Grimm-Ausstellung im Marburger Haus der Romantik eröffnet
Marburg 12.2.2012 (yb) Das Grimmen in Marburg kommt voran. Nunmehr mischt das Marburger Haus der Romantik mit. Mit einer Ausstellung, die etwas langweilig ‚200 Jahre Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm‘ firmiert. Ganz und gar nicht langweilig war die Eröffnung am Freitagabend. Überfüllte Räume oben und unten, eine spannende Einführung und gute Stimmung bei den zahlreichen Besuchern anschließend. Zu sehen gab es hinter den Besucherscharen vor allem Gedrucktes. Schließlich brachten die Sammelarbeiten von Jakob und Wilhelm Grimm das mündlich Überlieferte und bis dahin nur Narrative aus dem Volk zwischen bedruckte Buchseiten, worum das Jubiläum ja nun allerorten geht. Was dabei in den seitherigen 200 Jahren hervorgebracht wurde, kann und soll in dieser Ausstellung freilich nur ansatzweise gezeigt werden. Dabei haben Anne Gaffrontke und Karin Stichnothe-Botschafter vom Fachdienst Kultur der Stadt sich in dieser gemeinsamen Präsentation mit dem Haus der Romantik, wie Prof. Marita Metz-Becker als dessen Hausherrin bei der Begrüßung erläuterte, im Kern auf drei Märchen fokussiert.
‚Rotkäppchen‘, ‚Hänsel und Gretel‘ und ‚Der gestiefelte Kater‘ finden sich als Märchen in zahlreichen Buchausgaben und noch mehr Illustrationen gezeigt. Womit anschaulich wird, wie sehr in der Editionsgeschichte alleine dieser drei Märchen in verschiedenen Sprachen und Ländern zum ursprünglichen Medium Sprache als Erzählung mit Worten zunächst mit Zeichnungen und Grafiken – hin zu bunten Comics und längst auch Mangas – heute das rein Visuelle wachsenden Stellenwert belegt. „Mitunter tritt die grundlegende und erzählerische Sprache als das ursprünglich Tragende dabei sogar in den Hintergrund“ gab Marita Metz-Becker dazu als Hinweis.
Der Eröffnungsvortrag von Prof. Harm-Peer Zimmermann über ‚Frust und Lust am Lokalen bei den Brüdern Grimm‘ in deren hessischen Wirkungsstädten brachte konzentriert lauschenden Zuhörern zahlreiche Belege für ein Leben und Erleben in Distanz zu ihren jeweiligen Wirkungsorten.
Schon in dem Zitat über die Stadt ihrer Studentenzeit 1802 bis 1805 ‚Marburg? – …. die Stadt selbst aber ist sehr häßlich‚ zeigte Zimmermann auf, dass Jakob und Wilhelm Grimm weit davon entfernt waren etwa das gebaute Umfeld der Stadt, ob Marburg, Hanau, Steinau oder später Kassel, schön zu reden oder die Gegebenheiten ihrer Zeit zu idealisieren. Über ebenso gerne verwendete wie verkürzende und damit verfälschende Grimmzitate hinaus, nutzte Zimmermann seine Einführung einer Hessentümelei den Boden zu entziehen, ja sie zu dekonstruieren. Das in seinem Vortrag aufscheinende und herausgearbeitete Heimatverständis der Grimm-Brüder verweist deutlich weiter und konnte den Hörern dieser (Abschieds-)Vorlesung als biografisch wachsende Begrifflichkeit Grimmscher Identitätssuche und -findung anschaulich werden.
In durchaus vielgestaltiger Präsentation finden sich über zahlreiche Buchausgaben von Märchen hinaus nette Inszenierungen. Ob es nun rote Stiefel sind, Illustrationen und Märchentexte an den Wänden, die Märchenerzählerin Dorothea Viehmann in einer Ecke, oder das von einer Konditorei gefertigte knusprige Hexenhaus – der Rundgang eröffnet mancherlei Zugänge zu den Grimms und drei ihrer vielleicht bekanntesten Märchen. Die Ausstellung wird bis 19. April gezeigt: Dienstag bis Sonntag 11.00 – 13.00 und 14.00 – 17.00 Uhr, Marburger Haus der Romantik, Markt 16.