Christoph Safferling mit Aufarbeitung der NS-Vergangenheit im Bundesjustizministerium in wissenschaftliche Kommission berufen
Berlin, Marburg 13.11.2012 (pm/red) Am 11. Januar 2012 hat Bundesministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger den Marburger Strafrechtsprofessor und stellvertretenden Direktor des Forschungs- und Dokumentationszentrum Kriegsverbrecherprozesse Christoph Safferling zum Mitglied der unabhängigen wissenschaftlichen Kommission beim Bundesministerium der Justiz (BMJ) zur Aufarbeitung der NS-Vergangenheit bestellt. Gemeinsam mit dem Potsdamer Zeithistoriker Professor Manfred Görtemaker soll Safferling den Umgang des BMJ mit der NS-Vergangenheit in den 1950er und -60er Jahren aufarbeiten.
Untersucht werden personelle Kontinuitäten im Ministerium, so etwa die Frage, wie viele mit NS-vergangenheit belastete Mitarbeiter in dieser Zeit im Ministerium beschäftigt waren. Thematisiert werden zudem sachliche Kontinuitäten, inwieweit nationalsozialistische Gesetzgebung und Rechtsprechung in der Nachkriegszeit aufgehoben wurden, wie sich das Ministerium zur Strafverfolgung von NS-Tätern verhalten hat und aus welchen Gründen Maßnahmen nicht ergriffen wurden, etwa zu Entschädigung von Opfern des NS-Unrechts.
Dazu werden die mit der Aufarbeitung befassten Wissenschaftler selbst in die Akten einsteigen und eigene Befunde erheben. Im April 2012 soll im Rahmen eines wissenschaftlichen Symposiums unter Beteiligung weiterer Experten eine Bestandsaufnahme des derzeitigen Forschungsstandes zum Umgang des Bundesjustizministeriums mit der NS-Vergangenheit in den 1950er und 1960er Jahren vorbereitet und damit der Forschungsbedarf herausgearbeitet werden.
Die Berufung von Prof. Safferling belege in eindrücklicher Weise die an der Philipps-Universität Marburg vorhandene einzigartige Kompetenz im Bereich des Umgangs Deutschlands mit der NS-Vergangenheit, teilt die Universität dazu in ihrer Presseinformation mit. Nach Professor Eckart Conze, der die Vergangenheit des Auswärtigen Amtes untersucht hat, und Professor Wolfgang Krieger, der in einer vergleichbaren Kommission die Geschichte des Bundesnachrichtendienstes untersucht, erfolgt nunmehr die dritte Berufung eines Marburger Professors in eine solche Kommission. Alle drei Wissenschaftler sind im Forschungs- und Dokumentationszentrum Kriegsverbrecherprozesse der Philipps-Universität Marburg tätig.
Hintergrundinformation ICWC
Am International Research and Documentation Center for War Crimes Trials (ICWC), dem Forschungs- und Dokumentationszentrum für Kriegsverbrecherprozesse an der Philipps-Universität Marburg, wirken mehrere wissenschaftliche Disziplinen, vor allem Rechtswissenschaft, Geschichtswissenschaft und Sozialwissenschaften zusammen, um das Völkerstrafrecht und seine Anwendung unter verschiedenen Blickwinkeln zu erforschen und historische Quellen systematisch zu dokumentieren. Dabei trägt das Forschungszentrum nicht nur zum Lehrangebot der Universität Marburg bei. Das ICWC unterstützt auch die Arbeit internationaler Gerichte durch die Bereitstellung von Prozessunterlagen und wissenschaftlichen Analysen. Darüberhinaus werden regelmäßig internationale Konferenzen organisiert, um die Diskussion unter Wissenschaftlern und Praktikern des Völkerstrafrechts zu bereichern und voranzutreiben.