Effizienzhaus Plus im Altbau als Wettbewerbsergebnisse prämiert
Marburg 18.7.2012 (pm/red) Was wird mit der Energiewende? Diese Frage beschäftigt rund ein Jahr nach deren Verkündung seitens der Bundesregierung im mehr Menschen. Umweltminister Altmaier (CDU) und Wirtschaftsminister Rösler (FDP) übertreffen sich derzeit geradezu darin den Zeitplan und die Machbarkeit einer Wende zu Gunsten regenerativer Energieträger in Frage zu stellen. Fachleute sind sich einig darin, dass zum Gelingen eine deutliche Reduzierung des Energieverbrauch, insbesondere beim Stromverbrauch, notwendig ist. Dazu können sowohl verbrauchsarme Elektrogeräte beitragen, wie der energetischen Gebäudesanierung in Altbauten eine tragende Bedeutung zukommen. Das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung hatte in Kooperation mit der Wohnungsbaugesellschaft Neu-Ulm einen Wettbewerb für die Entwicklung eines Sanierungskonzeptes für ein Plusenergie-Gebäude im Altbau ausgelobt. Der am 21. Februar ausgelobte Wettbewerb wurde auf der Sitzung der Jury am 6. Juli entschieden. An diesem Planungswettbewerb des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung konnten Hochschulen in Zusammenarbeit mit Planungsbüros teilnehmen. 14 Teams haben teilgenommen und erhalten zwei Preise mit Preisgeld je 25.000 Euro und drei Anerkennungen je 10.000 Euro. Dazu kommt, dass Projekte modellhaft verwirklicht werden. Ort des Geschehens wird Neu-Ulm sein, wo bestehenden Gebäuden zu Energie-Plus-Häuser ausgebaut werden.
„Die Stadt Neu-Ulm wird bald um eine Attraktion reicher. Hier werden erstmals sanierte Altbauten mehr Energie produzieren, als sie selbst benötigen. Im Neubau ist das schon zu schaffen, das zeigt unser Haus in Berlin. Neu ist der Versuch, bestehende Häuser auf dieses Niveau zu bringen. Das ist im Hinblick auf die Energiewende ein sehr interessantes Projekt. Wenn es sich bewährt, wäre es ein Riesenschritt in Richtung energieeffiziente Stadt“ beschreibt Bundesbauminister Peter Ramsauer die jetzt anschließende bauliche Umsetzung von Projektergebnissen.
Insgesamt sollen vier Altbauten in Neu-Ulm auf ‚Plusenergiestandard‘ saniert werden. Beide Gewinnerkonzepte werden in einer Hauszeile jeweils an zwei Bestandsgebäuden umgesetzt. Die Fertigstellung ist für 2013 geplant. Anschließend treten die vier sanierten Häuser im Rahmen eines zweijährigen Monitorings in den Wettbewerb. Die erfolgreich am Wettbewerb beteiligte Teams kommen von
- der Hochschule Ruhr West in Mülheim an der Ruhr, Institut Energiesystem und Energiewirtschaft, Prof. Dr.-Ing. Viktor Grinewitschus mit dem Büro Werner Sobek Stuttgart GmbH und Oehler Archkom – Solar Architektur
- der Technischen Universität Darmstadt, Fachbereich Architektur, Fachgebiet für Entwerfen und Energieeffizientes Bauen, Prof. Dipl.-Ing. M. Sc. Econ. Manfred Hegger mit o5 architekten bda – raab hafke lang und der ina Planungsgesellschaft mbH
Beiden Wettbewerbteams ist es mit innovativer Planung gelungen, die sanierungsbedürftigen Mehrfamilienhäuser, die zur Zeit für den Betrieb jeweils ernorme 507 kWh/m²a Endenergie benötigen, zu Plusenergiehäusern zu wandeln. Die Energieüberschüsse werden dabei mittels gebäudeintegrierter Photovoltaik produziert.
Eine Besonderheit des Wettbewerbsbeitrags der Hochschule Ruhr West ist die Integration der gesamten Haustechnik in die Außenhülle. Dabei soll ein hochwärmedämmendes Fassadensystem vorgefertigt mit allen notwendigen Leitungskomponenten auf die derzeitige Außenwand montiert werden. Dies entlastet den Grundriss von Leitungsführungen und vermeidet zusätzliche Schächte und Durchbrüche im Innenraum. Die Photovoltaik wird konsequent auf den südausgerichteten Dachflächen montiert. Ein neuartiges Elektro-Managementsystem steuert den dort am Gebäude produzierten Strom für den Eigenverbrauch im Quartier.
Auch der Technischen Universität Darmstadt ist es gelungen, aus einem technisch rückständigen Haus ein kleines Kraftwerk zu schaffen. Die wesentlichen Anlagenteile der Haustechnik werden hier im Dachraum integriert. Auffällig an diesem Entwurf ist jedoch der betont behutsame Umgang mit dem Bestand und die sorgfältige Tageslichtplanung für das Wohngebäude. Der geplante Materialeinsatz erfolgt strikt nach den Vorgaben einer vorbildlichen Ökobilanzierung. Die gute Umweltverträglichkeit sowie die leichte Instandhaltung, Trennbarkeit und Entsorgung der eingesetzten Materialien sind hier selbstverständlich.
So gibt es also derzeit nicht alleine politisch fragwürdige und durchsichtige Versuche der Aufweichung der Energiewende. Immerhin ist das Bundesbauministerium als Wettbewerbsauslober zumindest konkret beteiligt an der Suche nach Wegen für eine konkrete Orientierung.