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Bei Erforschung seltener neurodegenerativer Krankheit Durchbruch erzielt

Marburg 26.6.2011 (pm/red) Ein internationales Konsortium unter Marburger und Gießener Leitung hat einen Durchbruch bei der Erforschung einer seltenen neurodegenerativen Krankheit erzielt. Damit kommen erstmals Behandlungsmöglichkeiten in Sicht. Bei der Progressiven Supranuklären Blickparese (PSP) handelt es sich um eine bislang unheilbare Erkrankung, die in mehrerer Hinsicht der Parkinson-Krankheit ähnelt und stets zum Tode führt.

PSP zeichnet sich durch Gangschwierigkeiten, Augenlähmungen, verlangsamte Bewegung und zunehmenden geistigen Verfall aus. Bisher existieren keine Therapien für diese schwere Erkrankung.  Vor allem es dies damit zu erklären, dass die molekularen Grundlagen des Geschehens dieser Krankheit nicht verstanden sind. In der Online-Ausgabe der hochrangigen Zeitschrift Nature Genetics vom 19. Juni 2011 berichtet das Konsortium nun die Identifizierung von Genen, welche durch Fehlfunktion zur Entstehung einer PSP beitragen. Das Konsortium wurde durch den Privatdozenten Günter U. Höglinger der Neurologischen Klinik in Marburg und Prof. Ulrich Müller, Direktor des Instituts für Humangenetik der Justus-Liebig-Universität Gießen, angeführt und zusammen mit amerikanischen Kollegen geleitet.

„Zwei der identifizierten Gene spielen in Nervenzellen bei der Entfernung defekter Eiweiße eine wichtige Rolle“, erklärt Höglinger. Bei mangelhafter Funktion dieser Gene werden Nervenzellen langfristig geschädigt. Ein weiteres identifiziertes Gen ist ein wichtiger Bestandteil der Myelinschicht, welche Nervenzellen umgibt und für die Informationsübertragung von Nervenzellen erforderlich ist. Ein viertes Gen schließlich, das für die Herstellung eines strukturellen Bestandteils der Nervenzellen erforderlich ist, trägt ebenfalls wesentlich zur Krankheitsentstehung bei.

„Die Funktion des als MAPT bezeichneten Gens ist auch in anderen neurodegenerativen Erkrankungen wie der Alzheimer-Krankheit gestört“, ergänzt Müller. Die Entdeckung dieser Gene gibt neue Impulse für die Entwicklung von Medikamenten, welche den Krankheitsverlauf verlangsamen oder ganz hemmen können. Besonders vielversprechend sind Substanzen, welche die gestörte Beseitigung defekter Eiweißstoffe in Nervenzellen wieder herstellen.

Die Umsetzung der Untersuchungen stellte eine besondere Herausforderung dar, weil die Erkrankung mit einer Häufigkeit von 5 unter 100.000 Menschen selten ist. Sie kann mit Sicherheit nur durch feingewebliche Untersuchung des Gehirns verstorbener Patienten (Autopsie) diagnostiziert werden. Schließlich wird für die als Genom-Weite Assoziationsstudie (GWAS) bezeichnete Studie eine sehr große Patientenzahl benötigt wird.

Dem Team aus Marburg und Gießen ist es gelungen, weltweit etwa 1.100 durch Autopsie bestätigte Fälle sowie über 1.000 klinisch diagnostizierte Patienten zusammenzustellen. Die Erbsubstanz dieser Fälle wurde an 620.000 Stellen des Genoms untersucht und mit rund 6.800 gesunden Personen verglichen. Dies führte zur Identifizierung der oben genannten Gene.

Originalpublikation Höglinger et al.: Identification of common variants influencing risk of the tauopathy progressive supranuclear palsy. Nature Genetics, DOI 10.1038/ng.859

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