800 Meter Tunnelführung Stadtautobahn für 95 Millionen
Marburg 13.6.2012 (yb) Zahlreiche interessierte Zuhörer verfolgten die Vorstellung von Projektarbeiten zu Rahmenbedingungen und Möglichkeiten für eine Tunnelführung der Stadtautobahn Marburg im Bereich der Hochbrücke am Bahnhof. Eingeladen zu den Projektarbeiten hatten die Agenda 21 Gruppen in Marburg, umgesetzt haben sie Absolventen der Technischen Hochschule Mittelhessen unter Leitung von Prof. Andreas Bark. Zwei von sechs Arbeiten beschäftigten sich konkret mit einer Tunnelvariante. In veränderter Trassenführung könnte ein 8oo Meter langer Tunnel die jetzige Hochbrücke ersetzen. Als Kosten dafür wurden 95 Millionen Euro ermittelt. Damit liegt im Marburg zum ersten Mal eine konkrete Projektskizze auf dem Tisch. Die Diskussionen um Veränderungen bei der Stadtautobahn haben damit nunmehr eine konkrete Grundlage. Zugleich sind überzogene Zahlenspekulationen zu den Baukosten widerlegt.
Sechs Arbeitsgruppen haben sich mit dem Thema Stadtautobahn zugleich in umfassender Analyse beschäftigt und dies jeweils in einer Masterarbeit dargestellt. Dabei ergab die Auswertung der Daten zur Verkehrssicherheit der B 3 im gesamten Stadtgebiet keine siginifikante Unfallhäufigkeit. Das Unfallgeschehen bewegt sich normalen Rahmen. Die Bewertung der bestehenden Baussubstanz ergab, dass sich die Hochbrücke in einem guten baulichen Zustand befindet und weitere 30 Jahre Nutzungsdauer vorweisen kann.
Die Verkehrserhebung unter Einbeziehung zurückliegender Zählungen ergab aktuell keine Zunahme der Verkehrsteilnehmer. Täglich benutzen 38.196 PKW die Schnellstraße. Dazu kommen 4.085 Schwerfahrzeuge. Im Rahmen vorliegender Szenarien kann zum Jahr 2025 mit 47.900 täglichen KFZ-Bewegungen gerechnet werden.
Wenig Neues erbrachte die Vorstellung von Projekten in anderen Städten. In der getroffenen Auswahl von vier Großstädten ließen sich keine interessanten Anhaltspunkte für Marburg wahrnehmen.
Der Vorschlag für eine Tunnellösung sieht ein Abweichen von der heutigen Streckenführung vor und verlegt die Trasse nahe an die Gleise der Main-Weser-Bahn. Nach Fertigstellung könnte die Hochbrücke komplett zurückgebaut werden, womit auch ein erheblicher Raumgewinn erzielt würde. Der Tunnel würde in offener Bauweise errichtet und die Fahrbahnen vollständig einhausen. Damit wären alle Beeinträchtigungen durch den Verkehr von der Oberfläche verschwunden.
Rund 50 Millionen Euro betragen die reinen Baukosten für einen etwa 800 Meter langen Tunnelbau. Dazu würden rund 20 Millionen Euro für Grunderwerb kommen. 10 Millionen Euro würde die Verkehrsführung in der Bauzeit kosten.
Nach über zwei Stunden hatten die Besucher des Abends die Hintergründe und Fakten allesamt vor Augen. Ein Tunnelbau für die Stadtautobahn zur Ablösung der Hochbrücke ist möglich. Dafür wurde eine Variante gewählt und ausgearbeitet. Manche/n mögen die relativ niedrigen Kosten überrascht haben. Zuletzt war es Baudirektor Rausch, der bei seinen Begrüßungsworten eine um das Vielfache höhere Summe genannt hatte, der mit den klaren Fakten und Berechnungen eine deutliche Korrektur erfahren hat.
Mit den Worten „Heute haben wir dicke Bretter gebohrt“ brachte es Agendasprecher Gerhard Haberle auf den Punkt. Die Diskussion um Veränderungen an der die Innenstadt Marburgs zerschneidenden Stadtautobahn ist mit diesem Abend auf eine neue Stufe gehoben worden. Nicht alleine die Machbarkeit ist anschaulich geworden. Deren Finanzierung muss niemanden in Angst und Schrecken versetzen. Baulasträger ist der Bund. Wenn es zu einer solchen oder abgewandelten Lösung in Marburg kommen soll, wird zugleich noch viel (Überzeugungs)Arbeit in der Stadt und darüber hinaus zu leisten sein. Jetzt liegt es auf dem Tisch und fordert weitere Auseinandersetzung heraus. Die Diskussion ist auf ein neues qualifiziertes Niveau gehoben. Daran kommt keiner mehr vorbei.