Zur Verabschiedung des Bebauungsplanes für Klinik Sonnenblick
Marburg 12.4.2012 (yb) Am 30. März hat die Stadtverordnetenversammlung den Bebauungsplan für die Neubauplanung der Klinik Sonnenblick mit großer Mehrheit verabschiedet. Für die Vorlage stimmten SPD, GRÜNE, CDU, MBL und BfM. Dagegen stimmte die Marburger Linke und der Stadtverordnete der Piratenpartei. Damit hat sich in ‚großer Koalition‘ eine Mehrheit formuliert, die bereit ist einen historischen Klinikbau den unbedingten Neubauplänen zu opfern. In den Tagen und Wochen zuvor haben Historiker und Architekten Kritik artikuliert und den baugeschichtlichen Wert der Klinikanlage betont. Sie blieben unerhört, wobei im Ältestenrat vor der Sitzung eine Verschiebung der Abstimmung zumindest thematisiert wurde.
In der Stadt Marburg wurde damit (einmal mehr) eine baurechtliche Entscheidung getroffen, die besonders in Betrachtung der Denkmalwürdigkeit der heutigen Klinikanlage zu kritisieren ist. Der Bebauungsplan und sein Zustandekommen spiegeln das Interesse des Klinikbetreibers an einer Neubaulösung – Denkmalbetrachtungen, das Denkmalrecht und dessen adäquate Anwendung sowie Vorschläge zur Weiternutzung der Gebäude als Wohnraum hatten keine Chance. Dies zeigte sich im Vorfeld der Entscheidung, drückt sich aus in einer fehlenden eigentlichen Bewertung der Denkmalwürdigkeit der Gebäudeanlage. So sucht man diese auch vergeblich in der Vorlage des nunmehr beschlossenen Bebauungsplanes, der jetzt Rechtskraft erlangt. Dass dabei im Verfahren wohl keine eigentlichen Rechtsverstösse zu beanstanden sind, gehört mit zur Eigenart des Verfahrens. Zunächst hatte der Denkmalbeirat der Stadt Marburg ‚grünes Licht‘ gegeben, in Folge davon auch das Landesamt für Denkmalpflege – ohne jegliche eigenständige Untersuchung. Dagegen finden sich sehr wohl ausführliche externe Fachgutachten zu Fauna und Flora samt artenschutzrechtlicher Prüfung – der Betrachtung nicht gegebener Denkmalwürdigkeit sind wenige dürre Sätze gewidmet.
Für die Deutsche Rentenversicherung Hessen als Bauherrin ist damit die Rechtsgrundlage für den Bauantrag geschaffen, nach dessen Umsetzung ein Abbruch der bisherigen Klinikgebäude unabweisbar erscheint. Ein großer und für Marburg wichtiger Klinikbetreiber hatte vorgelegt, im Bauauschuss wurde unter dem Diktum von Alternativlosigkeit eines Neubaus ‚erörtert‘. Der Rest wurde zur unaufhaltsamen Verfahrenssache. Darin artikulieren sich Marburger Verhältnisse. Die Stadt Marburg tut sich bei gewichtigen Bauherren schwer damit einen angemessen Umgang mit baugeschichtlichen Zeugnissen zu finden – sei es um den Preis des Opfers eines besonderen Klinikbauwerkes in der Tradition des Bauhaus.
Der Ablauf in der Stadtverordnetensitzung geriet allenfalls zu einem Formaldisput. Die Stadtverordnete Tanja Bauder-Wöhr (Marburger Linke) stand dabei allein auf weiter Flur. Ihre Mahnung „zeigen wir, dass wir nicht nur Abstimmungsmarionetten sind“ verhallte ohne Folgen. Bürgermeister Franz Kahle suchte das Verfahren zu beschönigen. „Es war nicht so, dass bei einer Besichtigung Stadtverordnete verschüchtert von der Klinik gegangen wären“ lautete sein Einwand gegen in seinen Augen behaupteten Druck des Klinikbetreibers. Die sehr wohl und deutlich vorgetragene Standortfrage in der Sitzung von Bauausschuss lies er dabei unter den Tisch fallen. „Wir können froh sein, dass Marburg weiter Standort bleibt“ waren seine dies wiederum bestätigenden Worte.
So wird eintreffen, wie vom Baudezernenten avisiert, dass in vier, fünf Wochen über den Bauantrag entschieden wird. Dabei geht es zunächst um den Neubau. Für den Abbruch der bisherigen Klinik, die in der Bauzeit in Betrieb bleibt, kommt ein weiterer Antrag später.