Bau der A 49 schadet dem Bus- und Bahnverkehr
Marburg 6.7.2012 (pm/red) Der Ausbau der A 49 zwischen Neuental und Schwalmstadt wurde von der Hessischen Landesregierung durchgesetzt obwohl die Finanzierung zum Bau der gesamten Strecke nicht gesichert ist. Nicht einmal Baurecht liegt für den Abschnitt ab Stadtallendorf vor. Mit den Folgen des Autobahnbaues beschäftigt sich der Verkehrsclub Deutschland (VCD) Marburg-Biedenkopf. Die A 49 wird den Schienen- und Busverkehr in ihrem Einzugsbereich Tausende Fahrgäste kosten, ist Einschätzung des Verbandes. Auf diesen bisher in den Planungsgrundlagen unterbewerteten Zusammenhang weist der Kreisverband des VCD hin.
Unter Planungsfachleuten gelte die Art und Weise, wie heute der Bedarfsplan für Bundesfernstraßen aufgestellt wird, als überarbeitungsbedüftig. Ein wichtiger Kritikpunkt sei, so der VCD Marburg-Biedenkopf, die Einbeziehung und Bewertung der Wechselwirkung zwischen einer neuen Autobahn und dem Schienenverkehr in ihrem Einzugsbereich. Am Beispiel der A 49 hat das Marburger Planungsbüro RegioConsult aufgezeigt, dass die Kosten-Nutzen-Betrachtung für die Ausbauplanung deutlich negativer ausfallen würde, wenn die negativen Auswirkungen auf den Schienenverkehr auf der nahezu parallel verlaufenden Main-Weser-Bahn angemessen berücksichtigt würden.
Danach seien zwar Auswirkungen (Interdepedenzbetrachtung) im Planungsverfahren von dem Büro SSP Consult untersucht worden, aber nur mit einem sehr eingeschränkten Blickwinkel, nämlich nur auf die Hauptstrecke und den Personenverkehr bezogen. Der Güterverkehr sei außen vor geblieben und der Bus- und Bahnverkehr sei nicht als ‚Systemgröße‘ berücksichtigt worden, also unter Einbeziehung des gesamten ÖPNV-Systems im Planungsbereich.
Da eine solche Systembetrachtung nicht vorliegt, hat RegioConsult eine Annäherung versucht, durch die Übertragung von Verfahrensweisen, die bei anderen Planungen in Mittel- und Nordhessen durchgeführt wurden, beispielsweise bei der Burgwaldbahn. Im Ergebnis zeigt sich, dass das Nutzen-Kosten-Verhältnis der Autobahn 49 sich erheblich schlechter darstellt: Gegenüber einem Wert von 5,8 der von SSP Consult errechnet wurde, kommt RegioConsult nur noch auf 1,7 bis 2,9, mithin deutlich schlechter.
Der VCD sieht in dieser Expertenkritik einen weiteren Beleg dafür, dass die A 49 keineswegs die Erwartungen der Planer und verantwortlichen Politiker hinsichtlich der wirtschaftlichen Stärkung der Region erfüllen wird. Ganz im Gegenteil: „Die vorliegenden Berechnungen von RegioConsult zeigen deutlich, dass die Autobahnpläne den Schienen- und Busverkehr stark beeinträchtigen werden“, artikuliert Andrea Tobelander, die Sprecherin des VCD-Kreisverbands.
Aus Sicht des Klimaschutzes, dem sich der VCD besonders verpflichtet fühle, sei dies fatal. Statt insbesondere den Schienenverkehr auf der Main-Weser-Bahn zu stärken, setze die Politik auf dessen klimaschädliche Konkurrenz, den Auto- und Lkw-Verkehr auf der Autobahn.
Anstelle die A 49 mit starken Gesten voranzutreiben, sollten die Alternativkonzepte zur Verbesserung des Bundes- und Landesstraßennetzes in der Region, beispielsweise durch den Bau von Ortsumfahrungen, endlich ernst genommen werden – und der ÖPNV wieder mehr staatliche Fördermittel erhalten, ist Vorschlag und Forderung des VCD Marburg-Biedenkopf.