Eine Kundgebung und ihre Folgen
Marburg 16.8.2012 (pm/red) Nachdem der Antifaschistischen Ratschlag beim Ordnungsamt der Stadt Marburg eine Kundgebung gegen die Änderung des Steuerrechts, mit dem die Befugnisse des Verfassungsschutzes ausgeweitet werden sollen, angemeldet hatte, bekam die Anmelderin am 13. August einen Anruf von der Kriminalpolizei. Ein Herr Müller wollte wissen, wie viele TeilnehmerInnen erwartet würden (obwohl in der Anmeldung eta 100 möglichen TeilnehmerInnen genannt waren). Außerdem interessierte den Kriminalbeamten (der Staatsschutzabteilung) aus welchem politischen Spektrum die Teilnehmerschaft vermutlich kämen und ob sie etwas über geplante Aktivitäten einer sogenannten ‚Antifa‘ sagen könne.
Zu diesem Verhalten und zur Situation übermittelt der Antifaschistische Ratschlag folgende Feststellungen
- So einen Anruf hat es in der 23-jährigen Geschichte des Antifaschistischen Ratschlags nie gegeben. Er hängt wohl damit zusammen, dass in der Anmeldung der Kundgebung das Stichwort ‚Verfassungsschutz‘ genannt wurde. Offenbar wurde sie deshalb vom Ordnungsamt an die Kriminalpolizei weitergereicht. Wir sehen darin eine unzulässige Kriminalisierung der Kritik an einer Behörde, die in den letzten Monaten durch ihre Verquickung mit der neofaschistischen Szene von sich Reden machte.
- Es geht nicht an, dass die TeilnehmerInnen einer öffentlichen und ordnungsgemäß angemeldeten Kundgebung durch die Veranstalter politisch eingeordnet werden sollen. Dieses Ansinnen weisen wir als versuchte Einschränkung des Versammlung- und Meinungsfreiheitsrechts zurück.
- Der Antifaschistische Ratschlag ist unter keinen Umständen bereit, sich über andere politische Gruppen und Szenen aushorchen zu lassen.
- Der Begriff des Antifaschismus steht seit den Tagen des Widerstandes gegen das nationalsozialistische Terrorregime für das Eintreten für Freiheit und Menschenrechte. Wir sind nicht bereit, ihn mit Aktivitäten assoziieren zu lassen, die polizeiliches Eingreifen erfordern. Vielmehr erfordert gerade die Tradition des Antifaschismus eine aktive Bekämpfung jeder Form des Rassismus und Neofaschismus – eine Aufgabe, bei der der Verfassungsschutz bekanntlich ‚aktiv versagt‘ hat.
Nachstehnd wird das Flugblatt mit Aufruf zu der Kundgebung am 23. August in Marburg, dem ‚Stein des Anstoßes‘, veröffentlicht.