Stellenabbau am UKGM, Konzernstrategie und das Land Hessen
Marburg 12.3.2012 (yb) Seit zwei Wochen machen Pläne der Rhön Klinikum AG zum Abbau von 500 Stellen an deren Universitätsklinikum Gießen und Marburg GmbH (UKGM) Schlagzeilen und haben massive Proteste von Betriebsrat, Gewerkschaft ver.di, den Universitätsleitungen Gießen und Marburg, bei Parteien und Politik und in der Öffentlichkeit ausgelöst. Heute findet dazu eine vom Land Hessen als Mitgesellschafter (mit 5 Prozent Anteil am privatisierten UKGM) geforderte Gesellschafterversammlung statt. Lautstarker Protest aus Marburg und Gießen hat längst den Landtag erreicht, wo die Privatisierung und der Personalabbau kontrovers diskutiert wurde. Dazu gibt es heute eine Protestveranstaltung in Gießen als Ort der Gesellschafterversammlung. Für Samstag, 17. März, wird nach Marburg zu einer Großdemonstration mobilisiert. Die Hessische Landesregierung versucht inzwischen diese für sie hochgradig heikle Angelegenheit auf ein Nebengleis zu schieben, sie versucht eine Mediation zu installieren. Damit steht inzwischen ein breites Bündnis des Widerstandes um den Konflikt zum Stellenabbau an den Uniklinken in Gießen und Marburg gegen eine Strategie des Abwiegelns via Mediation seitens der Landesregierung.
In dem Konflikt um Planungen zum Stellenabbau am UKGM drohen zugleich andere Problem- und Konfliktstellungen in den Hintergrund zu treten. Ende Dezember 2011 ist das per Verfassungsgerichtsurteil erstrittene Rückkehrrecht in den Landesdienst als Gesetz vom Hessischen Landtag verabschiedet worden. Damit ist formal eine Rechtsgrundlage geschaffen für 3.500 Beschäftigte wieder als Landesbedienstete beschäftigt zu werden. Dem steht jedoch entgegen, dass das Land Hessen keinesfalls Arbeitsplätze in entsprechender Zahl und Qualität bieten könnte, um dem formalen Rechtsanspruch Genüge zu tun.
Bei einem Umsatzzuwachs von drei Prozent auf 2,63 Milliarden Euro hat die Rhön Klinikum AG einem um elf Prozent gestiegenen Konzerngewinn von 161 Millionen Euro für das Geschäftsjahr 2011 ausgewiesen. In den Kliniken des Konzern wurden dabei in 2011 etwa 2,28 Millionen Patienten behandelt, womit ein Zuwachs von 11,5 Prozent zum Vorjahr erreicht wurde. Rhön beschäftigt mehr als 39 000 Mitarbeiter.
Informationen zum Betriebsergebnis der UKGM wurden vom Konzern zunächst verweigert. Eine Anfrage von MdL Thomas Spiess an die Landesregierung erbrachte jetzt die Zahlen für das UKGM. Es wurden 15 Millionen Euro Gewinn erwirtschaftet. „Unter diesen Bedingungen ist der angedrohte Personalabbau eine echte Unverschämtheit“ stellt der Marburger Landtagsabgeordneten der SPD dazu fest.
Im Eindruck der Pläne für den Stellenabbau am UKGM veröffentlichte die Hessische Wissenschaftsministerin Eva Kühne-Hörmann am 29. Februar eine Pressemitteilung zu der für Marburg vertraglich geregelten und fertig gebauten Partikeltherapie: „Land besteht auf Erfüllung der vertraglichen Verpflichtungen der Universitätsklinikum Gießen und Marburg GmbH zu Partikeltherapie“ findet sich dies überschrieben, verbunden mit der Feststellung, dass eine „Umwidmung der vorgesehenen Aufwendungen auf andere Projekte nicht möglich“ sei. „Sollte die Universitätsklinikum Gießen und Marburg GmbH ihrer vertraglichen Verpflichtung nicht nachkommen, sehe ich mich gezwungen, den im Konsortialvertrag festgeschriebenen Anspruch auf eine weitere Kaufpreistranche geltend zu machen. Im Fall der Partikeltherapie wären das 107 Millionen Euro.“
So geht es neben dem laufenden Betrieb im UKGM bei längst angespannter Personaldecke, den die Betriebsratsvorsitzenden in Gießen und Marburg einhellig beklagen, perspektivisch um einiges mehr. Für berechtigte Aufregung und Verunsicherung sorgen Pläne für einen Stellenabbau. In den Schlagschatten geraten dabei jedoch die Verhandlungen um das Rückkehrrecht in den Landesdienst genauso wie die bisherige Weigerung der Rhön AG die Partikeltherapie in den vereinbarten Betrieb zu nehmen. Wie anders als Beschwichtigung kann eine gemeinsame Verlautbarung von Wissenschaftsministerin Kühne-Hörmann gewertet werden, worin „die Geschäftsführungen der RHÖN-KINIKUM AG und der UKGM versichern, dass an den in der Öffentlichkeit diskutierten 500 Stellen nicht festgehalten wird.“
Was sollen Mediatoren anstelle der verantwortlichen Landesregierung bewirken? Was können „stramme Parteisoldaten“, wie der Landtagsabgeordnete Spies die zur Vermittlung berufenen Wolfgang Gerhardt (FDP) und Friedrich Bohl (CDU) zutreffend bezeichnet hat, hier ausrichten? Oder geht es der Landesregierung zunächst um eine Ruhigstellung angesichts der in Sicht geratenden Landtagswahl in Hessen?