Rhön ➜ Fresenius ➜ McKinsey – was bedeutet der Millionenverlust des UKGM ?
Marburg 12.8.2012 (red) Eine schwierige Halbjahresbilanz bei der Rhön AG, ein zweiter Anlauf zur Übernahme von Rhön durch Fresenius, eine gemeinsame Tagung von DGB-Kreisvorstand Marburg-Biedenkopf und Betriebsrat des UKGM Standort Marburg und sich weiter formierender Widerstand gegen das Nichtstun seitens des verantwortlichen Landes Hessen sind am Ende der letzten Ferienwoche die Topthemen zur Zukunft der Universitätskliniken Gießen und Marburg (UKGM).
Deutlicher Gewinneinbruch bei Rhön (mit-)verursacht vom UKGM
Bei der Rhön Kliniken AG als Konzern gehen die Zahlen nach oben. Bei den Universitätskliniken Gießen und Marburg GmbH (UKGM) gehen die Zahlen nach unten mit deutlichem Verlust. So lässt sich der jüngste Geschäftsbericht / Halbjahresbericht der Rhön AG kurz zusammenfassen. Konkret sind es um 7,1 Prozent auf 1,39 Milliarden gestiegene Umsatzerlöse, wozu 1,26 Millionen Patienten behandelt wurden. Doch zugleich ist das Ergebnis in den ersten sechs Monaten des Jahres 2012 gesunken. Es handelt sich dabei um einen gravierenden Einbruch. Der „Konzerngewinn ging belastet durch höhere Zinsen und einen steuerlichen Sondereffekt in der Vorperiode um 40,5 Prozent auf 50,1 Millionen Euro. zurück“, findet sich mitgeteilt. Das ist heftig. Als einen wesentlichen Grund dafür nennt der Geschäftsbericht: „Verzögerungen bei der Restrukturierung der Universitätskliniken Gießen und Marburg (UKGM) führen im Gesamtjahr 2012 voraussichtlich zu einer Belastung des operativen Ergebnisses von rund EUR 20 Millionen.“
Weiter findet sich zu lesen, dass das Übernahmeangebot von Fresenius das Ergebnis über einmalige Beratungskosten und eine spürbare Verunsicherung in der Organisation stark beeinträchtigt habe. In Zahlen bedeutet dies, das sich das operative Gewinn vor Zinsen, Steuern, Abschreibunge in den ersten sechs Monaten des Jahres um 10,2 Prozent auf 145,2 Millionen verschlechtert hat. „Vor dem Hintergrund höherer Abschreibungen auf neue Klinikgebäude sank das EBIT um 24,9 % auf EUR 76,8 Mio.“ wird dazu wörtlich mitgeteilt. Das UKGM ist also mittlerweile zum Verlustbringer für die Rhön AG geworden.
Den Anteilseignern wurde dies per 9. August mitgeteilt. Dazu versuchte Vorstandsvorsitzender Wolfgang Pföhler sich vorsichtig optimistisch für das zweite Halbjahr zu geben. Pföhler wörtlich zum gewordenen ‚Sorgenkind‘ UKGM: „Erste Schritte zur Verbesserung der Wirtschaftlichkeit hat die Geschäftsführung am UKGM bereits unternommen. Diese werden mittelfristig auch zu einer Ergebnisverbesserung beitragen. Nach wie vor nicht absehbar sind die Folgen aus dem Ende Juni gescheiterten Übernahmeangebot. Weitere Belastungen sind hier nicht auszuschließen.“
Das sind die TOP-Nachrichten von und über die Rhön AG. Fresenius findet sich im Geschäftsbericht gleich mit erwähnt. Die vom Vorstand und maßgeblichen Anteilseignern gewollte aber gescheiterte Übernahme habe viele Millionen Kosten verursacht. Außer Spesen nichts gewesen – bisher. Wie inzwischen schon wieder gemeldet wird, plant Fresenius einen zweiten Anlauf. Dafür will man sich wohl mit einem Aktienanteil von 50 Prozent plus einer Aktie, also nur einer einfachen Aktienmehrheit, zufrieden geben. In diese Pläne passen natürlich überhaupt nicht die schlechten Zahlen, insbesondere das UKGM betreffend.
So wusste der Konzern mit Sprachrohr des (derzeitigen) Geschäftsführers des UKGM Marin Menger wohlweislich zwei Tage vor Veröffentlichung des Geschäftsberichts mit einer anderen Nachricht aufzuwarten. Menger kündete eine „Externe Überprüfung der Pläne“ an, wozu gehört „die Pläne von externen Experten prüfen zu lassen“. Zu fragen ist zunächst welche Pläne – etwa die zum verkündeten Abbau von 236 Stellen? Um im Sinne der Wirtschaftlichkeit voranzukommen wurde die Unternehmensberatung McKinsey mit einem Prüfauftrag bestallt.
Die Berater dieser einschlägig beleumundeten Unternehmensberatung „sollen alle Möglichkeiten überprüfen, mit denen sich die Wirtschaftlichkeit des UKGM verbessern lässt, ohne die Versorgungsqualität aus dem Fokus zu verlieren,“ wird mitgeteilt. Dabei sei Ziel „die Verbesserungspotenziale zu erkennen und in einem Dialog mit den Universitäten, der ärztlichen Leitung und den Mitarbeitervertretern zu überprüfen, um eine möglichst balancierte Verbesserung der wirtschaftlichen Grundlage zu erreichen.“
Der Druck ist offensichtlich groß und wachsend. Inzwischen schreibt das UKGM deutliche Verluste – wegen steuerbezogener Geltendmachung der dreistelligen Investitionen in Neubauten in Marburg und Gießen. Dafür reicht offenbar der Sachverstand der Geschäftsführung nicht mehr aus. Hilfsweise und vorsichtshalber hat sich Menger vorab schon einmal der Zustimmung zur Einschaltung von McKinsey von Wissenschaftsministerin Kühne-Hörmann und den ärztlichen Geschäftsführern Prof. Werner Seeger und Prof. Jochen A. Werner versichert. Die Ministerin verlautbarte dazu: „Mit der erreichten Einigung auf einen Validierungsprozess besteht die Möglichkeit, die Entwicklung und die Zahlen am UKGM aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten.“
Angesichts nur teilweise vorliegender Informationen konnten von Betriebsrat und DGB am 9. August lediglich Gedanken und Stellungnahmen zur Beauftragung von McKinsey abgeben werden. Einschätzungen zu den aktuellen und deutlich negativen Geschäftszahlen des UKGM und sich daraus ergebenden möglichen Konsequenzen konnten die Versammelten also noch nicht anstellen und zum Ausdruck bringen.
- Ist die Beauftragung von McKinsey vor dem Hintergrund des UKGM-Verlustes zu betrachten?
- Was bedeutet der das Gesamtergebnis von Rhön deutlich mindernde Verlust des UKGM ?
- Wie wird sich das Land Hessen bei einem neuerlichen Übernahmeversuch von Rhön durch Fresenius verhalten?
➜ Bericht am 5.10.2012 zur ersten Stellungnahme der UKGM-Geschäftsführung zum vorgelegten Gutachten