Bin mit der aktuellen Finanzlage für Marburg sehr zufrieden
Marburg 15.8.2011 (red/yb) Anfang Juli hat die Redaktion ein Gespräch mit Oberbürgermeister Egon Vaupel geführt, die Finanzlage und finanziellen Perspektiven der Stadt Marburg betreffend. Der im März 2011 mit 59,3 Prozent der Wählerstimmen zum zweiten Mal direkt gewählte Marburger OB ist zugleich Kämmerer der Universitätsstadt an der Lahn. Für Kenner der finanziellen Lage der 80.000 Einwohnerstadt mögen Vaupels Aussagen unmittelbar wenig Neues beinhalten. Zugleich ist hier, gewissermaßen einschränkend, zu beachten, dass Gegenstand der Betrachtung nicht der „Konzern Stadt Marburg“ mit zugehörigen Tochtergesellschaften, wie Stadtwerke Marburg und der städtischen Wohnungsbaugesellschaft GeWoBau, gewesen ist. Wobei auch diese Zahlen interessant sind, jedoch hier nicht zu Grunde liegen. Der Betrachtung liegt der Haushalt der Stadt in seiner Entwicklung selbst zu Grunde.
Befragt zur aktuellen Finanzlage sagt Vaupel er sei „sehr zufrieden“ und verweist zugleich auf geleistete hohe Investitionen zum Infrastrukturausbau, etwa im Schulbereich und in der Kinderbetreuung. Trotzdem konnte der Haushalt ausgeglichen werden. Derzeit hat die Stadt Marburg einen Doppelhaushalt für die Jahre 2010 und 2011, der vor einigen Wochen im Rahmen eines Nachtragshaushalts 2011 fortgeschrieben worden ist. So habe Marburg derzeit keine Kassenkredite und es habe Darlehnsrückführung gegeben, erläutert Kämmerer Vaupel.
Damit operiert die Stadt Marburg in einer ausgesprochen positiven und ungewöhnlichen Finanzsituation, befinden sich doch nahezu allerorten die öffentlichen Haushalte in Schieflage. Ob Kommunale Haushalte – also die von Gemeinden, Städten und Landkreisen – das Land Hessen oder der Bund, auf allen Ebenen wird um ausgeglichene Finanzen gerungen, ist von Schuldenabbau oder von Schuldenbremse allenfalls die Rede.
In seinen Aussagen gibt sich Vaupel vorsichtig und verweist auf kommende steigende Ausgaben für die Kinderbetreuung. „Gerade in einer Universitätsstadt wie Marburg mit ihren hochqualifizierten Arbeitsplätzen, etwa im Pharmabereich, ist die Nachfrage nach gut ausgebildeten Frauen und Männern groß“ erläutert Vaupel. „Gute und verlässliche Kinderbetreuungsangebote sind deshalb wichtig, um Eltern die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu ermöglichen.“
Veränderte Anforderungen und Belastungen für die Kommune im Zuge des demographischen Wandels sind ein weiterer Hinweis des Marburger Kämmerers.
Im Jahr 2008 wurde in Marburg der Gewerbesteuerhebesatz von 400 auf 370 Punkte abgesenkt. Damit verbunden ist ein deutlich niedrigeres Gewerbesteueraufkommen für die Stadt Marburg in Millionenhöhe. Zum Vergleich blicken manche zur benachbarten Universitätsstadt Gießen, wo der Gewerbesteuerhebesatz 420 Punkte beträgt.
Bei einem aktuellen Gewerbesteueraufkommen für Marburg in Höhe von 69 Millionen Euro, wesentlich getragen von mehreren großen Firmen in Marburg, sieht Egon Vaupel die Stadt Marburg auf genau richtigem Kurs. Er verweist auf eine wachsende Zahl sozialversicherungspflichtiger Beschäftigungsverhältnisse in seiner Stadt, die eben nicht nur von der Universität als großem Arbeitgeber ausgehen würden. Sichere und attraktive Arbeitsplätze in Marburg in wachsender Zahl sind für den Kämmerer Ausdruck solider und zukunftsorientierter Haushaltspolitik. „Und dazu gehört nun einmal der Hebesatz für die Gewerbesteuer“ sagt Vaupel.
Zudem erläutert er die Zusammenhänge einer Brutto- und Nettobetrachtung . Es sei eben mitnichten so, das ein rechnerisch höheres Gewerbesteueraufkommen auch ebenso in der Stadtkasse ankomme. Damit würde eine wachsende Belastung durch eine Kreisumlage auf die Stadt Marburg zukommen und es stünden Kürzungen bei den Landeszuwendungen ins Haus. (Kommunaler Finanzausgleich)
„Die Herabsetzung des Hebesatzes hat den Standort Marburg gefestigt“ sagt Vaupel. Das Gewerbesteueraufkommen in der Universitätsstadt Marburg sei begrenzt. Es gehe nicht immer nur nach oben.
Marburgs Oberbürgermeister plädiert für eine Abschaffung der Landkreise
In den letzten Jahren gibt es einige Diskussionen um das Verhältnis von der Sonderstatusstadt Marburg zum Landkreis Marburg-Biedenkopf. Zugleich wird übergreifend in Hessen die Frage nach Sinn und Unsinn der Mittelbehörde Regierungspräsidium geführt. Dies geht hin bis zu Versuchen einer Fusion von Stadt und Landkreis, dies allerdings bisher alleine im eigentlichen Nordhessen, wo Stadt Kassel und Landkreis Kassel – bisher erfolglos – eine solche Initiative gestartet haben.
Marburgs Kämmerer sieht auf die Hessischen Sonderstatusstädte (erläutern) keine guten Zeiten zukommen. Das Land Hessen plane strukturelle Eingriffe zu Lasten eben der Sonderstatusstädte. Er sei sich mit seinen Kollegen, beispielsweise dem OB in Fulda mit ganz anderer Parteizugehörigkeit, einig darin, dass die vom Land gewollte Umverteilung keinesfalls dem Wohl des Ganzen diene. „Dies würde Marburg, Gießen, Fulda (…) schwächen, ohne dass die entsprechenden Finanzmittel den Landkreisen in der Region, also hier dem Landkreis Marburg-Biedenkopf, zuwachsen würden“ führt Vaupel aus.
Angesprochen auf die Strukturfrage der derzeitgen verschiedenen Ebenen im Land Hessen, mit Land, dessen Mittelbehörde Regierungspräsidium, Landkreisen, Städte und Gemeinden kommt der Marburger Oberbürgermeister zu einer knappen Aussage. „Meiner Auffassung nach müssen die Landkreise abgeschafft werden“ lautet Vaupels Einschätzung, die er durchaus nicht alleine auf Gegebenheiten in Marburg verstanden wissen will. (20110815-08-45-CET)