Naomi Beckwith als Künstlerische Leiterin der documenta 16 vorgestellt

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Energiewende mit Konfliktstellungen – Bioenergie als Bedrohung der Ernährungssicherung

Ein Szenario der Bundesregierung zum Beitrag von Bioenergie zum Energiebedarf Deutschlands im Jahr 2050 sieht mögliche 23 Prozent der Primärenergie aus heimischer Biomasse, Maßeinheit sind Petajoule = PJ (Quelle: Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe)

Berlin, Marburg 21.1.2012 (pm/red) Bei der ‚Grünen Woche‘ in Berlin geht es um Landwirtschaft und Ernährung. Bei der Erzeugung eneuerbare Ernergien geht wesentlich um Biomasse als Energieträger. Hier drohen Konkurrenzen und Konflikte, gerne mit den Schlagwort ‚Tank oder Teller‘ umschrieben. Dazu liegen jetzt Empfehlungen des BioÖkonomieRats vor:  Ernährungssicherung muss Vorrang haben.  „Die     energetische Nutzung  von Biomasse ist … nur tragbar wenn sie ohne nachteilige Auswirkungen auf die   Welternährungsfrage  umsetzbar ist.“ Dieser zentralen Aussage aus der Studie des BioÖkonomierats wird angesichts einer Weltbevölkerung von 7 Milliarden Menschen – darunter rund 1 Milliarde von Hunger und Unternährung geplagt – niemand widersprechen können. So empfiehlt das Gremium die Nutzung der Bioenergie zu korrigieren.

Ein Ausbau der Bioenergie im Zuge der Energiewende sollte sich nach Einschätzung des BioÖkonomieRats der Bundesregierung stärker an Kriterien der Wirtschaftlichkeit orientieren und der Ernährungssicherung Priorität einräumen. „Noch höhere Importe von Agrarrohstoffen für die Bioenergiegewinnung dürfen nicht dazu führen, dass der Welthunger weiter zunimmt“ sagte der Vorsitzende des BioÖkonomieRats, Reinhard F. Hüttl. Das sind deutliche Worte. Die Ernährungssicherung müsse Vorrang vor dem Ausbau der Bioenergie haben, ist eine Kernaussage der Empfehlungen zur Bioenergie, wobei die bestehenden Förderinstrumente für die Bioenergie kritisch betrachtet werden.
Zudem müsse eine Strategie zur Nutzung der Bioenergie viel stärker Umwelt- und Klimaschutzaspekte sowie Effizienzsteigerungen und Forschung in verbesserte Technologien  betonen. Es wird bemängelt, dass durch die Förderung der Bioenergie enorme volkswirtschaftliche Kosten entstehen, die über die Umlage des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) mit steigenden Energiepreisen private Haushalte und die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen belasten.

Sogenannte Biomassenutzungspfade in schematischer Darstellung. (Quelle: BioÖkonomierat)

Dies kann dazu führen, dass der wirtschaftliche Wert landwirtschaftlicher Erzeugnisse für Energieumwandlung höher wird, als bei der Nahrungs- oder Futtermittelproduktion. Aus Bauern und Landwirten zur Nahrungsproduktion werden Energiewirte. Angesichts – durch Siedlungsbau und Straßenbau – schwindender landwirtschaftlicher Anbauflächen in Deutschland, geht ein Ausbau von Bioenergienutzung perspektivisch nur über eine Ausweitung von Importen.

Für eine – grundsätzlich sinnvolle – Nutzung von Biomasse werden damit erhebliche Effizienzsteigerungen nötig um die Wirkungsgrade von Biomassekraftwerken und Biokraftstoffen sowie innovative Methoden wie die Energiegewinnung aus Mikroalgen zu verbessern.

Landwirtschaftliche Biogas-Anlage in Ebsdorfergrund

>In Deutschland stehen für die agrarische Produktion ca. 11,9 Mio. Hektar  Ackerflächen und 4,9 Mio.  Hektar Grünland zur Verfügung. Wald belegt ca. 11,1 Mio. Hektar Fläche. Eine Erschließung weiterer Flächen für die Agrarproduktion ist in Deutschland nur in sehr beschränktem Umfang möglich.  Konservative Schätzungen gehen davon aus, dass ca. 176.000 Hektar zur Verfügung stehen ( KBU,    2009). Der Anbau nachwachsender Rohstoffe zur energetischen und stofflichen Verwendung belegt    mittlerweile 19 % der gesamten Ackerfläche in Deutschland. Davon entfallen mit ca. 2,0 Mio. Hektar 86 % auf Energiepflanzen. Raps zur Biodieselgewinnung und Pflanzen für die Biogaserzeugung nehmen dabei den größten Anteil ein.< Aus der Studie der Bioenergierats.
Die Empfehlungen des BioÖkonomieRats bemängeln den hohen Energieeinsatz für Anbau, Pflege und Ernte von Energiepflanzen sowie für die dafür benötigten Dünge- und Pflanzenschutzmittel. Das Gremium empfiehlt deshalb, negative Auswirkungen auf Natur, Umwelt und Klima zu reduzieren und eine positive Klimabilanz über die gesamte Wertschöpfung vom Anbau der Energiepflanzen bis zur Reststoffverwertung zu erreichen.

Anbau von Biomasse als Energieträger verdrängt Nahrungserzeugung

Da die hiesigen Ackerflächen nicht ausreichen, um genügend Biomasse für die Ziele zum Ausbau der Bioenergie bereit zu stellen, importiert Deutschland schon heute etwa 40 Prozent der hierzulande verarbeiteten Biomasse. „Unsere Bioenergie-Importe dürfen nicht zu negativen ökonomischen, ökologischen und sozialen Auswirkungen in den Herkunftsländern führen.

„Zurzeit verstärkt die Bioenergienutzung die Nahrungsmittelknappheit und erhöht Nahrungsmittel- und Landpreise, was zu politischen Unruhen in den Entwicklungs- und Schwellenländern führen kann“, sagte Joachim von Braun, Direktor am Bonner Zentrum für Entwicklungsforschung (ZEF) und stellvertretender Vorsitzender des BioÖkonomieRats. Auch er forderte vermehrte Forschung zur Produktivitätssteigerung sowie internationale Standards, damit die Ernährungssicherung nicht durch die energetische Nutzung belastet werde. Mit anderen Worten und hinlänglich bekannt: Es droht wachsender Hunger.

Hintergrund: Der BioÖkonomieRat ist unabhängiges Beratungsgremium der Bundesregierung in allen Fragen der Bioökonomie. Ihm gehören Experten aus universitären und außeruniversitären Forschungseinrichtungen, der Ressortforschung des Bundes und der privatwirtschaftlichen Forschung an. Der Rat ist administrativ bei der Deutschen Akademie der Technikwissenschaften (www.acatech.de) angesiedelt und wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und dem Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV) unterstützt. Gutachten und Stellungnahmen sollen unabhängig und eigenverantwortlich erarbeitet werden.
—> Internetauftritt mit weiteren Informationen, darunter die Zusammensetzung der Mitglieder Bioenergierat

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