Hessens größtes Planetarium ab November 2024 wieder geöffnet

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Diskussion über Atomausstieg in umfassenderen Kontext der Energiewende einbetten

Marburg  14.6.2011 (red) Viele aktuelle Energiediskussionen um den Atomausstieg und zu Wegen regenerativer Energieerzeugung sind maßgeblich getragen von Stimmen und Betrachtungsweisen von Kritikern der Atomkraft. Mit dem Beschluss der Bundesregierung zum Atomausstieg stellen sich grundlegende Aufgaben zur Einbeziehung bisheriger Befürworter zur Nutzung von Atomenergie – besonders in der CDU als größter Regierungspartei. Die Redaktion das Marburger. hatte Gelegenheit zu einem Gespräch über damit verbundene Fragen mit Frank Spengler bei der Konrad-Adenauer-Stiftung in Berlin. Spengler hat in Marburg Volkswirtschaft studiert und ist stellvertretender Hauptabteilungsleiter für Europäische und Internationale Zusammenarbeit der Konrad-Adenauer-Stiftung.
Im Rahmen seiner Tätigkeit ist er auch verantwortlich für Fragen zu Erneuerbaren Energien. Nach dem Kabinettsbeschluss der Bundesregierung vom 6. Juni 2011 hat diese Problematik eine besondere aktuelle politische Relevanz.

Redaktion: Manche Kommentatoren haben den in Deutschland nunmehr anstehenden und noch vor der Sommerpause von Bundestag und Bundesrat zu beschließenden Atomausstieg als „Revolution von oben“ bezeichnet. Welche Aufgaben stellen sich jetzt für die Konrad-Adenauer-Stiftung mit Blick auf die CDU, gemeint sind breite Teile der Mitglieder und Mandatsträger?

Frank Spengler: Ausgangspunkt der Debatte für einen früheren Atomausstieg in Deutschland waren die Ereignisse in Fukushima. Die Annahme, dass AKWs sicher genutzt werden können, wurde durch die Katastrophe in Japan, einem Hochtechnologieland, widerlegt. Für die deutsche Bevölkerung war das eine tiefgreifende Erfahrung, auch wenn Japan über 9000 Kilometer entfernt liegt. Erinnerungen an Tschernobyl kamen wieder ins Bewusstsein. Die Politik muss auf solche Ereignisse reagieren.

Für die Konrad-Adenauer-Stiftung ergibt sich nun vor allem die Aufgabe, die Diskussion über den Atomausstieg in den umfassenderen Kontext der Energiewende einzubetten.
Das ist nämlich die eigentliche gesellschaftliche Herausforderung, die nun noch schneller angegangen werden muss. Der christlich-demokratische Grundsatz der „Bewahrung der Schöpfung“ verpflichtet uns, die Umwelt nachhaltig zu nutzen. Die begrenzte Nutzung von Atomenergie war als Finanzierung für den Weg in das Zeitalter der Erneuerbaren Energien gedacht. Um die Klimaschutzziele des Energiekonzeptes vom letzten Herbst weiterhin einzuhalten, müssen nun Erneuerbare Energien beschleunigt ausgebaut und die Energieeffizienz noch schneller gesteigert werden. Die damit verbunden ökonomischen und kulturlandschaftlichen Veränderungen verlangen eine intensive Diskussion über lokale, regionale, nationale aber auch internationale Grenzen hinweg, vor allem mit unserem weltweiten Netz von Dialog- und Kooperationspartnern. Es müssen Wege aufgezeigt werden, wie die Energiewende gestaltet werden kann, ohne dass es zum Beispiel zu dramatischen Energiepreissteigerungen kommt.

Redaktion: Wie stark schätzen Sie das „Lager“ derjenigen ein, die als bisherige Befürworter der Atomkraft in der CDU gelten können. Konkret, stehen Sie vor der Aufgabe mehr oder weniger die Hälfte der Parteimitglieder erst noch und überhaupt „mitnehmen“ zu müssen zu der Politik des Atomausstiegs?

Frank Spengler: Es gibt mit Sicherheit ein heterogenes Meinungsbild in der CDU zum Thema Atomkraft. Das gab es auch am Beginn der Debatte zum Energiekonzept letzten Jahres. Es war auch sicherlich zu erwarten, dass es in einer Volkspartei eine umfassende Diskussion dazu gibt. Es ist nun vorrangig die Aufgabe der Parteigremien, auf allen Ebenen die Begründung für die Energiewende ausführlich zu kommunizieren. Die Debatte mit der interessierten Öffentlichkeit zu dieser Thematik wird auch im Rahmen der Bildungsarbeit der KAS in Deutschland ausgeweitet werden. Am Ende der Debatte, die ja jetzt erst im Deutschen Bundestag noch geführt werden wird, steht eine breite Zustimmung in der CDU und in der Bevölkerung zu dem neuen Energiekonzept der Bundesregierung, da bin ich mir sehr sicher.

