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Frauen-Fußballweltmeisterschaft wird kein Sommermärchen

Marburg 25.6.2011 (pm) Der Start der Frauen-Fußballweltmeisterschaft an diesem Sonntag ruft nicht nur Fußballbegeisterte auf den Plan. Auch deutsche Unternehmen erhoffen sich gute Umsätze und Publicity aus Fan-Artikeln, Werbung und Sponsoring. Der Inhaber des Lehrstuhls für Marketing der Universität Hohenheim Prof. Markus Voeth warnt davor, ähnliche positive wirtschaftliche Effekte wie bei der Männer-WM 2006 in Deutschland zu erwarten.
„Während es sich bei einer Männer-WM um ein globales Marketing-Ereignis handelt, das ansonsten – wenn überhaupt – noch von den Olympischen Spielen erreicht wird, stellt eine Frauen-WM für das Marketing von Unternehmen nur ein Nischenereignis dar“, meint der Wissenschaftler. „Dies liegt ganz einfach daran, dass Frauen-Fußball bislang noch keine ausreichende mediale Aufmerksamkeit erfährt. Die Menschen sind mit dem Frauen–Fußball kaum vertraut und interessieren sich daher auch nur am Rande für die WM. Das Ereignis ist für das Marketing insgesamt kein zentrales Thema in diesem Jahr.“

Aktuelle Studien belegen geringeres Fan-Interesse

Die Projektleiterinnen der WM-Studien der Universität Hohenheim Jeanette Loos und Sabine Schwarz, mit denen die Marketing-Wissenschaftler der Universität Hohenheim seit rund 10 Jahren Marketing-Effekte von Fußballweltmeisterschaften untersuchen, sind sich einig. „Während wir in unseren Studien vor der Männer-WM im vergangenen Jahr bei Männern zu 80 Prozent und bei Frauen immerhin noch zu zwei Dritteln ein sehr starkes Interesse feststellen konnten, liegen die Werte in diesem Jahr deutlich darunter. Insgesamt kommen die Studien, die vor der WM in diesem Jahr von verschiedenen Instituten durchgeführt wurden, zu dem Ergebnis, dass gerade einmal jeder Vierte an der WM stark interessiert ist.“

Wenig Interesse bei Sponsoring und Merchandising

In diesen Studien ist in den vergangenen Wochen auch die Bekanntheit der Sponsoren der Frauen-WM in der Bevölkerung ermittelt worden. Schwarz konkretisiert: „Wenn wir die Ergebnisse mit denen der Männer-WM vor einem Jahr oder auch vor fünf Jahren vergleichen, dann liegt der Bekanntheitsgrad des Sponsoring-Engagements der Firmen ungefähr bei 20 bis 25 Prozent der Werte der Sponsoren einer Männer-WM.“
Das geringere Interesse führe für die Sponsoren zu einer nur sehr geringen Aufmerksamkeit und Bekanntheit ihrer Unterstützung. Das Vergleichsbild zwischen Frauen- und Männer-WM stelle sich auch bei den Themen Werbung mit Fußballspielern und -spielerinnen oder bei Merchandising-Artikeln zur WM nicht anders dar. So sollten Sponsoren und Werbetreibende nicht den Fehler machen, die aus dem Männer-Fußball bekannten Erfolgskriterien auf das Engagement im Frauen-Fußball zu übertragen.

Sportliche Werbebotschaften ohne Kournikova-Effekt

„Wenn sie nur relativ wenige Menschen mit ihrem Sponsoring-Engagement erreichen, dann sollte man auch andere Botschaften transportieren oder mit dem Sponsoring andere Ziele verfolgen“, meint Jeanette Loos. Ebenso müsse man in der Werbung auf andere Effekte setzen, wenn noch zu wenig Zuschauer den werbenden weiblichen Fußball-Profi kennen. „Dann kann man nicht darauf hoffen, dass der Zuschauer den Erfolg des Fußballers auf das beworbene Produkt überträgt“, erläutert Schwarz.

Kritisch sehen die Hohenheimer Marketing-Wissenschaftlerinnen in diesem Zusammenhang die Tendenz, den Frauen-Fußball stärker durch die Betonung weiblicher Reize zu vermarkten. „Auch wenn viele Werbestrategien augenblicklich stark auf den sogenannten Kournikova-Effekt setzen, kann das keine nachhaltige Vermarktungsstrategie für den Frauen-Fußball sein. Denn am Ende kommt es bei einem Sport immer auf sportliche Aspekte an“, meint Loos.
Vom Kournikova-Effekt wird in der Sportvermarktung in Anspielung auf die Tennisspielerin Anna Kournikova gesprochen, die zwar im Tennissport nur mäßig erfolgreich war, der es jedoch durch ihr Aussehen gelang, sich sehr erfolgreich zu vermarkten.

Ungerechtfertigter Vergleich von Frauen mit Männern

Eine Frauen-WM sollte insgesamt nicht unbedingt mit einer Männer-WM verglichen werden. „Dadurch wird die Frauen-WM ungerechtfertigt schlecht geredet“, meint Prof. Voeth. Der richtige Vergleichsmaßstab seien die beiden letzten Frauen-Weltmeisterschaften in China und den USA. „Wenn die diesjährige Frauen-Fußballweltmeisterschaft im Vergleich zu diesen beiden Weltmeisterschaften besser abschneidet, dann ist sie ein Erfolg – ganz unabhängig davon, ob nun 20 oder 25 Prozent des Umsatzes und der Budgets einer Männer-WM erreicht werden.“

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