Sechziger Jahre Bauten sind längst denkmalwürdig
Marburg 25.7.2011 (yb) In Marburg gibt es mit der Initiativgruppe Marburger Stadtbild und Stadtentwicklung (IG MARSS) eine Gruppierung, die sich für das Stadtbild und Anliegen der Denkmalpflege interessiert und engagiert. Deren Anliegen und Sichtweisen sind dabei von einem eher klassischen Denkmalbegriff geprägt, wofür es in der Stadt mit Elisabethkirche gute Gründe gibt. Zu Sichtweisen der IG MARSS hat vor kurzem Claus Schreiner, der Sprecher der Initiativgruppe, einen Gastbeitrag in das Marburger. eingebracht.
Längst wird Marburg an der Lahn dann im 20. Jahrhundert von modernen Bauwerken wesentlich geprägt und überformt. Ein Beispiel in zentraler Lage mag das Ernst-von-Hülsen-Haus sein, dessen überfällige Sanierung und baulich-technische Modernisierung nunmehr ansteht. Direkt gegenüber steht das Uni-Verwaltungsgebäude, zweifelsohne ein Baudenkmal von Rang. In umfassender Sanierung und Modernisierung kurz vor dem Abschluß befindet sich das benachbarte zentrale Hörsaalgebäude der Philipps-Universität – ein Kulturdenkmal. Bei der Mensa am Erlenring wurden baulich-energetische Sanierungen bereits abgeschlossen und auch der Mensahof dürfte bald und endlich fertig gestellt werden.
Die Reihe der hochwertigen und denkmalwürdigen ‚modernen‘ Bauwerke in Marburg lässt sich fortsetzen. Zuletzt und aktuell ist intensiv um die Klinik Sonnenblick diskutiert worden. Auch die Gebäude der geisteswissenschafltichen Institute in der Wilhelm-Röpke-Straße können – jedenfalls nach Auffassung des Schreibers dieses Beitrages – als bedeutende Zeugen eines Baustiles und eines Zeitabschnittes begriffen werden. Dies gilt in besonderem Maße für die Universitätsbibliothek mit ihrem erhabenen silbernen Kubus.
So kann es nicht sonderlich überraschen, dass in dieser Woche besonderer Besuch aus Wiesbaden nach Marburg kommt. Nach Informationen der Redaktion steht vom Landesamt für Denkmalpflege, mit Sitz in Schloß Biebrich in der Landeshauptstadt, hochrangiger Besuch in Marburg an. Gegenstand des Interesses sind moderne Bauwerke in Marburg, solche aus den sechziger Jahren. Es erfordert nicht allzuviel Phantasie zu vermuten, dass die Visite der obersten Denkmalschützer besonders dem Hörsaalgebäude gelten kann. Schließlich sind für dessen Transformation zugleich in einen Zustand auf der Höhe der Zeit, Stichwort energetisch-technische Sanierung, mehr als 10 Millionen Euro verausgabt worden.
So könnten die umfangreichen Investitionen und Sanierungsmaßnahmen in Bauwerke der ‚Moderne‘ in Marburg zum Anlass werden über den Denkmalbegriff und dessen Weiterentwicklung nachzudenken. Es gibt in Marburg Bedarf und Notwendigkeit für eine Fortschreibung und Weitung von Sichtweisen und Selbstverständnis. Es gibt für moderne Bauwerke viel zu tun, um zu erhalten, zu pflegen und das moderne Stadtbild in den Fokus aufzunehmen. Das Hessische Denkmalrecht ist dafür längst ausgerichtet, die Ansichten mancher Bürger sind eher verhaftet im Alten, gerne in Fachwerkbauweise errichteten Häusern und Gebäuden.
Es mag hier Diskrepanzen geben, vielleicht so etwas wie einen time lag. Dies ist kein Widerspruch, schon eher Bestätigung, bestimmt jedoch Aufforderung zum Betrachten, Erörtern und Denken. Einen profunden und sehr ausführlichen Beitrag dafür hat Angus Fowler als Gastbeitrag bereits geliefert. An dessen Edition und Illustration wird gearbeitet. In dieser Woche geht es in Marburg zunächst und vor Ort um die ‚Moderne‘.