Absage für Partikeltherapie in Marburg – und mit welchen Folgen?
Marburg 27.7.2011 (yb) Vom 18. Juli 2011 datiert die gemeinsame Pressemitteilung der Rhön-Klinikum AG und der Siemens AG, in der das Aus für die geplante Anwendung der Partikeltherapie in Marburg kommuniziert wurde. Der Redaktion wurde sie auf ausdrückliche Anfrage übermittelt, nachdem die Hiobsbotschaft bereits in der lokalen Presse gedruckt verbreitet worden war. Vom 18. Juli datiert auch ein eineinhalbseitiges Schreiben an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des UKGM (Universitätsklinikum Gießen und Marburg), worin die schlechten Nachrichten an die Beschäftigen kommuniziert wurden.
Auf telefonische Nachfrage der Redaktion von das Marburger. wurde mitgeteilt, dass man, gemeint das UKGM resp. die Rhön Klinikum AG, für die Kommunikation in dieser Sache nicht weiter zuständig sei. Da gebe es nunmehr Siemens auf der einen Seite – weil Siemens die Anlage (zurück-)gekauft hat – und die Philipps-Universität resp. deren Medizinische Falkultät auf der anderen Seite, mithin das Land Hessen als Hochschulträger. Für die betroffenen MitarbeiterInnen werde das UKGM sorgen.
Kommunikation in der Krise* – ein schwieriges, ein sehr schwieriges Geschäft. Das zudem in der Sommerpause, wo viele – etwa die Marburger Landtagsabgeordneten – im Urlaub sind oder waren. Dabei geht es um Investitionen in der Größenordnung von 100 Millionen Euro. Das ist weder für die Rhön-Klinikum AG noch für die Siemens AG ein Pappenstiel. Es geht noch um einiges mehr. Doch der Reihe nach.
Zuerst reagiert hat der SPD-Landtagsabgeordnete Thomas Spies, von Beruf Arzt, Mediziner. Er verlangte in seiner Pressemitteilung namens der SPD-Landtagsfraktion Aufklärung vom zuständigen Ministerium in Wiesbaden, artikulierte den Gedanken einer Kaufpreisnachforderung in Höhe von 100 Millionen Euro an die Rhön Klinikum AG und hat auf einen Anspruch von Patienten auf das Angebot von Partikeltherapie verwiesen. Zudem veröffentlichte Spies ein Schreiben an Wissenschaftsministerin Kühne-Hörmann, in dem genauere Informationen eingefordert werden, dies mit einer Fristsetzung zum 27. Juli 2011, mithin bis heute.
Damit ist das Thema politisch geworden, oder besser formuliert auf die politische Ebene gehoben worden. Da gehört es wohl (auch) hin. Daraufhin hat sich der CDU-Landtagsabgeordnete Christean Wagner in der Sache artikuliert, nachzulesen auf dessen Webseiten. Dieses wurde inzwischen in der örtlichen Presse kommuniziert, wie mehrere weitere Meldungen.
das Marburger. veröffentlicht nachstehend die Fragen von MdL Spies an Wissenschaftsministerin Kühne-Hörmann, um deren Beantwortung er dringlich gebeten hat.
Es lassen sich weitere Fragen in diesem Zusammenhang artikulieren. Für die Philipps-Universität Marburg soll im Rahmen der Planungen des Ausbaus des Campus Lahnberge gerade das Zentrum für Tumor- und Immunbiologie (ZTI) in Bau gehen.
- Wird durch die Einstellung des PTZ (Partikeltherapiezentrums) eine Gefährdung einer gewollten Clusterbildung, also Schwerpunktbildung am Standort Marburg ausgelöst?
- Wie ist eine konkrete und perspektivische Schwächung des Forschungs- und Medizinstandortes Marburg zu verhindern?
- Wie kommt es zu dieser plötzlichen Krise und wie wird damit umgegangen?
- Gibt es so etwas wie ein Kommunikationsverhalten mit dem Betroffene, Besorgte und die Öffentlichkeit umgehen können?
Ebenso nachvollziehbar wie plausibel ist, dass es jetzt erst einmal eine gewisse Zeit braucht, bis Klärungen zur Sachstandslage geleistet werden können. Daran wird wohl seitens der Hessischen Landesregierung, Wissenschaftsminsterium, in Gesprächen mit den Konzernverantwortlichen der Rhön Klinikum AG gearbeitet.
Doch es gibt nicht alleine in Marburg eine Menge Unruhe und Beunruhigung, wo zudem für den Siemens Konzern wohl nicht alleine das PTZ in Marburg gescheitert ist. Kommunikation, konkret Informationen sind gefordert – dabei geht es um die Zuverlässigkeit und Glaubwürdigkeit vieler Beteiligter.
An Kommunkationsmitteln mangelt es nicht, ob der Wille vorhanden ist, die Öffentlichkeit tatsächlich zu informieren, bleibt abzuwarten und zu beobachten – und das in der sogenannten Sommerpause. (2011/07/27/09.11 CET)
*Kommunikation in der Krise ist der Titel eines Buches mit Untersuchung des Kommunikationsverhaltens eine Energiekonzerns nach einem Grubenunglück 1988, bei dem 51 Bergleute zu Tode gekomen sind.