Redaktion: Im Atomausstieg und nachhaltiger Orientierung auf regenerative Energiegewinnung liegen im internationalen Vergleich besondere technische und ökonomische Chancen für die deutsche Volkswirtschaft. Als Beispiel aus Hessen kann die Firma SMA Solar Technology AG gelten. Diese entwickelt, produziert und vertreibt Solar-Wechselrichter und Überwachungssysteme für Photovoltaikanlagen und  erwirtschaftete in 2010 bei einem Umsatz von 1,9 Mrd. Euro ein Ergebnis vor Zinsen und Steuern (EBIT) von 516,8 Mio. Euro. SMA Solar Technology beschäftigt inzwischen über 6.000 Mitarbeiter und ist Weltmarktführer. Bringt der Atomausstieg also nicht gerade für die deutsche Volkswirtschaft das, was gerne als „Green New Deal“ bezeichnet wird?

Frank Spengler: Dass Deutschland international die erste Adresse für Innovation und Technik im Bereich Erneuerbarer Energien – aber auch, dies wird meiner Meinung nach stark vernachlässigt, in der Entwicklung von Energieeffizienz – ist, dürfte weltweit bekannt sein. Allerdings können wir uns auf diesem Erfolg nicht ausruhen. Schnell wachsende Volkswirtschaften, wie die von Indien oder China, sind in diesem Bereich auch sehr aktiv. Um diesen Vorsprung aufrecht zu halten, müssen wir zeigen, dass Erneuerbare Energien im Vergleich zu fossilen Energien konkurrenzfähig sein können. Das ist noch ein weiter Weg, der sich für uns nicht nur vor dem Hintergrund des Umwelt- und Klimaschutzes lohnen könnte.

Frage: Liegt im Atomausstieg neben der Notwendigkeit auf Seite der CDU nach innen, in die Partei und zu den Wählern, und nach außen, zuallererst in die europäischen Partnerländer, Verstehen, Verständnis und Zustimmung zu erarbeiten, nicht in besonderem Maße eine Chance umfassender Modernisierung tradierter Konzepte. Um es zu personifizieren, könnte Norbert Röttgen (oder ein/e andere/r CDU-Politiker/in) damit zum Ludwig Erhard des kommenden Jahrzehnts werden?

Frank Spengler: Das Interesse an den deutschen Entscheidungen zur Energiepolitik ist in der Tat im Ausland gerade in den letzten Wochen signifikant gestiegen. In vielen europäischen Ländern wird die Frage der Energieversorgung aus vielen Blickwinkeln intensiv geführt. Es ist nun wichtig, diese Diskussion mitzugestalten und zu einer Abstimmung der nationalen Politiken vor allem in Europa zu kommen. Deutschland und damit auch der Bundesumweltminister wird hinsichtlich der Wende zu Erneuerbaren Energien in Europa eine wichtige Rolle spielen. Wie wichtig diese Aufgabe und wie dabei das Handeln einzelner Personen bewertet wird, überlasse ich gerne den politischen Kommentatoren.

Frage: Sie sind Experte in der Konrad-Adenauer-Stiftung für den Afrikanischen Kontinent, wo sie 15 Jahre lang in mehreren Ländern gearbeitet und gewirkt haben. Liegen in einer technologisch gestützten Hinwendung zu regenerativen Energieträgern, insbesondere zur Sonnenenergie, für Afrika als sonnenreichen Kontinent besondere und gute Chancen, nicht zu letzt in Hinblick auf die Schaffung regionaler Wirtschaftskreisläufe und Wertschöpfungsketten?

Frank Spengler: Energiearmut ist in Afrika ein großes Problem. Energieverfügbarkeit ist die Grundlage für wirtschaftliche Entwicklung. Insofern könnte die Nutzung regenerativer Energieträger in der Tat in Afrika zur Entwicklung der Länder eine zentrale Rolle spielen.

Zugleich müssen aber auch entwicklungsfördernde Rahmenbedingungen (wie zum Beispiel Demokratie, Rechtsstaat, Soziale Marktwirtschaft) vorhanden sein, damit ein Technologietransfer zwischen Industrie- und Entwicklungsländern zu einer nachhaltigen wirtschaftlichen Entwicklung führt. Die regionale Wertschöpfung ist dabei ein wichtiges Element und eine besondere Herausforderung für die Politik. Ohne sie wird es schwierig sein, geplante grenzüberschreitende Großprojekte, wie DESERTEC, durchzuführen.

Hintergrund Konrad-Adenauer-Stiftung

Die Konrad-Adenauer-Stiftung ist eine CDU-nahe Stiftung mit Sitz in Sankt Augustin bei Bonn und in Berlin. Dr. Hans-Gert Pöttering, MdEP,  als derzeitiger Vorsitzender war Präsident des Europäischen Parlaments, Generalsekretär ist Michael Thielen, ehemaliger Staatssekretär im Bundesbildungsministerium. Die 1955 gegründete Gesellschaft für christlich-demokratische Bildungsarbeit hat seit 1964 den Namen von Konrad Adenauer, erster Bundeskanzlers der Bundesrepublik Deutschland. Die Konrad-Adenauer-Stiftung wirkt für politische Bildung und als Denkfabrik meinungsbildend in der Gesellschaft. Von Bildungszentren, 16 regionale Bildungswerken, einer Akademie in Berlin und 80 Büros in anderen Ländern wird das Wirken der Stiftung im nationalen und internationalen Rahmen getragen. Die Hauptabteilung Europäische und Internationale Zusammenarbeit der Konrad-Adenauer-Stiftung gibt verschiedene Publikationen heraus, darunter eine Zeitschrift für internationale Fragen, Außenpolitik und Entwicklungszusammenarbeit. Weitere Informationen bei Wikipedia und im Internetportal der Stiftung.

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