlohn einzurichten sowie eine repressionsfreie, armutsfeste Mindestsicherung einzuführen.
Im Anschreiben an die Vertreter der Medien war von der gemeinsamen Kooperation, zwischen dem Marburger Bündnis gegen Depression e.V., dem Bundesverwaltungsamt in Köln und dem Landkreis Marburg-Biedenkopf, die Rede wobei ein „Bürgerarbeitsplatz“ eingerichtet wurde.
Demzufolge soll das Marburger Bündnis gegen Depression und das KreisJobCenter dabei gemeinsam eine Stellenbeschreibung entwickelt und eine passende Person zur Umsetzung des „Bürgerarbeitsplatzes“ gefunden haben. Das Bundesverwaltungsamt habe den Prozess produktiv begleitet und eine Bewilligung bis 2014 für den vom Verein beantragten „Bürgerarbeitsplatz“ ausgesprochen. Anhand dieses Beispiels wurde erläutert, wie solche „Bürgerarbeitsplätze“entstehen und besetzt werden können.
Ironisch kann hier eingewendet werden, dass sich der psychisch Kranke, an einem Menschen dem es noch schlechter geht, aufrichten kann und dann sicher schneller Genesung entgegen sehen wird.
Bernd Hannemann
Mitglied des Kreistages Marburg-Biedenkopf (MdK)
Mitglied im Erwerbslosenrat ver.di Mittelhessen
Mitglied im Ortsbeirat Marburg-Richtsberg