Neugestalteter Ausguck auf die Spitze der Halbbastion am Hexenturm
Marburg 23.12.2011 (pm) Als Landgraf Karl ab 1685 mit der Neubefestigung der Festung Marburg begann, war der Bau von Bastionen Standard der Militärbautechnik. Eine Bastion ist ein im Grundriss fünfeckiges Bauwerk, das einem Wall oder Mauer vorsteht. Dieses System lässt in Kombination mit benachbarten Bastionen kreuzendes Feuer vor den Stirnen der Bastionen zu und garantierte, dass alle Flächen vor der Front mit Gewehren oder Geschützen bestrichen werden können. Auf den Spitzen dieser Bastionen errichtete man Wachthäuschen, damit von dort ein Wachtposten die seitlichen Mauern kontrollieren konnte. Diese Wachthäuser waren immer massiv, um die Posten gegen feindliches Feuer abzusichern, wenn sie an öffentlichen Wegen standen. Sie wurden mit kunstvollen steinernen Wappen versehen, um den Passanten deutlich zu zeigen, wer hier der Herr war.
So hat die Festungsfront am Marburger Schloss entlang des heutigen Gisonenweges, der um 1700 Hauptzufahrt zum Schloss geworden war, zwar auf den Ecken beim Herderinstitut und bei der Zufahrt zum Rosengarten solche Wachthäuser gehabt. Ob auch die Bastion am Hexenturm, die zwischen 1705 und 1710 errichtet wurde, ebenfalls solch einen Wachterker gehabt hat und wie er aussah, ist nicht bekannt. Vermutlich hat sie einen solchen gehabt, schließlich führte hier der Weg von Caldern, dem landgräflichen Versorgungshof, zum Renthof, dem Lebensmitteldepot des Schlosses, vorbei. Da jedoch überhaupt keine Baupläne mehr von Bauten im Schlossbereich vorhanden sind, wäre jeder Versuch, ein solches Wachthaus auf der Bastionsspitze nachzubauen, ein Ratespiel.
Es stellt sich darüber hinaus die Frage, ob der Nachbau eines solchen Wachterkers nach Vorbildern zum Beispiel in Mainz oder Erfurt angebracht ist. Längst sind die Mauern dieser Bastion nicht mehr diejenigen, die 1710 bebaut wurden. Dort stehen neue Mauern, die in vieljährigen Maßnahmen bis 2010 wiedererrichtet wurden. Die Bastionsspitze verlangt aber aus gestalterischen Gründen geradezu nach einer Eckbetonung. Überlegungen dazu, abgestimmt mit dem damaligen Landeskonservator Udo Baumann, führten dazu, den Erker, und letztendlich auch die ganze neue Mauer, als Werk unserer Zeit zu kennzeichnen. Dafür sollte sinnvoller Weise kein Sandstein verwendet werden.
Als Planer einer solchen Eckbetonung konnte Erhardt Jacobus Klonk aus Oberrosphe gewonnen werden. Sein Konzept sah ein ‚Tor zum Wachterker‘ vor, dann eine Plattform als Ausguck nach beiden Seiten und auf der Spitze der Plattform eine Plastik, die man als flatternde Fahne oder aufsteigende Flammen interpretieren kann, alles aus verzinktem Stahlblech. Der Denkmalschutzbeirat hat im März 2011 dem Vorhaben zugestimmt. Die schwierigen Schweißarbeiten wurden von der Schlosserei Burkhard Böckler durchgeführt. Die notwendigen Mauerwerks- und Pflasterarbeiten hat Bernd Nau vom Dienstleistungsbetrieb der Staadt Marburg (DBM) vorgenommen.