DGB fordert Perspektiven statt geschönter Statistiken im Ausbildungsbereich
Marburg 12.6.2012 (pm/red) Jeden Monat veröffentlicht die Agentur für Arbeit die aktuelle Ausbildungsstatistik. Ende Mai waren von 1.767 Bewerbern erst 537 erfolgreich in ein betriebliches Ausbildungsverhältnis vermittelt worden. „Die Schülerzahlen sinken, doch die Schwierigkeiten für Jugendliche , eine Lehrstelle zu bekommen, bleiben weiterhin groß“, fasst Matthias Körner, Organisationssekretär beim DGB in Mittelhessen, die Situation zusammen.
Körner verweist darauf, dass nach Agenturstatistik im Moment 873 Bewerber als unversorgt gelten, die Zahl in Wirklichkeit aber höher liege. „Die Statistik ist ein Riesenproblem. Ausbildungsreife Jugendliche, die keinen Ausbildungsplatz bekommen haben und in berufsvorbereitenden Maßnahmen des sogenannten Übergangssystems stecken, werden nicht als unversorgte Bewerber mitgezählt. Würde man das aber tun, läge die Zahl der unversorgten Bewerber deutlich höher“, erklärt Körner und verweist auf die Erfahrung aus den letzten Jahren. Immer wieder wurden Jugendliche in sogenannte berufsvorbereitende Maßnahmen gesteckt und waren so erstmal raus aus der Statistik.
Der DGB verweist in diesem Zusammenhang auf die Integrierte Ausbildungsberichterstattung des Statistischen Landesamtes Hessen. Die jährlich erscheinende Statistik zeigt den tatsächlichen Verbleib junger Bewerber, also auch derjenigen, deren Ausbildungsplatzsuche nicht über die Agentur für Arbeit gelaufen ist. Demnach gab es 2011 5.739 junge Menschen im Landkreis Marburg-Biedenkopf, die auf der Suche nach einem Ausbildungsplatz waren oder einen höheren Schulabschluss in Erwägung zogen. Knapp die Hälfte von Ihnen, nämlich 2.687 begannen eine betriebliche Ausbildung. Weitere 2.309 junge Menschen und damit mehr als jeder Dritte entschied sich für einen schulischen Weg mit dem Ziel der Hochschulreife. 743 Bewerber und damit immerhin 12,9 Prozent begannen einen Bildungsgang im sogenannten Übergangsbereich.
Das Übergangssystem beinhaltet eine Vielzahl an Maßnahmen, die auf ein oder zwei Jahre angelegt sind und auf den Ausbildungsbeginn vorbereiten sind. „Die Chancen auf dem Bewerbermarkt verbessern sich dadurch häufig nicht. Viele Jugendliche empfinden diese Zeit als Warteschleifen, weil die Maßnahmen oft nicht auf eine spätere Ausbildung angerechnet werden.“, ergänzt Ulrike Eifler, Jugendbildungsreferentin des DGB in Mittelhessen. „Auf diese Weise absolvieren etliche Jugendli-che ihr erstes Ausbildungsjahr zwei oder dreimal“.
Für Eifler und Körner passt diese Entwicklung nicht zu den Klagen über den regionalen Fachkräftemangel. Nach Ansicht des DGB sind die regionalen Arbeitgeber hier in der Verantwortung. Eifler: „Fachkräftesicherung beginnt mit der Ausbildung. Wenn aber nur ein Viertel aller Betriebe ausbilden, dürfen wir uns über Fachkräftemangel nicht wundern“. Natürlich könne nicht jeder kleine Betrieb ausbilden. „Aber man sollte sich mal fragen, ob nicht die großen Betriebe wieder über Bedarf ausbilden müssten. Ausserdem wären Ausbildungsverbünde eine Möglichkeit, Jugendliche in verschiedenen Betrieben auszubilden, wenn der einzelne Betrieb zu klein ist“, so Eifler.