‚Der Schlaf der Geige‘ ab Mitte Januar in der Waggonhalle
Marburg 05.01.2011 (pm/red) Holocaust. Schrecklich. Dürfen wir nie vergessen. Da stimmen alle zu. Holocaust ist Auschwitz, Dachau, Buchenwald, Berlin, Nürnberg. Nah und fern. Und doch vergessen wir. Denn Holocaust ist auch hier. Holocaust ist Marburg, Ebsdorfergrund, Kirchhain. Menschen sind weg. Nachbarn sind weg. Menschen, die vielleicht im selben Haus gewohnt haben, in dem wir heute zuhause sind. ‚Der Schlaf der Geige‘ erzählt die Geschichte von zwei dieser Menschen, gespielt von Willi Schmidt und Mareike Kemp, Foto, basierend auf zwei Schicksalen aus Schröck. Weil sie anders waren – er Epileptiker und sie psychisch krank – wurden sie in die ‚Heilanstalt‘ Hadamar deportiert, zwangssterilisiert und ermordet, wie 15.000 weitere ‚unwerte‘ Leben auch.
Geschichte über die Deportation von psychisch Kranken aus oberhessischen Dörfern
„Willi Schmidt und Mareike Kemp entwickelten daraus während der Proben das einfühlsame, poetische Doppelporträt zweier Menschen, die zu ihrer Deportation in ihre Familie und ihr Dorf integriert und weitgehend akzeptiert waren. Es ist ein leises, sehr dichtes Stück, dass von dem intensiven, nuancenreichen Zusammenspiel der bei- den Darsteller lebt, von Gesten und Blicken, die sich einprägen, weil sie sparsam und präzise ein- gesetzt sind. Das völlige Fehlen von Pathos, die manchmal fast verspielte, melancholisch getönte Leichtigkeit der Darstellung lassen das Thema um so stärker wirken. Das Grauen steht zwischen den Zeilen und ist doch ständig präsent … „ Schlaf der Geige“ ist ein Stück, dass man instinktiv versteht und dessen Ende in seiner gruseligen Eindeutigkeit regelmäßig eine Schweigeminute beim Publikum hervorruft. Sehr traurig und sehr sehenswert.“ (Der Grundblick)
Von und mit Mareike Kemp und Willi Schmidt | Text Willi Schmidt | Regie Willi Schmidt | Regie-Assistenz Lena Hinrichs.
Der Autor und Theaterregisseur Willi Schmidt lebt und arbeitet als Zeitungsverleger und Autor im Ebsdorfergrund und ist mit Theaterprojekten in der Waggonhalle in Marburg tätig. Bei den beiden letzten Projekten ‚In die neue Welt – das Sängerfest‘ und ‚Das Wirtshaus an der Lahn‘ wirkte als Schauspielerin Mareike Kemp mit.
Begleitend dazu zeigt die Waggonhalle im Theatersaal tagsüber von 11 bis 18 Uhr und im Anschluss an die Theatervorstellungen eine Ausstellung mit Bildern, Dokumenten und Texten über die Euthanasie-Verbrechen der Nationalsozialisten in Hessen. Dabei wird es unter anderem um die Ideologie hinter dem ‚Euthanasie‘-Konzept der Nationalsozialisten, deren politische Umsetzung im Dritten Reich, die besondere Geschichte der Anstalt in Hadamar und exemplarisch um die Schicksale der Opfer gehen.
Termine Dienstag 17., Mittwoch 18., Donnerstag 19. Januar – jeweils 20 Uhr.