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Wer rettet das UKGM bei angekündigter Megafusion Fresenius – Rhön?

Unterschriftensammlung von Beschäftigen und Betriebsräten gegen Arbeitsplatzabbau am UKGM am 21. April in Marburg. Mehr als 15.000 haben die Forderung zum Stopp des schleichenden Stellenabbaus bereits unterschrieben. (Foto Hartwig Bambey)

Marburg 27.4.2012 (yb) Als Topmeldung in den Medien wird ein möglicher Kauf der Rhön Klinikum AG durch Fresenius aufgemacht. Damit würde ein Klinik-Riese in Deutschland entstehen. Die Nummer 1 Helios Kliniken (2,67 Milliarden Euro Umsatz 2011) würde die Nummer 2 Rhön Kliniken (2,63 Milliarden Euro Umsatz 2011) schlucken. Dazu stellen sich zuvorderst kartellrechtliche Fragen. Doch in Hessen und aus Hessen stellen sich ganz andere Fragen, die sich aus der inzwischen weithin als gescheitert bewerteten Privatisierung der Universitätskliniken Marburg und Gießen (UKGM) in der Händen von Rhön ergeben.

Großdemonstration durch die Marburger Innenstadt gegen Stellenabbau am UKGM am 17. März 2012. Foto Hartwig Bambey

Vordergründig waren es Pläne zum Stellenabbau am UKGM, die breiten Protest und Widerstand auslösten. Die Rechnung geht nicht auf. Refinanzierung baulicher Investitionen, Patientenversorgung und leistungsfähiger Betrieb eines Universitätsklinikums mit anspruchsvollen Aufgaben in Forschung und Lehre gingen und gehen nicht profitabel zusammen. Damit ist die Rhön AG seit Wochen konfrontiert und sieht sich wachsendem Widerstand ausgesetzt. Ob Beschäftigte und Betriebsräte, Klinikdirektoren, Medizindekane oder Universitätspräsidien in Marburg und Gießen und politische Repräsentanten – eine breite Front des Widerstands hat sich aus Mittelhessen formiert. Wer dabei fehlt, ist die hessische Landesregierung. Ministerpräsident Bouffier und Wissenschaftsministerin Kühne-Hörmann begrüßen gar das Übernahmeangebot von Fresenius an die Rhön AG. Der Betreiber der Privatisierung im Jahr 2006 sucht sich aus der Verantwortung zu stehlen, dabei ist das Land Hessen mit einer Menge Folgeprobleme konfrontiert.

Die bauliche Hülle des geplanten Partikelzentrums Marburg am UKGM auf den Lanbergen – was daraus werden wird ist unbekannt, am Ende eine Investitionsruine? Foto Hartwig Bambey

Uneingelöst ist die vertragliche Verpflichtung von Rhön zur Partikeltherapie in Marburg. Die für mehr als 100 Millionen Euro gebaute Anlage hat Rhön an Siemens in 2011 für 86 Millionen Euro zurückveräußert. Das veranlasste die Wissenschaftsministerin am 29. Februar 2012 zu einem Ultimatum: Erfüllung dieser Verpflichtung als Teil der Verträge. Ansonsten wäre ein festgeschriebener Anspruch auf eine weitere Kaufpreistranche geltend zu machen. 107 Millionen Euro benannte Kühne-Hörmann.

Eine leeres Foyer im 3. Bauabschnitt der Marburger Unikliniken kann symbolisch zur ungklärten Zukunft des UKGM stehen. Foto Hartwig Bambey

Was wird aus diesem Anspruch im Fall einer Fusion. Erfüllt Fresenius solche ‚Altlasten‘ von Rhön oder werden diese mit einer Fusionierung zum Klinik-Riesen ‚entsorgt‘?
Die Ministerin hätte dringende Veranlassung sich darum zu kümmern. Doch stattdessen hält es die verantwortliche Landespolitikerin für opportun zu versuchen, die Marburger Universitätspräsidentin wegen Defizits in der Jahresrechnung 2011 zu schurigeln. Und das am Tag der sich überschlagenden Meldungen zur Klinikfusion. Verantwortliche Wissenschaftspolitik für Hessen geht anders.

 

Rückkehrrecht in den Landesdienst

Dabei steht zu Lasten derselben Landesregierung das vor dem Verfassungsgericht erstrittene Rückkehrrecht in den Landesdienst mehrerer Tausend Beschäftigter des UKGM zur Umsetzung an. Womöglich setzt Wiesbaden auf eine kalte Entsorgung dieser Angelegenheit im Zuge der Fusion. Viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bangen um ihre Arbeitsplätze, denn ein kalter Stellenabbau wird am UKGM längst vollzogen und beklagt.

Ein weiteres in sechs Jahren ungelöstes Problem ist die sogenannte Trennungsrechnung zwischen der Patientenversorgung, die mit den Krankenkassen abgerechnet wird, und den Aufgaben und Aufwendungen für Forschung und Lehre als Finanzierungslast des Landes Hessen. Hier droht eine Quersubventionierung des profitorientierten Krankenhausbetriebes im Rahmen des Universitätsklinikums.

Darüberhinaus ist die Landesregierung mit der Forderung zu einer gesetzliche Regelung qualitativer und quantitativer Personal-Mindeststandards an hessischen Kliniken konfrontiert.

Tausende von Mitarbeitern brauchen und fordern berufliche Perspektiven und Arbeitsbedingungen ohne ständigen Druck und Überlastung zu Gunsten einer guten Patientenversorgung. Foto Hartwig Bambey

Während an der Börse angesichts eines angekündigten Milliardendeals (3,1 Milliarden Euro lautet das Übernahmeangebot) längst spekuliert wird – der Aktienkurs von Rhön ist rapide in die Höhe gegangen – versuchen es Ministerpräsident und Wissenschaftsministerin mit Wegducken. Sie verweigern die Wahrnehmung der vielfältigen Probleme und der längst chronischen Krise am UKGM. Das ist ein gravierendes politisches Problem, ein Skandal den es wahrzunehmen und thematisieren gilt. Für Beschäftigte und Patienten geht es nicht um Shareholder-Value und Börsenkurse, sondern um ordentliche Arbeitsbedingungen und gute medizinische Behandlung. Dazu kommen Forschung und Lehre, die sich schon gar nicht Gewinnerwartungen und Renditevorgaben unterwerfen lassen.

Großdemonstration durch die Marburger Innenstadt zum UKGM am 17. März 2012. Foto Hartwig Bambey

Das UKGM ist Teil der Rhön Klinikum AG. Diese ist Vertragspartner mit gewaltigen Rückständen und Bringschuld gegenüber Land Hessen, den Universitäten, Patienten und Bediensteten. Die massiven und offenbaren Probleme aus der Privatisierung müssen als solche wahrgenommen und gelöst werden. Diese längst politische Frage, sich artikulierend in der Forderung nach Rücknahme der Privatisierung, kann nicht wegfusioniert werden. In einem noch größeren Klinikkonzern Helios würde das UKGM nicht alleine an Bedeutung und Stellenwert verlieren. Von dieser Landesregierung in Wiesbaden ist dabei gar nichts zu erwarten.

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