Kein Fortschritt bei Bürgerrechten in Bilanz für 2011 von Humanistischer Union
Marburg 04.01.2011 (pm) Mit neun eigenen Veranstaltungen sowie der Beteiligung an zahlreichen weiteren Aktivitäten war das Jahr 2011 eines der aktivsten in der Geschichte der Humanistischen Union Marburg. Angesichts der Rahmenbedingungen war dieses Engagement nach Ansicht des Zweiten Vorsitzenden der HU Marburg allerdings auch bitter nötig.
„Was die Bürgerrechte anbelangt, gab es im mittelhessischen Raum im Jahr 2011 keine positive Entwicklung“, resümierte Tronje Döhmer. Eine der zentralen HU-Aktivitäten war für ihn das Engagement anlässlich der Proteste gegen den Nazi-Aufmarsch am 16. Juli in Gießen. „Die Folgemonate machten deutlich, wie wichtig dieser Einsatz gewesen ist“, konstatierte der Bürgerrechtler. „4.000 bis 5.000 Polizisten schützten zirka 120 – zum Teil gewaltbereite – Neonazis vor mutigen, antifaschistisch gesinnten Bürgern. Heute wissen wir, dass die menschenverachtenden Nazi-Gruppierungen nicht nur unter einem Schutzschirm der Polizei, sondern auch der bundesdeutschen Verfassungsschutzämter stehen. Dafür schäme ich mich heute, 66 Jahre nach dem Ende des so genannten Dritten Reiches.“
Besonders beeindruckend fand Döhmer die HU-Veranstaltung mit dem Journalisten Eckart Spoo. „Sein Vortrag über die Jahrzehnte andauernde Kriegspropaganda in Presse, Rundfunk und Fernsehen half mir, die historische Entwicklung nach 1945 noch deutlicher zu sehen. Die Pressekonzentration ist noch weiter voran geschritten, als ich dies bislang angenommen habe. 20 – nahezu gleichgeschaltete – Pressekonzerne und regionale Pressemonopole beeinflussen die öffentliche Meinung. Die Politik dieser Konzerne und Monopole orientiert sich keinesfalls an Grund- und Menschenrechten.“
Die Aktion „Geld für Soziale Gerechtigkeit statt Bonds für Bonzen“ auf dem Marburger Marktplatz ist dem HU-Vorstandsmitglied Matthias Schulz positiv in Erinnerung geblieben. „Der symbolische Ausverkauf des Sozialstaats für einen Appel und ein Ei hat den undemokratischen Einfluss dubiöser Märkte auf die Politik sehr anschaulich deutlich gemacht.“
Die Beteiligung an den Aktionen nach der Atomkatastrophe im japanischen Fukushima war für den Marburger HU-Vorsitzenden Franz-Josef Hanke ein weiterer wichtiger Teil seines Engagements im ablaufenden Jahr. Mit seiner Rede beim 8. Marburger Montagsspaziergang gegen Atomkraft am Montag (9. Mai) hat Hanke den Zusammenhang zwischen der Nutzung der Atomenergie und der Bedrohung von Freiheits- und Bürgerrechten dargestellt.
Den Vortrag von Prof. Dr. Hans Schauer über „Die Sprache des Ungeists“ nennt HU-Vorstandsmitglied Dragan Pavlovic als weiteres wichtiges Thema der mittelhessischen Bürgerrechtsarbeit. „Der Psychologe hat Methoden deutlich gemacht, mit denen Macht und Gewalt gerechtfertigt werden.“
2012 möchte die HU Marburg ihre Arbeit im gleichen Geiste fortsetzen. Bereits am Mittwoch (25. Januar) veranstaltet sie gemeinsam mit dem Marburger Weltladen einen Vortragsabend mit der FIAN-Geschäftsführerin Ute Hausmann zum „Menschenrecht auf Nahrung“.
„Im Frühjahr wollen wir mit der Stadt Marburg dann auch wieder das Marburger Leuchtfeuer für Soziale Bürgerrechte verleihen“, kündigte Hanke an. Vorschläge für geeignete Preisträger nimmt die Jury noch bis Dienstag (31. Januar) entgegen.
„Acht geben werden wir auch darauf, dass dem Verfassungsgerichtsurteil zum Verbot der Vorratsdatenspeicherung uneingeschränkt Rechnung getragen wird“, versprach Hanke abschließend. „Wenn die verdachtsunabhängige Speicherung aller Verbindungsdaten von Telefon und Internet käme, dann stünde jeder unter Generalverdacht und das Grundgesetz würde zur Makulatur.“